Kardinal Marx fordert bessere Vernetzung von Europas Kirchen

München, 2.7.16 (kath.ch) Die Christen in Europa müssen nach Ansicht des Münchner Kardinals Reinhard Marx enger zusammenarbeiten. Das Zeugnis ihrer Einheit sei «ein wichtiger Beitrag für die Seele Europas», sagte Marx am Freitagabend, 1. Juli, bei einem internationalen Kongress des christlichen Netzwerks «Miteinander für Europa» in München. Dabei begrüsste er Initiativen wie die zu einem ökumenischen europäischen Kirchentag. Bei der Vernetzung von Kirchen «könnte aber noch mehr passieren». Am Kongress nehmen auch Schweizer teil.

Der Präsident der EU-Bischofskommission Comece äusserte sich zugleich besorgt über Tendenzen einer Rekonfessionalisierung. Er sehe auch in den Kirchen Bestrebungen, sich auf das Eigeninteresse, auf die Absicherung der jeweiligen Identität zurückzuziehen, statt nach Wegen zu suchen, wie man zusammenkomme. Genauso gebe es «zu viele in Europa, die wieder von einer homogenen Gesellschaft träumen». Dies sei aber «retro und nicht die Zukunft».

Renaissance statt Restauration und Nostalgie

Marx warb zugleich für einen «demütigen» Auftritt der Christen in Europa. Nur so könne ein neuer Aufbruch gelingen. Getaufte hätten die schlimmsten Verbrechen des 20. Jahrhunderts begangen. «Die grösste Blasphemie ist von uns Christen ausgegangen», sagte der Kardinal. Zu oft in der Geschichte hätten Christen «auf der falschen Seite» gestanden. Gläubige seien nicht von vornherein «die besseren Menschen». Der Glaube, dass alle Menschen Brüder und Schwestern seien, sei anspruchsvoll und «die grösste Revolution der Geschichte». Diese müsse in Europa erst noch voll zur Geltung kommen. «Es geht um Renaissance, um Wiedergeburt, nicht um Restauration und Nostalgie.»

Der slowenische Europaabgeordnete und frühere Ministerpräsident seines Landes, Alois Peterle, bezeichnete die Lage Europas nach der Brexit-Volksabstimmung in Grossbritannien als «nicht hoffnungslos, aber sehr ernst». Eine Chance bestehe darin, dass jetzt wieder mehr über die Identität und Wurzeln Europas gesprochen werde. Auch sehe er «immer mehr Christen, die etwas unternehmen wollen». Ein Problem der EU sei, «wir haben eine grosse Union, aber eine schwache Gemeinschaft». Ein solches Gebilde könne nicht lange existieren.

Respekt anderer Religionen in Europa

Der in den Niederlanden lebende neuseeländische Baptist Jeff Fountain erinnerte daran, dass Europa «durch nichts anderes stärker geprägt wurde als durch die Bibel und durch ihre Ablehnung». Dies sei den «Vätern Europas» wie Konrad Adenauer, Alcide De Gasperi und Robert Schuman noch bewusst gewesen. Falsch sei es heute aber, «wenn ein Regierungschef eine Mauer bauen will, um das Christentum zu bewahren». Die anderen Religionen, die inzwischen auch in Europa angekommen seien, müssten respektiert werden. – Der Kongress endet am Samstag, 2. Juli, mit einer Kundgebung auf dem Münchner Karlsplatz. Dazu werden rund 5000 Teilnehmer erwartet.

Am Kongress in München nehmen auch rund 150 Personen aus der Schweiz teil, wie Beatrix Ledergerber, die Pressebeauftragte der Fokolar-Bewegung in der Schweiz, gegenüber kath.ch mitteilte. Zudem wirkt der Schweizer Kardinal Kurt Koch, Ökumene-Minister im Vatikan, an dem Kongress mit. (kna)

2. Juli 2016 | 10:14
Lesezeit: ca. 2 Min.
Teilen Sie diesen Artikel!