Irme Stetter-Karp und Bischof Georg Bätzing.
International

Irme Stetter-Karp: Es war vom Teufel die Rede – in dem Moment gingen die Blicke zu mir

Die Schweizer Delegation sieht ihre Reise zum synodalen Prozess nach Prag als Erfolg. «Alle Tabu-Themen kamen auf den Tisch. Das wäre vor Jahren undenkbar gewesen», sagt Tatjana Disteli. Kritik übt die oberste deutsche Katholikin Irme Stetter-Karp: «Der BegriffTeufel’ wurde genannt und in dem Moment kamen die Blicke zu mir. Das tut weh.»

Annalena Müller und Raphael Rauch

Die letzten vier Tage waren lang. Der Tag begann für die Delegationen mit einer Messe um 7.30 Uhr und endete oft erst in der Nacht. Denn die Gespräche aus den Arbeitsgruppen gingen oft nach dem Nachtessen weiter. Alles in allem zeigt sich die Schweizer Delegation in Prag zufrieden mit dem Verlauf der Synode. Die drei Delegierten sagen, sie hätten die Tage als Prozess wahrgenommen, in dem sich etwas in Bewegung gesetzt habe.

Begegnung im Zentrum

Auf die Frage, was das Highlight der letzten Tage war, sagt Bischof Felix Gmür: «Begegnung». Das sei auch das Ziel der Synode gewesen – Begegnungen zu ermöglichen. Und das sei gelungen. Enttäuschendes gab es für den Bischof nicht. Auch wenn der vorläufige Text über die europäischen Ergebnisse zu vage sei. Die Konflikte hätten klarer benannt werden sollen, findet der Präsident der Schweizer Bischofskonferenz.

Die Schweizer Delegation in Prag: Von links Helena Jeppesen, Tatjana Disteli und Bischof Felix Gmür.
Die Schweizer Delegation in Prag: Von links Helena Jeppesen, Tatjana Disteli und Bischof Felix Gmür.

Die beiden Frauen der Schweizer Delegation hatten sehr wohl Tiefpunkte. Manche Diskussionen seien persönlich geworden. «Man wurde indirekt als ungläubig bezeichnet», sagt Helena Jeppesen. Ein paar Delegierte hätten nach dem Schweizer Statement jeglichen Augenkontakt mit den beiden Frauen gemieden. Das seien aber Ausnahmen gewesen, betont Tatjana Disteli. «Alle anderen Begegnungen waren sehr, sehr positiv. Alle Tabu-Themen kamen auf den Tisch. Wir haben kein Blatt vor den Mund genommen und offen diskutiert. Das wäre vor Jahren undenkbar gewesen.»

Irme Stetter-Karp und der Teufel

Tatjana Disteli ist zuversichtlich, dass es nun gut kommt mit Franziskus’ Vision einer synodalen Kirche. Sie setzt auf Menschen wie den Luxemburger Kardinal Jean-Claude Hollerich, die für Kirchenreformen kämpfen.

Irme Stetter-Karp, Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK)
Irme Stetter-Karp, Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK)

Und trotzdem gibt es auch in Prag Rückschläge. Irme Stetter-Karp, Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, findet in ihrem Abschlusskommentar drastische Worte. «Ich habe vorhin wahrgenommen, dass der Begriff ›Teufel’ genannt wurde und in dem Moment Blicke zu mir kamen. Das tut weh.» 

Nur Männer stehen um den Altar

Nicht nur Ton und Blicke seien manchmal verletzend gewesen. Für Helena Jeppesen waren die klerikal geprägten Gottesdienste «mühsam und ganz aus der Zeit gefallen». Nur Männer standen in den letzten Tagen um den Altar. Nicht einmal Ministrantinnen habe es gegeben, kritisiert Helena Jeppesen. Immerhin sei die eine oder andere Lesung von einer Frau vorgetragen worden. 

Erzbischof Franz Lackner (Salzburg) und Bischof Felix Gmür (Basel) in Prag.
Erzbischof Franz Lackner (Salzburg) und Bischof Felix Gmür (Basel) in Prag.

Trotz der schwierigen Momente und der Spannungen zwischen den Delegierten sei der Austausch auf der Synode fruchtbar gewesen. «Wir lernen einander zuzuhören und uns zu verstehen. Wir sind auf dem Weg zueinander», sagt Tatjana Disteli.

