Werbeplakat Konzernverantwortungsinitiative
Schweiz

Schweizer Volks-Initiative für Menschenrechte gestartet: Firmen vor unlauterem Wettbewerb schützen

Bern, 21.4.15 (kath.ch) 66 Schweizer Organisationen haben die Konzernverantwortungsinitiative lanciert. Künftig sollen Unternehmen mit Sitz in der Schweiz verantwortlich gemacht werden können, wenn sie oder ihre Subunternehmen im Ausland verantwortlich sind für Umweltschäden und Menschenrechtsverletzungen. Die Initiative, die am Dienstag, 21. April in Bern vorgestellt wurde, deckt Delikte wie etwa Steuersünden nicht ab.

Georges Scherrer

Die Initianten geben sich zuversichtlich trotz der Widerstände, die aus verschiedenen Wirtschaftskreisen zu erwarten sind. Die Geschäftsleiterin von Amnesty International (AI) Schweiz, Manon Schick, erklärte, zahlreichen Schweizer Unternehmen, welche die Menschenrechtsstandards in ihren Produktionsketten einhalten, entstehe ein Nachteil gegenüber Firmen, welche die  Menschenrechte missachten. Das sei «unlauterer Wettbewerb». Wer die Menschenrechte nicht einhalte, habe tiefere Produktionskosten.

Ins gleiche Horn blies Andreas Missbach von der Erklärung von Bern (EvB): Wenn ein Unternehmen aufgrund des neues Gesetzes die Schweiz verlassen würde, dann wäre dies das Eingeständnis von Menschenrechtsverletzungen. Ein wichtiges Element des neuen Gesetzes ist gemäss Missbach, dass die Durchsetzung des Gesetzes nur über die Haftung erfolgt. Es kann also nur ein direkt Geschädigter klagen.

«Recht ohne Grenzen» trägt Früchte

Die neue Initiative geht zurück auf die im Jahr 2011 lancierte Kampagne «Recht ohne Grenzen». Diese forderte, dass Schweizer Unternehmen auch bei ihren Tätigkeiten im Ausland Menschenrechte und Umwelt respektieren sollen. Der Bundesrat habe nach der Einreichung von 135›000 Unterschriften, welche die Kampagne unterstützen, die grosse Verantwortung von Schweizer Unternehmen im beanstandeten Bereich anerkannt, aber auf freiwillige Kontrolle gesetzt. Diese «Selbstregulierung» habe sich immer als «sehr begrenzt» entpuppt, beklagte in Bern die AI-Vertreterin.

Von einer «Blindheit» des Bundesrates sprach der Geschäftsleiter von Alliance Sud, Peter Niggli. Die Schweiz hat international verschiedentlich negative Schlagzeilen gemacht, was den Bundesrat störe, der ein gutes Bild des Landes nach aussen vermitteln möchte. 2010 liess sich in Basel die internationale Söldnerfirma Aegis nieder. Auf einmal wurde befürchtet, dass von der neutralen Schweiz aus bewaffnete Aktionen im Ausland gestartet werden könnten.

Makulatur aufdecken

Der Bundesrat erklärte 2014 auf Druck der Kampagne «Recht ohne Grenzen», die Schweiz trage als Standort zahlreicher internationaler Unternehmen Verantwortung für die Einhaltung der Menschenrechte, «namentlich auch in Ländern mit ungenügender Rechtsstaatlichkeit». Zahlreiche Unternehmen hätten in den vergangenen Jahren die «Sorgfaltsprüfungspflicht» bezüglich Umwelt und Menschenrechte eingeführt. Diese interessierte in der Regel aber nur die Rechtsabteilungen und die PR-Leute der Firmen, so Niggli. Die neue Initiative wolle ein Rechtsmittel schaffen, das diese Pflicht auch praktisch umsetzt.

Der ehemalige Präsident des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes, Cornelio Sommaruga, war nach Bern gereist, um der neuen Initiative seine Unterstützung zu geben. Während Jahrzehnten reiste er in verschiedenen wichtigen Funktion durch zahlreiche Länder. Immer wieder sei er mit kritischen Stimmen von Regierungsvertretern konfrontiert worden, die beklagten, die Arbeiter würden durch Schweizer Unternehmen schlecht behandelt, die Luftverschmutzung sei schlecht für die Menschen vor Ort. «Und wenn es auch noch um Verletzungen der Menschenrechte geht, dann will ich nicht schweigen», sagte Sommaruga.

Mit Paukenschlag wach rütteln

Die Schweiz müsse verbindliche Richtlinien bezüglich der Einhaltung der Menschenrechte und der internationalen Umweltstandards für Unternehmen einführen. Das könne nur durch einen «Paukenschlag» geschehen, wie ihn die neue Initiative darstelle. Die Schweiz müsse es vermeiden, dass sie wegen der Nichteinhaltung der Menschenrechte international an den Pranger gestellt werde, so dass ihr Handlungsspielraum eingeschränkt werde, so Sommaruga

Die Initiative soll die rechtlichen Grundlagen schaffen, um fehlbare Unternehmen zur Rechenschaft ziehen zu können. Die Schweiz, in welcher zahlreiche multinationale Unternehmen und internationale Organisationen ihren Sitz haben, müsse bei den Menschenrechten eine Vorreiterrolle einnehmen, sagte die AI-Geschäftsleiterin.

Zu den Organisationen, welche die Initiative unterstützen, gehören Alliance Sud, das Fastenopfer, Brot für alle, Jesuitenweltweit, der Schweizerische katholische Frauenbund (SKF), Interteam und mehrere Dutzend weitere Organisationen. (gs)

Werbeplakat Konzernverantwortungsinitiative | © 2015 Alliance Sud
21. April 2015 | 15:45
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Nächste Fastenkampagne widmet sich neuer Initiative

Das katholische Hilfswerk Fastenopfer wird die Themen der Konzernverantwortungsinitiative in den nächsten beiden Kampagnen, die es zusammen mit Brot für alle durchführt, aufnehmen und vertiefen. Für die Online-Kampagne im August 2015 und während der Ökumenischen Kampagne 2016 werden Beispiele aus den Projektländern vorgestellt werden. Die Organisation will zeigen, wie «wie Schweizer Konzerne vor Ort Menschenrechte und/oder Umweltschutz grob vernachlässigen». Das Fastenopfer gehöre massgeblich zu den 66 Organisationen, welche die neue Initiative vorbereitet und gefördert haben, heisst es in der Mitteilung. (gs)