Papst Franziskus begrüsst Benedikt XVI. und Georg Gänswein (27. August 2022).
Vatikan

Kardinal Kasper: Die Gerüchte um Franziskus’ Rücktritt sind «zerplatzt wie Seifenblasen»

Ein Rücktritt des Papstes? Zerwürfnisse zwischen Kardinälen? Von wegen! An der Kardinalsversammlung gibt’s Harmonie und wenig Überraschungen. Und eine klare Botschaft: Papst Franziskus strotzt vor Tatendrang.

Anna Mertens 

Entspannte Gesichter, Lachen und Händeschütteln: Nach zwei Tagen Beratungen sahen zumindest die Kardinäle, die sich vor die wartende Presse wagten, sehr zufrieden aus. 

«Schön», «friedvoll», «harmonisch»

Die Stimmung unter den rund 200 Teilnehmer aus aller Welt wurde am Dienstag als «schön», «friedvoll», «harmonisch» und «herzlich» bezeichnet. Für viele war es auch ein persönliches Kennenlernen oder ein Wiedersehen nach langer pandemiebedingter Distanz.

So einheitlich der Tenor mit Blick auf die Beratungsatmosphäre schien, so einheitlich war die Haltung zu Rücktrittsgerüchten von Papst Franziskus: «Zerplatzt wie Seifenblasen» seien diese, erklärte der deutsche Kurienkardinal Walter Kasper. 

Auch keine neue Konklaveordnung

Und sein Wiener Kollege, Kardinal Christoph Schönborn, ergänzte: «Auch wenn die Beine nicht somitmachen, das Herz und der Kopf sind voll dabei.» Franziskus sei voller Engagement.

Also kein Rücktritt, auch nicht die Regelung eines möglichen Rücktrittes und erst recht keine neue Konklaveordnung. Nachdem wochenlang über die Kardinalsversammlung spekuliert worden war, war das Ergebnis – zumindest nach aussen hin – wenig aufregend. 

Welche Behörden im Vatikan können von Laiinnen und Laien geleitet werden?

Vorher hatte der Papst noch ganz ordnungsgemäss 20 Männer in den Kardinalsstand erhoben. 16 davon gehören zum exklusiven Club, der irgendwann seinen Nachfolger wählt. Bei den anschliessenden zweitägigen Beratungen ging es dann schlicht um das, was der Vatikan vorher angekündigt hatte: die Kurienreform «Praedicate Evangelium» und die Umsetzung.

Zwar gab es auch einige kritische Stimmen und Klärungsbedarf. Insbesondere hinsichtlich der Frage, welche Behörden im Vatikan künftig auch von Laiinnen und Laien geleitet werden könnten und welche weiterhinBischöfen unterstehen sollten. 

Kasper: Kardinäle stehen zusammen

Hier kann in absehbarer Zeit mit Präzisierungen und Ausführungsbestimmungen gerechnet werden. Der Kerndes Vorhabens bleibt: eine weniger klerikalistische und stärker dienende Zentralverwaltung der katholischen Weltkirche.

Die Kardinäle stünden «viel, viel einheitlicher» und entschieden zusammen, bekräftigte Kardinal Kasper. Denn es gehe in all den Debatten immer auch um die Glaubwürdigkeit der Kirche. Und die Kirche müsse mit Blick auf Missbrauchskrise und Finanzskandale viel Vertrauen zurückgewinnen. Oder wie es Kardinal Schönborn formulierte: «Change Management», also Veränderungsprozesse, gingen stets langsam voran.

Der kirchliche Apparat darf sich nicht in zu grosser Sicherheit wähnen

Der Papst liess die Kardinäle lange unter sich beraten. In Sprachgruppen. Diese wiederum fertigten Zusammenfassungen an, die dem Kirchenoberhaupt anschliessend präsentiert wurden. Kardinal Kasperbedauerte, dass es zu wenig deutschsprachige Kardinäle für eine eigene Sprachgruppe gegeben habe. Denn in der eigenen Sprache sei das Debattieren doch leichter. Letztlich sei der Austausch, so der Tenor, aber gut gelaufen.

Franziskus’ Predigt blieb ähnlich unaufgeregt. Kein flammender Appell, kaum mahnende Worte oder spitze Metaphern. Einzig die Warnung, sich als Teil des kirchlichen Apparats nicht in zu grosser Sicherheit zu wähnen, sorgte für ein wenig Aufsehen. 

Den Verkündigungsauftrag stärken

Der Papst erinnerte die Kardinäle an ihren Auftrag zur Verkündigung. Für diesen brauche es Dankbarkeit und ein anhaltendes Staunen, «dass wir in der Kirche sind, dass wir Kirche sind», bekräftigte Franziskus. Das mache die Gemeinschaft der Gläubigen anziehend.

Dabei werde das Staunen mit wachsender Verantwortung in der Kirche nicht kleiner, sondern stärker und tiefer. Er sei sich sicher, das gelte auch für die neuaufgenommenen Kardinäle. Und er hoffe, so der Papst weiter, dass alle durch die Kardinalsversammlung in ihrem Verkündigungsauftrag gestärkt seien.

«Pilger der Hoffnung»

Vor der Abschlussmesse hatten die Kardinäle noch Zeit gehabt, sich kurz über das vom Papst für das Jahr 2025 angekündigte «Heilige Jahr» auszutauschen. Dieses steht unter dem Motto «Pilger der Hoffnung». 

Wenn seine Gesundheit mitspielt, dürfte der Titel auch noch für Papst Franziskus zutreffen. Er wäre dann 88 Jahre alt. An sein hohes Alter und seine Gehbehinderung scheint er sich gewöhnt zu haben. Die Ausstrahlung und der Wille, das eigene Programm durchzuziehen, scheinen davon wenig bis gar nicht beeinträchtigt. (cic)


Papst Franziskus begrüsst Benedikt XVI. und Georg Gänswein (27. August 2022). | © KNA
30. August 2022 | 19:03
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