«Kopfmensch mit viel Empathie»: Kloster Disentis trauert um früheren Abt
Im Alter von 81 Jahren ist Daniel Schönbächler, Altabt des Klosters Disentis, verstorben. 12 Jahre lang leitete und prägte er als 65. Abt in der Geschichte des Klosters die Geschicke der Bündner Benediktinergemeinschaft. Diese zählt heute noch 19 Mönche.
Wolfgang Holz
Keine Frage. Er war über die Grenzen des Bündnerlands hinaus bekannt – nicht zuletzt wegen seiner grossen Leidenschaft als Gleitschirmflieger: Die Rede ist vom früheren Disentiser Abt Daniel Schönbächler.
«Der fliegende Abt»
Im SRF-Dokumentarfilm «Der fliegende Abt Daniel und seine 27 Brüder» porträtierte Regisseur Eric Bergkraut 2003 das einstige Hobby des Klostervorstehers. Dieser war auch ein begeisterter Bergsteiger und Rennradfahrer.
Doch auch auf festem Boden zählte der 81-jährige frühere Abt, der eigentlich wie der Klosterpatron auf den Namen Martin getauft war, zu den prägendsten Persönlichkeiten der Disentiser Benediktiner.
Am Abend vor Maria Himmelfahrt verstorben
Wie der amtierende Abt von Disentis, Vigeli Monn, am Dienstag bestätigte, sei Schönbächler während der Vorabendvesper zum Hochfest Maria Himmelfahrt entschlafen. Seine Beerdigung findet am Donnerstag, 17. August, um 14 Uhr statt.
Daniel Schönbächler wurde am 31. März 1942 in Winterthur geboren. Er war ein Neffe des ehemaligen Disentiser Abts Viktor Schönbächler. Nach dem Abitur an der Klosterschule Disentis und einem Jahr Priesterseminar in Chur trat er in das Noviziat der Benediktinerabtei ein.
Zweitstudium Germanistik und Kunstgeschichte
Das Theologiestudium an der Ordenshochschule Sant’Anselmo in Rom schloss er mit dem Lizentiat ab, das spätere Zweitstudium der Germanistik und Kunstgeschichte an den Universitäten von München und Zürich mit dem Mittelschullehrerdiplom und der Promotion über Josef Vital Kopp. Seit 1973 war Daniel Schönbächler als Gymnasiallehrer an der Klosterschule Disentis tätig.
2000 zum Abt gewählt
Nach dem altersbedingten Ausscheiden von Abt Pankraz Winiker im Dezember 2000 wurde er zum Abt gewählt. Im Februar 2001 erteilte ihm Bischof Amédée Grab die Abtsbenediktion.
Im April 2012 trat Daniel Schönbächler mit 70 Jahren «aus gesundheitlichen und persönlichen Gründen» von seinem Amt zurück. Zu seinem Nachfolger wurde der Klosterdekan und heutige Abt P. Vigeli Monn gewählt. Während seiner Amtszeit hat er auch die Zeitschrift «Disentis» als Alleinredaktor herausgegeben.
«Konnte sehr gut auf Menschen eingehen»
«Abt Daniel Schönbächler war eigentlich ein Kopfmensch – der aber gleichzeitig sehr gut auf Menschen eingehen konnte und sich dafür auch viel Zeit nahm», würdigt Abt Vigeli Monn seinen Vorgänger. Von vielen Seiten sei Schönbächler oft nur als kühler Intellektueller wahrgenommen worden. Dabei habe er anderen gegenüber immer sehr viel Empathie aufgebracht, unter anderem in seinen Seminaren.
Schönbächler war bekanntermassen in der Erwachsenenbildung und der Theologenausbildung tätig, leitete Seminare zur Persönlichkeitsentwicklung und machte psychologisch-spirituelle Einzelbegleitungen. Er hat auch die «Volksmission» in Appenzell geleitet und war geschätzt als begeisternder Redner.
Hielt Klostergemeinschaft zusammen
«Seine grosse Leistung gründet sicher darin, in seiner Zeit als Abt die Klostergemeinschaft zusammengehalten zu haben», sagt Abt Vigeli. Denn auch im Kloster würden Individuen aufeinandertreffen und miteinander zusammenleben. Schönbächler habe gesagt: Er hüte einen Sack Flöhe. «Er hat das aber ganz ohne Sack geschafft, und sein Motto war stets: ‘Unitas in diversitate’», so Abt Vigeli. Einheit in der Vielfalt, also.
Fertigstellung des Caminada-Hauses
Zu den weltlichen Verdiensten seines Vorgängers im Kloster Disentis zählt Abt Vigeli, dass Abt Daniel beispielsweise den Umbau der Abtei gestemmt habe – ebenso wie die Fertigstellung des Caminada-Hauses. In diesem ist das Mädchen-Internat des Klostergymnasiums untergebracht. «Auch war es sein Verdienst, die Stiftung Pro Kloster Disentis ins Leben zu rufen, welche wichtig ist für die Finanzierung von Klosterprojekten», so Abt Vigeli.
Apropos. Abt Daniel Schönbächler, der Disentiser Schöngeist, gehörte darüber hinaus verschiedenen kantonalen und eidgenössischen Gremien an. Unter anderem war er Vorstandsmitglied der Stiftung Bündner Kunstsammlung, Mitglied der Eidgenössischen Kommission für das Schweizerische Landesmuseum und Mitglied der Kantonalen Kulturförderungskommission Graubünden.
Beerdigung: Donnerstag, 17. August 2023, 14 Uhr
Siebenter: Dienstag, 22. August 2023, 7.30 Uhr
Dreissigster: Mittwoch, 13. September 2023, 7.30 Uhr
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