Kapuzinerinnen geben Kloster in Wattwil auf

Wattwil SG, 25.8.10 (Kipa) Die Kapuzinerinnen des Klosters Maria der Engel, gegründet um 1622, schliessen ihr Kloster wegen Nachwuchsmangel. Mit dem Abschied der Schwestern aus Wattwil verliert das Bistum einen wichtigen Geistlichen Ort, erklärt Diözesanbischof Markus Büchel zum bevorstehenden Wegzug der Schwestern. Sie verlassen diesen Herbst ihr Kloster.

Über Jahrhunderte haben die Schwestern segensreich gewirkt, schreibt das Bistum St. Gallen in seiner Würdigung. Die Klostergemeinschaft ist in den letzten Jahrzehnten immer kleiner geworden, die Schwestern können darum nicht mehr weitermachen. Das «Chlöschterli», wie es die Menschen in der Region liebevoll nennen, wird im Herbst geschlossen. Nicht allein den Ordensfrauen fällt der Abschied schwer.

Der Abschied kommt früher als erwartet, ein wesentlicher Grund ist, dass Frau Mutter Andrea Engler aus gesundheitlichen Gründen seit mehreren Wochen nicht mehr im Kloster leben kann, Schwester Johanna Suter, ihre Stellvertreterin, hat ihre Aufgaben übernommen. Frau Mutter Andrea ist nun im Pflegeheim der Menzinger-Schwestern, wo eine Mitschwester bereits seit einem Jahr wohnt. In den nächsten Wochen wird eine weitere Kapuzinerin mit gesundheitlichen Schwierigkeiten nachfolgen.

Das Kapuzinerinnenkloster Maria Hilf von Altstätten ist bereit, drei Ordensfrauen der Gemeinschaft Maria der Engel aufzunehmen und die siebte Wattwilerin wechselt ins Kapuzinerinnenkloster von Jakobsbad. Sie ist durch persönliche Kontakte und regelmässige Ferienaufenthalte mit dem Kloster Leiden Christi sehr verbunden. Der Umzugstermin wird im Spätherbst sein.

Persönlicher Abschied von der Bevölkerung

Die Kapuzinerinnen von Maria der Engel möchten sich persönlich von der Bevölkerung verabschieden. Am Samstag, 9. Oktober, 18.30 Uhr, feiern sie in der Pfarrkirche von Wattwil – aus Platzgründen nicht in der Klosterkirche – mit Bischof Markus Büchel einen Abschiedsgottesdienst.

Erleichterung und Wehmut

Die Entscheidung zur Klosterschliessung ist in der Kapuzinerinnengemeinschaft lange gereift. Jetzt ist auch Erleichterung darüber spürbar, die Fülle an Aufgaben und an Verantwortung abzugeben. Die sieben Frauen – in der Blütezeit waren es bis zu 30 – sind nicht mehr in der Lage, den grossen Haushalt zu führen sowie den Unterhalt der Klostergebäude und der Anlage zu bewältigen, schreibt das Bistum St. Gallen.

In den vergangenen Jahren wurden sie durch einen Klosterbeirat, durch die Pfarrei Wattwil und von Menschen unterstützt, die für die Schwestern verschiedene Arbeiten erledigten.

Wichtiges spirituelles Zentrum

Nicht nur den Schwestern, auch vielen Menschen in der nahen und weiten Umgebung fällt es schwer, sich das «Chlöschterli» verwaist vorzustellen. Jahrhundertelang pflegten die Kapuzinerinnen die Ewige Anbetung, Menschen deponierten Gebetsanliegen, wandten sich mit Sorgen und Nöten, aber auch in Freude und Dankbarkeit an die Schwestern. Das Kloster Maria der Engel ist bis heute ein wichtiges spirituelles Zentrum.

Ein weitherum bekanntes Kapitel der Klostergeschichte ist auch, dass die Kapuzinerinnen für einige Jahre die Alarmstelle der Feuerwehr betreuten und jeweils per Trottinett durch die Gänge fegten, um noch schneller an der Alarmzentrale zu sein.

Handwerkliche Tätigkeiten

Die Schwestern verdienten über viele Jahre durch handwerkliche Arbeiten einen Teil ihres Lebensunterhaltes. Bis heute werden im Kloster nach individuellen Wünschen Kerzen verziert, viele erinnern sich an die feinen «Kräpfli», an wohltuenden Hustensaft und Wunderbalsam. Pfarreien brachten die liturgische Wäsche zum Reinigen und Stärken.

Der grosse Garten bereicherte den Speiseplan der Gemeinschaft mit Gemüse, Obst und Beeren. Der Pachtzins des Klostergutes brachte zusätzlich einen Beitrag in die Kasse. Je kleiner die Gemeinschaft mit der Zeit wurde, desto mehr mussten diese Tätigkeiten aufgegeben oder an angestelltes Personal übergeben werden.

Wie weiter mit der Klosteranlage?

Für die Schwestern ist in den nächsten Monaten und Jahren gut gesorgt. Was aber passiert mit der Klosteranlage, die im Besitz der Klostergemeinschaft ist? Nach dem Umzug wird das «Chlöschterli» nicht sich selbst überlassen. Für Unterhalt und Pflege der Liegenschaft wird vorgesorgt, das Archiv und wertvolle Kunstgegenstände aus dem Kloster genommen und an einem sicheren und dafür geeigneten Ort aufbewahrt.

Der katholische Administrationsrat (die «Regierung» des Katholischen Konfessionsteils St. Gallens) und Diözesanbischof Markus Büchel kümmern sich gemeinsam um die weiteren Schritte.

