Die Kathedrale von Vaduz.
International

Liechtenstein: Reformvorlage zu Religionsgemeinschaften steht in «keinem Zusammenhang» mit Erzbischof Haas

Bislang ist in Liechtenstein einzig die römisch-katholische Kirche staatlich anerkannt. Künftig soll sich das ändern. Was es nicht gibt: eine vollständige Entflechtung von Kirche und Staat. Die Regierung sieht von einem Konkordat mit dem Heiligen Stuhl ab.

Barbara Ludwig

Das geltende staatskirchenrechtliche System in Liechtenstein soll neu geordnet und in ein modernes Religionsverfassungsrecht überführt werden. Das sieht eine Vorlage der Regierung vor, wie diese am Mittwoch mitteilte. Ziel ist eine Gleichbehandlung der Religionsgemeinschaften.

Römisch-katholische Kirche bleibt «Landeskirche»

Gemäss geltendem Recht ist in Liechtenstein nur die römisch-katholische Kirche öffentlich-rechtlich anerkannt – als «Landeskirche», wie es die Verfassung festhält. Diese besondere verfassungsmässige Stellung soll sie auch künftig behalten. Das symbolisiere die katholische Tradition und Prägung des Landes weiterhin, heisst es im Vernehmlassungsbericht, den die Regierung am Dienstag verabschiedet hat.

Flexibles System der Anerkennung

Gleichzeitig soll es jedoch eine Öffnung der Anerkennung für weitere Religionsgemeinschaften geben. Diese müssen sich bislang privatrechtlich organisieren. Neu kann ihnen der Landtag direkt im (neuen) Religionsgemeinschaftengesetz die Anerkennung zusprechen. Oder sie können später im Rahmen eines Anerkennungsverfahrens durch die Regierung anerkannt werden.

Kirche von Ruggell (FL).
Kirche von Ruggell (FL).

Zu den Religionsgemeinschaften, die von Gesetzes wegen anerkannt werden, zählen die evangelische Kirche und die evangelisch-lutherische Kirche. Sie erhalten die Anerkennung, ohne dass sie ein besonderes Verfahren durchlaufen müssen.

Religionsunterricht an staatlichen Schulen

Der Vernehmlassungsbericht spricht von einem flexibleren System, das die bisherige starre Zweiteilung in Anerkennung und Nicht-Anerkennung überwinden soll. Mit der Anerkennung sind besondere Rechte verbunden, etwa das Recht, an staatlichen Schulen Religionsunterricht erteilen zu dürfen oder in öffentlichen Anstalten Seelsorge anbieten zu können.

Keine vollständige Entflechtung

Seit Jahren gibt es im Fürstentum Liechtenstein Bemühungen Kirche und Staat vollständig zu entflechten. Bislang ohne Erfolg. Die am Dienstag präsentierte Vorlage sieht nun von einer vollständigen Entflechtung ab. Damit ist auch der Abschluss eines Abkommens mit dem Heiligen Stuhl vom Tisch. Eine frühere Reformvorlage hatte noch ein Konkordat vorgesehen. Dabei hätten alle Gemeinden ihre «althergebrachten vermögensrechtlichen Verflechtungen mit der römisch-katholischen Kirche auflösen sollen», heisst es im Vernehmlassungsbericht.

Der Friedhof von Ruggell (FL), im Hintergrund die Kirche.
Der Friedhof von Ruggell (FL), im Hintergrund die Kirche.

Eine vollumfängliche Entflechtung von Staat und Kirche habe sich «als nur schwer durchführbar herausgestellt», teilt der persönliche Mitarbeiter des Regierungschefs, Roland Moser, auf Anfrage mit. Deshalb sei mit der Neuordnung der Beziehungen zwischen dem Land und den Religionsgemeinschaften ein anderer Ansatz gewählt worden.

«Einheitlicher Rahmen für alle»

Laut Roland Moser wird aus verschiedenen Gründen von einem Konkordat abgesehen. Einer davon ist das Ziel der Vorlage, nämlich die Gleichbehandlung der Religionsgemeinschaften. «Dies soll insbesondere mit der Schaffung des Religionsgemeinschaftengesetzes als einheitlicher Rahmen für alle Religionsgemeinschaften erreicht werden. Ein Abkommen mit dem Heiligen Stuhl würde aus Sicht der Regierung diesen vereinheitlichenden Rahmen durchbrechen.»

Kein Zusammenhang mit Alter von Wolfgang Haas

Seit der Schaffung des Erzbistums Vaduz 1997 leitet Wolfgang Haas die Diözese. Der umstrittene Erzbischof wird am 7. August 75 Jahre alt und muss dann dem Papst seinen Rücktritt anbieten. Der Zeitpunkt der Präsentation der Reformvorlage stehe in keinem Zusammenhang mit dem Alter des Erzbischofs, so Roland Moser.

Der Erzbischof von Vaduz, Wolfgang Haas, mit der Ernennungsurkunde am 21. Dezember 1997 in der Sankt-Florin-Kirche in Vaduz.
Der Erzbischof von Vaduz, Wolfgang Haas, mit der Ernennungsurkunde am 21. Dezember 1997 in der Sankt-Florin-Kirche in Vaduz.

Seit Anfang der laufenden Legislaturperiode 2021 seien Gespräche mit verschiedenen Religionsgemeinschaften, darunter auch das Erzbistum, und den Gemeinden zum Thema «Kirche und Staat» geführt worden. Darüber hinaus hätten auch die Evaluierung und Festlegung des weiteren Vorgehens sowie die Ausarbeitung des Vernehmlassungsberichts einige Zeit in Anspruch genommen. Dies habe dazu geführt, dass der Bericht zum jetzigen Zeitpunkt durch die Regierung verabschiedet worden sei. Ziel sei, den Gesetzgebungsprozess bis Ende der Legislatur 2025 abzuschliessen.


Die Kathedrale von Vaduz. | © Christian Merz
10. Mai 2023 | 17:52
Lesezeit: ca. 2 Min.
Teilen Sie diesen Artikel!