Erzbischof Georg Gänswein und Papst Franziskus.
Kommentar

Jorge statt Giorgio: Was würde Gänswein in Costa Rica erwarten?

«Costa Rica» heisst «reiche Küste». Sollte Georg Gänswein tatsächlich Nuntius in San José werden, würde aus «Don Giorgio» Jorge. Gänswein träfe auf Anliegen, die auch Papst Franziskus sehr wichtig sind – vom Schutz der Meere bis hin zum Einsatz für das krisengeschüttelte Nachbarland Nicaragua. Eine Einschätzung aus San José.

Evelyn Gaiser*

In Costa Rica würde Erzbischof Georg Gänswein ein spannendes und konstruktives Umfeld der multilateralen Verständigung erwarten. Das Land ist eine der stabilsten und am besten entwickelten Demokratien Lateinamerikas. Es hat 1948 seine Armee abgeschafft und beruft sich zur Lösung potentieller Konflikte auf die Mechanismen multilateraler Institutionen. 

Engagement in Sachen Nachhaltigkeit

So ist Costa Rica ein konstruktives Mitglied aller wichtigen internationalen und regionalen Organisationen und übt im Vergleich zu seiner Größe traditionell überdurchschnittlich viel Einfluss auf der internationalen Bühne aus. 

Evelyn Gaiser leitet das Büro der Konrad-Adenauer-Stiftung in Costa Rica.
Evelyn Gaiser leitet das Büro der Konrad-Adenauer-Stiftung in Costa Rica.

Besonders bekannt ist Costa Rica für sein Engagement in Sachen Nachhaltigkeit. Just in diesem Moment befindet sich Präsident Rodrigo Chaves in Europa, um über den Schutz der Meere zu sprechen. 

Allianz mit der Dominikanischen Republik, Panama und Ecuador

2025 wird Costa Rica gemeinsam mit Frankreich die Weltozeankonferenz der Vereinten Nationen ausrichten. In der Region ist Costa Rica Treiber der «Allianz für Entwicklung in Demokratie» (»Alianza para el Desarrollo en Democracia»). In dieser Initiative haben sich die Länder Costa Rica, die Dominikanische Republik, Panama und seit 2022 auch Ecuador zusammengeschlossen.

Es geht darum, basierend auf dem verbindenden Element der demokratischen Werte die Herausforderungen der Region anzugehen und gleichzeitig Investitionen anzulocken und gemeinsame Interessen voranzutreiben.

Die Mordrate steigt

Allerdings steht Costa Rica auch vor einigen zentralen Herausforderungen. Dazu zählen die wachsende soziale Kluft und die zunehmende Unsicherheit. 2022 war das Jahr mit der höchsten Mordrate in der Geschichte des Landes. Es gibt Gegenden in Costa Rica, in denen die Mordrate im letzten Jahr doppelt so hoch war wie die des für seine Unsicherheit berüchtigten Honduras. Verantwortlich sind dafür insbesondere die zunehmende Drogenkriminalität und Konflikte zwischen organisierten Banden.

Eine weitere Herausforderung ist – insbesondere für die katholische Kirche im Land – die Lage im Nachbarland Nicaragua. Dort steht die katholische Kirche im Visier der staatlichen Verfolgung. Der prominenteste politische Häftling des Landes ist der Bischof von Matagalpa, Rolando Álvarez. Er wurde kürzlich zu einer 26-jährigen Haftstrafe verurteilt und sitzt nun in Einzelhaft in einer Hochsicherheitszelle im Gefängnis Chipote. 

Krise in Nicaragua

Andere hochrangige Angehörige der katholischen Kirche wurden des Landes verwiesen oder sind ins Exil geflüchtet. Seit 2018 werden Kirchenvertreter systematisch von Polizei und Justiz schikaniert, weil sie die Menschenrechtsverletzungen der Regierung kritisieren. Es bedarf des Einsatzes der internationalen Gemeinschaft, um die Gewährung der Menschenrechte sowie die Rückkehr zu demokratischen Prozessen und die Freilassung des zu Unrecht verurteilten Bischofs Álvarez einzufordern. 

Bischof Rolando Alvarez betete vor seinem Haus. Mittlerweile sass er im Gefängnis. Jetzt wird er vom Ortega-Regime abgeschoben in den Vatikan.
Bischof Rolando Alvarez betete vor seinem Haus. Mittlerweile sass er im Gefängnis. Jetzt wird er vom Ortega-Regime abgeschoben in den Vatikan.

Das wird insbesondere den künftigen Nuntius in Costa Rica beschäftigen, denn seit Nicaragua die diplomatischen Beziehungen zum Vatikan ausgesetzt hat, befinden sich keine diplomatischen Vertreter des Heiligen Stuhls mehr im Lande.

* Evelyn Gaiser leitet das Auslandsbüro der Konrad-Adenauer-Stiftung in Costa Rica. Sie äussert sich auf Anfrage von kath.ch zur möglichen Versetzung Georg Gänsweins auf den Nuntiatur-Posten von San José.

Costa Rica spielt auch am Genfer UN-Standort eine – im Verhältnis zur Grösse des Landes – wichtige Rolle. Und zwar als Mitglied des UN-Menschenrechtsrats. 


Erzbischof Georg Gänswein und Papst Franziskus. | © KNA
21. März 2023 | 21:33
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