Margot Kässmann
International

Kässmann will Reformationsjubiläum international begehen

Köln, 1.1.17 (kath.ch) Die evangelische Theologin Margot Kässmann will das Gedenken an 500 Jahre Reformation als völker- und religionsübergreifendes Ereignis verstanden wissen. «Wir sind nicht deutschnational geblieben in unserer Ausrichtung, sondern wirklich international», sagte die Reformationsbotschafterin der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) am Sonntag im «Interview der Woche» des Deutschlandfunks.

Es handle sich dieses Jahr um das erste ökumenische Reformationsjubiläum, sagte Kässmann. «Das hätte man sich vor 100 Jahren noch nicht vorstellen können, dass Katholiken, aber auch Orthodoxe, Mennoniten, Baptisten, Methodisten beteiligt sind.» Am 31. Oktober 1517 veröffentlichte der Reformator Martin Luther (1483-1546) seine 95 Thesen und forderte Veränderungen in der Kirche. Zu den Höhepunkten im Gedenkjahr 2017 zählt der evangelische Kirchentag Ende Mai in Berlin und Wittenberg.

Jubiläum auf Pazifikinsel eröffnet

Kässmann selbst reiste zum Jahreswechsel auf die an der Datumsgrenze im Pazifik liegenden Chatham Islands, um dort das Jubiläumsjahr zu eröffnen. Besonders nah sei ihr Luther als Prediger, bekannte Kässmann. Auch habe er «sehr sensible seelsorgliche Briefe an Menschen in Not» geschrieben.

Fern hingegen sei ihr der Reformator in seinem Judenhass. «Da war Luther auf einem absoluten Irrweg.» Und manchmal empfinde sie seine Sprache als zu gewalthaltig. Davon unabhängig könnten Politiker von Luther lernen, nach ihrem Gewissen zu handeln. Beispielgebend seien auch Luthers Anstrengungen, jedem Kind Zugang zu schulischer Bildung zu ermöglichen.

Gesellschaft braucht Wurzeln

Dass immer mehr Menschen in Deutschland der Kirche den Rücken kehren, schmerze sehr, räumte Kässmann ein. «Trotzdem bin ich der Meinung, dass in unserem Land die Menschen schon wissen, dass die christlichen Wurzeln unserer Wertvorstellung und auch unseres Zusammenlebens uns prägen. Und so eine ständig mobile Gesellschaft, die immerzu auch innovativ sein will, die braucht auch Wurzeln und Tradition.» (kna)

Margot Kässmann | © Andrea Moresino
1. Januar 2017 | 07:09
Lesezeit: ca. 1 Min.
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Betroffen über Hetze im Internet

Die evangelische Theologin Margot Kässmann ist betroffen über Hetze im Internet. Sie mache es «beklommen», wenn etwa nach der Lastwagen-Attacke auf den Weihnachtsmarkt in Berlin direkt wieder «diese ganzen furchtbaren Hassgeschichten» im Netz kursierten, sagte sie am Sonntag im «Interview der Woche» des Deutschlandfunks. «Und dass die Menschen dann nicht mal aushalten zu sagen: ‘Jetzt sind die Opfer dran und da gibt es auch mal Stille’.»

In einem direkten Gespräch hätten Menschen vermutlich natürliche Hemmungen, sich derartige Dinge an den Kopf zu werfen, so Kässmann weiter. Stattdessen würden sich die Betreffenden «vor sich selber schämen» – so, wie sie das beim Lesen von derartigen Kommentaren als Unbeteiligte auch tue. (kna)