Kardinal Oswald Gracias, Erzbischof von Bombay.
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Indischer Kardinal verteidigt Segnung homosexueller Paare

Der indische Kardinal Oswald Gracias steht hinter der unlängst vom Vatikan erlaubten Segnung homosexueller Paare. Das umstrittene Dokument «Fiducia supplicans» der Glaubensbehörde über die nicht-liturgische Segnung von «Paaren in irregulären Situationen» sieht der Erzbischof von Mumbai als «Bestätigung unserer Spiritualität und ein Geschenk».

Jesus habe niemals eine Segnung verweigert. «Das ist der Grundgedanke», sagte Oswald Gracias, ein enger Berater von Papst Franziskus, dem US-Portal «Crux» (Freitag).

Ein homosexuelles Paar wird im Gottesdienst gesegnet.
Ein homosexuelles Paar wird im Gottesdienst gesegnet.

Zudem sei die Bitte um Segnung in der indischen Kultur ein weithin üblicher Brauch. «Unsere indische Mentalität ist so inklusiv und verständnisvoll für Menschen anderer Religionen und Glaubensrichtungen», so der Kardinal. «Alle suchen nach Gott, alle suchen nach der Wahrheit, alle suchen nach Spiritualität.»

Gibt keine Widersprüche

Die Kontroverse in Indien über «Fiducia supplicans» beruhe auf einem Missverständnis. «An der kirchlichen Lehre von der Ehe zwischen Mann und Frau ändert sich überhaupt nichts. Die Tradition der Kirche und des Lehramtes ist sehr klar und es gibt überhaupt keinen Widerspruch», betonte Gracias.

Das neue Vatikan-Papier vom 18. Dezember gestattet erstmals die Segnung von homosexuellen, unverheirateten und wiederverheirateten Paaren. Zugleich hält das Schreiben fest, dass Geistliche solche Paare nicht bei einem Gottesdienst segnen dürfen. Auch muss eine Verwechslung mit einer kirchlichen Trauung ausgeschlossen werden.

Homosexualität bleibt kontroverses Thema

Innerkirchlich löste das Dokument ein geteiltes Echo aus. Vor allem in Afrika und Osteuropa, aber auch in Teilen Lateinamerikas stösst es auf massive Ablehnung. Homosexualität ist auch in der mehrheitlich hinduistischen Gesellschaft Indiens ein kontroverses Thema.

Vielvölkerstaat Indien
Vielvölkerstaat Indien

Im Oktober lehnte das Oberste Gericht eine Legalisierung gleichgeschlechtlicher Ehen ab. Es sei das Vorrecht des Gesetzgebers, über eine Änderung des Eherechts zu entscheiden, hiess es in dem Urteil.

Im September 2018 entschied das Gericht indes einstimmig, dass eine Kriminalisierung von Homosexualität verfassungswidrig sei – und hob den noch aus der britischen Kolonialzeit stammenden Paragrafen 377 auf. (kna)

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Kardinal Oswald Gracias, Erzbischof von Bombay. | © Julia Steinbrecht/KNA
30. Dezember 2023 | 09:00
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