Innenansicht der Herz-Jesu-Kirche Rorschach SG, 2016.
Schweiz

Kirchenschliessung: Letzte Eucharistiefeier in Jugendkirche in Rorschach

1899 wurde in Rorschach die Herz-Jesu-Kirche – auch Jugendkirche genannt – geweiht. Jetzt wird sie geschlossen. Am Freitag verabschieden sich die Rorschacher Katholikinnen und Katholiken in einer letzten Eucharistiefeier von ihr. «Es ist bedauernswert, dass dieses Gotteshaus geschlossen werden muss. Mit der gegenwärtigen kirchlichen Entwicklung ist es jedoch verständlich», sagt Pfarrer Roland Eigenmann.

Barbara Ludwig

Vor 125 weihte der St. Galler Bischof Augustinus Egger die Herz-Jesu-Kirche in Rorschach SG. Sie ist die jüngere der beiden grossen katholischen Kirchen in der Hafenstadt am Bodensee. Ende des 19. Jahrhunderts herrschte nämlich in der bereits bestehenden Pfarrkirche St. Kolumban grosse Platznot, wie es in einem geschichtlichen Rückblick auf der Webseite der Katholischen Kirche Region Rorschach heisst. Insbesondere für die Kinder fehlte ein geeigneter Ort für Gottesdienste. Aus diesem Grunde baute man die Herz-Jesu-Kirche, die dann im Volksmund gerne Jugendkirche genannt wurde. 

Die Industriestadt zählte damals gegen 13’000 Einwohnerinnen und Einwohner. Seither hat sich einiges geändert. In Rorschach leben heute weniger als 10’000 Menschen – auch die Zahl der Kirchenmitglieder ist zurückgegangen. Die Herz-Jesu-Kirche wird seit über 10 Jahren Jahren nicht mehr für katholische Gottesdienste genutzt. Zuletzt hatten serbisch-orthodoxe Christinnen und Christen ihr Weihnachtsfest in dem Gotteshaus gefeiert.

Zu hohe Investitionen

«Wir schliessen die Herz-Jesu-Kirche, weil sie nicht mehr im liturgischen Gebrauch ist», begründet Stefan Meier, Geschäftsleiter der Katholischen Kirche Region Rorschach, den Entscheid auf Anfrage von kath.ch. «Man müsste grosse Investitionen tätigen, wenn man sie wieder als Kirche nutzen will. Diese Investitionen hält der Kirchenrat im Moment für nicht verhältnismässig.» 

Roland Eigenmann, Pfarrer der katholischen Kirche Region Rorschach
Roland Eigenmann, Pfarrer der katholischen Kirche Region Rorschach

Grob geschätzt müsste man laut Meier einen sechsstelligen Betrag aufwenden, um nur das Nötigste zu machen. Dazu würde eine Erneuerung der Elektroinfrastruktur und der Heizinfrastruktur gehören. Zudem, so der Geschäftsleiter, genügten heute die vier Kirchen, die zur Seelsorgeeinheit zählen, darunter die «sehr schöne» Pfarrkirche St. Kolumban in Rorschach. Der Entscheid zur Schliessung sei in den vergangenen Monaten im Austausch mit dem Seelsorgeteam und dem Bistum gereift, erklärte Meier im «St. Galler Tagblatt» vom Donnerstag. 

Das ewige Licht geht aus 

Am Freitagabend feiern die Rorschacher Katholikinnen und Katholiken die letzte Eucharistiefeier in der Herz-Jesu-Kirche. Im Vordergrund werde die Dankbarkeit stehen, sagt Pfarrer Roland Eigenmann: «Die Teilnehmenden haben Gelegenheit,  im Zeichen einer brennenden Kerze ihren persönlichen Dank für das was sie in dieser Kirche erleben durften, zum Ausdruck zu bringen: Menschen sind hier getauft worden, haben ihre kirchliche Hochzeit feiern dürfen, sind als Ministrantinnen und Ministranten tätig gewesen.»  

Blick ins Innere der Herz-Jesu-Kirche in Rorschach SG, 2015.
Blick ins Innere der Herz-Jesu-Kirche in Rorschach SG, 2015.

Das ganz Besondere an dieser Feier sei, dass das Allerheiligste, die eucharistischen Gaben, aus dieser Feier nicht mehr im Tabernakel zur Anbetung aufbewahrt werde, sondern in feierlicher Prozession in die Pfarrkirche (Kolumbanskirche) übertragen und bei diesem Akt das ewige Licht in der zu schliessenden Kirche gelöscht werde Weil die Missione Cattolica Italiana über Jahre in der Herz-Jesu-Kirche beheimatet war, wird auch Don Piero mit der Missione diesen letzten Gottesdienst mitfeiern. 

Wie geht es weiter?

Ab Montag ist die Jugendkirche geschlossen. Und das bleibt vorläufig so, sagt Geschäftsleiter Stefan Meier gegenüber kath.ch. Die Zukunft der denkmalgeschützten Kirche ist ungewiss. Ein Abriss sei kein Thema, sagt Meier. «Das kommt für den Kirchenverwaltungsrat nicht in Frage. Die Herz-Jesu-Kirche gehört als Landmarke ins Stadtbild von Rorschach. Wir werden sie stehenlassen.»

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Der Kirchenverwaltungsrat denkt vielmehr an eine Umnutzung des Gotteshauses. Dazu seien verschiedene Ideen an das Gremium herangetragen worden. «Sobald eine Idee umsetzungsfähig ist, werden wir sie im Kirchenverwaltungsrat weiterverfolgen», so der Geschäftsleiter. Man lasse sich auch von Projekten im Ausland inspirieren. Meier erwähnt Kirchen, in die Wohnungen eingebaut wurden oder die als Kulturveranstaltungsorte oder Gastrobetriebe genutzt werden.


Innenansicht der Herz-Jesu-Kirche Rorschach SG, 2016. | © Daniela Huber-Mühleis
26. April 2024 | 12:00
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