Katholiken planen Gedenkfeier am 29. März – Kritik am Bundesrat
An jedem Tag der Fastenzeit soll ein europäisches Land an die Opfer der Pandemie erinnern. Den Auftakt machte Albanien. Die Schweizer Bistümer werden wohl am Montag der Karwoche, dem 29. März, der Opfer gedenken. Der Bundesrat plant keinen Gedenkakt.
Raphael Rauch
Der Bundesrat verzichtet vorerst auf einen Gedenkakt für die knapp 10’000 Opfer der Corona-Pandemie in der Schweiz. Die Landesregierung habe sich mit der Frage eines Gedenkanlasses befasst, sagte Ursula Eggenberger, Sprecherin der Bundeskanzlei, gegenüber dem «SonntagsBlick».
Europäische Initiative der katholischen Kirche
Die Bewältigung der andauernden Pandemie habe für den Bundesrat Priorität. In die Bresche springen wollen die Landeskirchen. Sie bereiten derzeit Traueranlässe für die Karwoche vor.
Die katholische Kirche in der Schweiz wird wohl am Montag der Karwoche, dem 29. März, in allen Bistümern Gedenkfeiern für die Opfer der Pandemie abhalten. Dies geht auf eine Initiative des Rates der Europäischen Bischofskonferenzen (CCEE) zurück. Dort ist der 29. März als das Tag der Schweizer Gedenkfeier auf der Website eingetragen.
Gespräche mit den Reformierten
Der CCEE hatte dazu aufgerufen, an jedem Tag der Fastenzeit in einem europäischen Land an die Opfer der Corona-Pandemie zu erinnern. Den Auftakt machte am 17. Februar Albanien. Deutschland folgte gestern der Initiative.
Inwiefern der Gedenktag ökumenisch gestaltet wird, ist unklar. «Es ist vorgesehen, mit der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz oder allen Landeskirchen eine Gedenkfeier zu organisieren. Die Gespräche laufen noch», sagt die Sprecherin der Schweizer Bischofskonferenz, Encarnación Berger-Lobato.
Den 29. März wollte sie noch nicht definitiv bestätigen: «Im Moment ist es eine Planung, die Bischöfe werden das nächste Woche besprechen.»
«Alleine zu trauern ist unmenschlich»
Kritik an der Zurückhaltung des Bundesrats übt Simon Peng-Keller. Der katholische Theologe ist Professor für Spiritual Care an der Uni Zürich. «Der Mensch ist ein soziales Wesen. Alleine zu trauern, ist unmenschlich und macht krank», sagte er dem «SonntagsBlick». Dies gelte «umso mehr bei einer kollektiven Katastrophe wie der aktuellen Pandemie», schreibt das Blatt.
Peng-Keller betont: «Es wäre wichtig, dass der Bundesrat die Initiative für eine öffentliche Gedenkfeier ergreift.» Wie das Blatt berichtet, müsse Trauer «zur Sprache kommen, einen Ausdruck finden, gemeinschaftlich gewürdigt werden».
Auch monatelange Isolation oder Arbeitslosigkeit in den Blick nehmen
Eine Corona-Gedenkfeier solle nicht nur die Verstorbenen in den Blick nehmen – sondern die ganze Bandbreite des Leids. Viele Menschen litten unter der Pandemie – durch «schwere Krankheitsverläufe, monatelange Isolation oder Arbeitslosigkeit», wie das Blatt schreibt. «Ein solches Gedenken könnte helfen, wieder zu der gesamtgesellschaftlichen Solidarität zurückzufinden», sagte Peng-Keller.
Die katholische Kirche in Deutschland hat am Samstag in zahlreichen Gottesdiensten an die Opfer der Corona-Pandemie erinnert. «Wir denken an die vielen Verstorbenen der Corona-Pandemie, an die vielen, die im vergangenen Jahr einsam sterben mussten, und wir denken an die Trauernden», sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der Limburger Bischof Georg Bätzing.
«Trösten und Kraft schenken»
«Wir sind in unserem Gedenken verbunden mit den Menschen in Europa und auf der ganzen Welt.» Hinter den «kaum begreiflichen Zahlen der Toten stehen einzelne Schicksale», betonte Bätzing.
Zugleich lud der Bischof dazu ein, sich Zeit zum Abschiednehmen und Trauern zu nehmen: Der Blick auf das Kreuz und auf Ostern, auf das Fest der Auferstehung Christi, möge «trösten und Kraft schenken».
Trauerbeflaggung in Deutschland
Anders als in der Schweiz gibt es in Deutschland auch ein staatliches Trauern. Mit einer bundesweiten Trauerbeflaggung soll am 18. April der Opfer der Corona-Pandemie gedacht werden. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier will an dem Tag auch mit einer staatlichen Gedenkfeier an die Toten der Corona-Pandemie erinnern.
An ihr sollen neben Hinterbliebenen auch die gesamte Staatsspitze, Vertreter der Länder sowie Repräsentanten der christlichen Kirchen und Vertreter anderer Glaubens- und Religionsgemeinschaften teilnehmen.
Gottesdienst in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche
Die Feier ist im Konzerthaus am Berliner Gendarmenmarkt geplant. Zuvor wollen auch die beiden grossen Kirchen mit einem ökumenischen Gottesdienst in der evangelischen Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche der Opfer der Corona-Pandemie gedenken.
Europäische Katholiken gedenken der Corona-Opfer
An jedem Tag in der Fastenzeit soll ein anderes europäisches Land der Opfer der Corona-Pandemie gedenken. Den Auftakt machten Albanien und Österreich am Aschermittwoch. Die Schweiz ist am Montag der Karwoche vorgesehen, am 29. März:
17.02. Albanien
17.02. Österreich
18.02. Belgien
19.02. Belarus
20.02. Bosnien und Herzegowina
22.02. Bulgarien
23.02. Spanien
24.02. Kroatien
25.02. Slowakei
26.02. Frankreich
27.02. Deutschland
01.03. Schottland
02.03. England und Wales
03.03. Irland
04.03. Italien
05.03. Lettland
06.03. Litauen
07./08.03. Luxemburg
09.03. Malta
10.03. Moldawien
11.03. Monaco
12.03. Niederlande
13.03. Nordische Länder
15.03. Polen
16.03. Portugal
17.03. Tschechien
18.03. Rumänien
19.03. Russland
20.03. Ukraine (griechisch-katholisch)
22.03. Griechenland
23.03. Estland
24.03. Slowenien
25.03. Zypern
27.03. Mukachevo (Ukraine)
29.03. Schweiz
30.03. Türkei
31.03. Ukraine (lateinisch)
01.04. Ungarn
01.04. Sekretariat der CCEE
Quelle: CCEE (rr)
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