Gute Kommunikation untereinander, Kritik am CCEE

Unzufrieden ist die Schweizer Delegation mit der Kommunikation der Organisatoren, dem Rat der europäischen Bischofskonferenzen CCEE mit Sitz in St. Gallen. Auf die Frage, was die Bischöfe am Freitag und Samstag diskutieren werden, sagt Bischof Felix Gmür: «Ich weiss es nicht.» Auch die anderen Bischöfe wüssten nicht, was man genau von ihnen erwarte. 

Texte zum synodalen Prozess.
Texte zum synodalen Prozess.

Die zurückhaltende Kommunikation des CCEE hat auch Spuren im Abschlussdokument hinterlassen. Das 20-seitige Dokument, das am Donnerstagmorgen den Delegierten vorgelesen wurde, trägt nochmals die Hauptthemen der letzten Tage zusammen. Die finale Fassung werde es erst in einigen Wochen geben. Zuvor haben die Delegierten nochmals Zeit, über das redigierte Dokument zu schauen und Feedback zu geben.

Über Tabu-Themen sprechen – und handeln

Handlungsempfehlungen für die Synode in Rom im Oktober oder auch konkrete Vorschläge, wie die Spannungen zwischen den traditionellen und progressiven Lagern aufgelöst werden können, findet man darin nicht. Das kritisiert auch der Basler Bischof Felix Gmür.

Tatjana Disteli an der Synode in Prag.
Tatjana Disteli an der Synode in Prag.

Insgesamt sei die Schweizer Delegation jedoch sehr zufrieden, betont Tatjana Disteli. Sie ist überzeugt: Wenn wie in Prag offen über Tabu-Themen gesprochen werden könne, dann münde das früher oder später auch ins konkrete Handeln.

Schweizer Impulse im Schlussdokument

Helena Jeppesen betont: «Unsere Anliegen wurden in der Versammlung gut aufgenommen und mehrere Sätze aus dem Schweizer Statement sind im Schlussdokument gelandet!»

Helena Jeppesen-Spuhler, Mitarbeiterin des Hilfswerks Fastenaktion, beim synodalen Prozess in Prag. Sie ist nun an der Weltsynode in Rom.
Helena Jeppesen-Spuhler, Mitarbeiterin des Hilfswerks Fastenaktion, beim synodalen Prozess in Prag. Sie ist nun an der Weltsynode in Rom.

Konkret nennt Helena Jeppesen den Passus im Schweizer Statement, der vom Ausschluss queerer Menschen spricht: «Sie wünschen sich sichere Begegnung und ehrlichen Dialog auf Augenhöhe.» Dieser Satz habe es ebenso ins Schlussdokument geschafft wie der Hinweis, die Kirche könne aufgrund der vielen Krisen sich «nur glaubwürdig engagieren, wenn wir auch unsere internen Probleme bearbeiten und lösen». Auch bei den Punkten Liturgie und Auftrag/Mission in der Welt seien Schweizer Impulse aufgegriffen worden.

Entsprechend lautet Helena Jeppesens Fazit: «Wir als Schweizer Delegation haben unsere Ziele weitgehend erreicht.»

Änderungen am Text sind noch möglich

Zum weiteren Vorgehen teilte der CCEE am Donnerstag mit: «Der Redaktionsausschuss legte der Versammlung einen Entwurf des Schlussdokuments vor. Das Dokument wurde nach den Hinweisen und Worten der Versammlung verfasst und nicht im Voraus vorbereitet, so dass es ein vorläufiges Dokument ist, das noch den Änderungen der Versammlung und einigen redaktionellen Anpassungen unterliegt. 

Das Dokument, das von der Versammlung angenommen wurde, wird nach den geforderten Änderungen an alle Teilnehmenden zurückgeschickt, um eventuell noch einmal überarbeitet zu werden, bevor es an das Generalsekretariat der Synode weitergeleitet wird.

Die Schlussfolgerungen des Dokuments, die entsprechend den Hinweisen der Versammlung geändert wurden, können als erste Frucht der Arbeit dieser Tage betrachtet werden. Sie werden Ihnen in vollem Umfang übermittelt. Das Dokument kann zur gemeinsamen Reflexion verbreitet werden.»


Irme Stetter-Karp und Bischof Georg Bätzing. | © KNA
9. Februar 2023 | 19:23
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