Wird ein Kloster aufgegeben, entscheidet im Fall der Kapuzinerinnen die «Kongregation für das geweihte Leben» des Vatikans über die Güter. Die Schwestern werden der Kongregation in Zusammenarbeit mit Bischof und Administrationsrat einen Vorschlag unterbreiten. Dies wird jedoch noch einige Zeit in Anspruch nehmen.

Separat 1:

Verschiedene «Stimmen»:

Bischof Markus Büchel

«Mit dem Abschied der Schwestern aus Wattwil verlieren wir einen wichtigen Geistlichen Ort in unserem Bistum. Am heutigen Standort haben die Schwestern seit 1621 in franziskanischer Spiritualität ihr Gemeinschafts- und Gebetsleben geführt. Die Klosterpforte war stets offen für viele Ratsuchende. Die Schwestern haben Freud und Leid vieler Menschen in persönlichen Gesprächen und im Gebet begleitet. Für alle diese Dienste danke ich ihnen von ganzem Herzen. Ich bin überzeugt, dass sie in den neuen Gemeinschaften ihr wertvolles Apostolat weiterführen können. Durch vielfältige Hilfe von Aussen durfte die Kapuzinerinnengemeinschaft viel Wertschätzung erfahren. Auch in der Abschiedszeit sind sie darauf angewiesen, allen, die mithelfen, sage ich ein herzliches Vergelt’s Gott.»

Sr. Johanna Suter, Vikarin (Stellvertreterin der Frau Mutter)

«Nein, traurig bin ich heute nicht. ’Ich verspreche Dir, alles anzunehmen was Du von mir verlangst’, mit diesen Worten wende ich mich immer wieder an Gott, alles ist seine Fügung. Beim Packen wird es schwere Momente geben und es sind auch bei mir schon Tränen geflossen, das verschweige ich nicht. Ein Wendepunkt steht uns bevor. Doch wir dürfen alle weiter in Ordensgemeinschaften leben. Ich bin glücklich und dankbar, dass ich Ordensfrau sein darf. Das war nicht immer so deutlich, als Novizin hatte ich Kämpfe mit mir auszufechten, das gehört dazu. Selbstverständlich «menschelets» bei uns wie überall. Da gibt es auch einmal einen Konflikt auszutragen, das ist uns aber immer gelungen. Wir werden verbunden bleiben, auch wenn wir bald an drei verschiedenen Orten leben».

Margrit Stadler-Egli, Bazenheid, Administrationsrätin

«Für die Bevölkerung von Wattwil und das ganze Toggenburg ist der Weggang der Schwestern und die Aufhebung des Klosters ein grosser Verlust. Viele Menschen haben im Chlösterli Kraft für den Alltag geschöpft und ihre Sorgen und Nöte den Schwestern anvertraut. Dafür möchte ich im Namen der vielen Besucherinnen und Besuchern der Schwesterngemeinschaft ganz herzlich danken. Ich bewundere die Schwestern, wie sie mit grossem Gottvertrauen den unvermeidlichen Schritt des Weggangs aus Wattwil angehen. Sie dürfen dabei auf eine grosse Unterstützung von stillen Helferinnen und Helfern zählen. Ich wünsche den Schwestern, dass sie am neuen Ort in den neuen Schwesterngemeinschaften wieder ihrer Berufung nachgehen können. Ich bin sicher, dass sie auch weiterhin die Anliegen der Toggenburger Bevölkerung in ihre Gebete einschliessen.»

Separat 2:

Seit 1771 Ewige Anbetung

Die auf einer Terrasse über Wattwil stehende Klosteranlage gilt als die besterhaltene Klausuranlage im Kanton St. Gallen, schreibt der Historiker Johannes Huber in seinem Werk «Entlang der Fürstenlandstrasse». Als Bauzeit sind die Jahre ab 1621/1622 überliefert. In einem ersten Bauschritt entstanden Kirche, Kreuzgang, Refektorium, Küche, Keller, Speisekammer, Webstube und die Stube der Frau Mutter sowie 23 Zellen. Das Innere der Kirche ist unterteilt in das Laienschiff, den Priesterchor und den Schwesternchor. Ihr Rokoko-Mobiliar ist von hoher Qualität. Der Hochaltar stammt von 1774, als Altarstifter gilt der St. Galler Fürstabt Beda Angehrn. Die Bistumsheiligen Gallus und Otmar stehen als eindrückliche Figuren seitlich des grossen Altarbildes, das die Krönung Mariens durch die Dreifaltigkeit zeigt. Ringmauer, Vorhof, Pfisterei und Schopf wurden in einem zweiten Schritt erstellt. Ein Gast- und Priesterhaus, das Haus für den «Chloschterpuur», Scheune, Garten und Speicher ergänzten die Anlage. Als Ausdruck der barocken Hochblüte des Klosters bezeichnet Huber die Überführung der Katakombenheiligen Leander (1653), Victoria (1726) und Bonifatius (1767). Die Ewige Klausur wurde erst 100 Jahre (1726/1727) nach Errichtung des Klosters eingeführt. Sie leitete über zum «geschlossenen» Kloster. Der Bau der Klausurmauer und der Einsiedlerkapelle unterstrichen diesen Zustand. Die Ewige Anbetung wurde dem Kloster im Jahre 1771 verordnet. In den vergangenen Jahrzehnten ist die Klosteranlage mehreren umfassenden Renovationen unterzogen worden. (Quelle: Entlang der Fürstenlandstrasse 2, Johannes Huber)

(kipa/com/gs/am)

25. August 2010 | 16:09
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