Kardinal Joachim Meisner
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Kardinal Joachim Meisner – fromm und streitbar bis zuletzt

Köln, 14.7.17 (kath.ch) Er pflegte das klare und das kritische Wort. Wenn der frühere Kölner Erzbischof Joachim Meisner Glaubenslehre oder gesellschaftliche Moral bedroht sah, dann ging er als Verteidiger in die Offensive. Seinen Unmut zu spüren bekam selbst Papst Franziskus, für dessen Ehe-Lehre der Kardinal wenig übrig hatte. Meisner starb am 5. Juli.

Andreas Otto

Zweifel am Zölibat, Forderungen nach dem Frauenpriestertum oder die Anerkennung der «Homo-Ehe» forderten den Widerspruch Meisners heraus. Und eben auch das Schreiben «Amoris laetitia» von Franziskus. Gemeinsam mit drei anderen Kardinälen forderte er im November 2016 den Papst in einem öffentlich gewordenen Brief zur Klärung mehrerer «Zweifel» (»Dubia») auf. Dass wiederverheiratete Geschiedene in Einzelfällen zur Kommunion zugelassen werden, liess dem Ruheständler keine Ruhe.

Gegen straffreien Schwangerschaftsabbruch

Meisner, der nach 25 Jahren an der Spitze des mitglieder- und finanzstarken Erzbistums Köln im Februar 2014 altersbedingt aus dem Amt schied, scheute keine Konflikte. So missfiel ihm, dass die Bescheinigung über eine Schwangerenberatung Frauen einen straffreien Abbruch ermöglichte. Auf seine Initiative hin verfügte Papst Johannes Paul II. 1999 den Ausstieg der katholischen Kirche in Deutschland aus dem staatlichen System der Schwangerenberatung – ein Schritt, den eine beträchtliche Anzahl von Bischöfen nur ungern vollzog.

Von Wroclaw nach Köln

Gegenwind aushalten – diese Haltung hat der 1933 im schlesischen Breslau (Wroclaw) geborene Geistliche besonders in der DDR entwickelt. Mit der Familie flüchtete er 1945 nach Thüringen, wo er nach einer Banklehre Priester und dann Weihbischof in Erfurt wurde. 1980 kam er als Bischof in die geteilte Stadt Berlin und legte sich mit Honecker und Genossen an. Angesichts der Sowjetsterne auf vielen öffentlichen Gebäuden der DDR rief er beim Dresdner Katholikentag 1987 in die Menge, dass die Katholiken «keinem anderen Stern folgen als dem von Bethlehem».

Er kämpfte gegen die Gottvergessenheit einer konsumorientierten Welt.

Johannes Paul II., zu dem Meisner ein enges persönliches Verhältnis pflegte, wollte ihn nach dem Tod von Kardinal Joseph Höffner gegen den Willen des Domkapitels an der Spitze des Erzbistums Köln haben. Meisner wechselte am 12. Februar 1989 von der Spree an den Rhein – neun Monate vor dem Mauerfall. In Köln, seiner vierten «Heimat», kämpfte er seitdem nicht mehr gegen staatlich verordneten Atheismus, sondern gegen die Gottvergessenheit einer konsumorientierten Welt.

Gegen Sterbehilfe

Scharf wandte er sich gegen Versuche, aktive Sterbehilfe zu erlauben: «Der Mensch soll an der Hand des Menschen sterben, nicht aber durch seine Hand.» Nicht minder energisch prangerte er Abtreibungen und Forschungen am Embryo an, um «alt und krank gewordenes Leben sanieren zu können».

Glauben verkünden, nicht verbilligen

Meisner wollte den Glauben verkünden, ohne ihn «zu verbilligen». Glaubensfeste wie der Kölner Weltjugendtag 2005 oder der Eucharistische Kongress 2013 in der Stadt mit Elementen wie Anbetungen und Beichten lagen ihm mehr als Katholikentage, wo «zu viel diskutiert und zu wenig gebetet» werde. Ihm gefiel auch nicht das abstrakte Dom-Fenster des Künstlers Gerhard Richter, weil es «eher in eine Moschee oder ein anderes Gebetshaus» als in die gotische Kathedrale passe.

«Bis zum Tod»

Erschüttert reagierte der Kardinal 2013 auf den Rücktritt von Papst Benedikt XVI., mit dem er ebenfalls freundschaftlich verbunden war. «Bis zum Tod – das habe ich nicht nur in Bezug auf Ehen so gesehen, sondern auch auf das Papstamt», beschrieb er seine erste Reaktion. Später seien seine Vorbehalte aber «weggeschmolzen», bekundete er Verständnis für die körperliche Schwäche Benedikts.

Das Positive am Konservativen

Zwischen Franziskus und Meisner bestand ein eher distanziertes Verhältnis, wenngleich der Kardinal keinen Zweifel daran liess, dass der Lateinamerikaner legitimer «Nachfolger Petri» ist. Meisners kompromisslose Haltung hat ihm das Etikett «konservativ» eingebracht. Er sah das positiv. Denn konservativ meine doch nur, «den Glauben zu bewahren». (kna)

 

Kardinal Joachim Meisner | © KNA
14. Juli 2017 | 16:36
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