Dieses homophobe Plakat hängt vor der reformierten St. Anna-Kapelle in Zürich.
Schweiz

«Homosexualität ist Sünde»: Homophobes Plakat bei reformierter Kapelle

Im Schaukasten der Zürcher St. Anna-Kapelle ist ein Plakat mit homophoben Sprüchen zu sehen. Es kritisiert «Sodom und Gomorra» und die «Ehe für alle». Die Verantwortlichen waschen ihre Hände in Unschuld. Das Plakat soll jedoch bald entfernt werden.

Wolfgang Holz

Man muss schon genau hinsehen, um den Satz zu erspähen. Es geht um ein Plakat, das im Schaukasten der Zürcher St. Anna-Kapelle ausgehängt ist. Auf dem selbst angefertigten Plakat zum Eidgenössischen Buss- und Bettag ist ganz unten die homophobe Äusserung zu entdecken: «Homosexualität ist Sünde.»

«Busse tun»

Das Plakat trägt das Motto: «Busse tun». Dabei sind auch Tipps vermerkt, wie man Sünden vermeiden kann und wie einem die Sünden vergeben werden.

Die schöne St. Anna-Kapelle in der St. Annagasse - einen Steinwurf entfernt von der Bahnhofstrasse im Zürcher Zentrum.
Die schöne St. Anna-Kapelle in der St. Annagasse - einen Steinwurf entfernt von der Bahnhofstrasse im Zürcher Zentrum.

Das Plakat wirbt dafür, Busse zu tun. Konkret: «Im stillen Kämmerlein seine Sünden vor Gott zugeben (…) Im Beichgespräch (sic!). Die Sünden künftig lassen mit Gottes Hilfe. Zum Busse tun hilft nicht, sich kasteien, sondern fasten.» Weiter unten auf dem Plakat ist vermerkt, dass «wir leider notorische Wiederholungstäter sind».

«Das ist unglaublich und nicht schön.»

Tak Kappes, Pfarrer der St. Anna-Gemeinde

Ganz unten auf dem Plakat, unter einem durchgezogenen Strich, tauchen plötzlich Formulierungen auf wie: «Sodom und Gomorrha-Dämonkratie. Stichwort: Ehe für alle.» Gefolgt schliesslich vom Satz: «Homosexualität ist Sünde.» Dahinter wird eine Bibelstelle im Alten Testament angegeben.

Unterm Strich zu lesen: "Homosexualität ist Sünde".
Unterm Strich zu lesen: "Homosexualität ist Sünde".

«Das ist unglaublich und nicht schön», räumt Pfarrer Tak Kappes in einer spontanen Reaktion ein, angesprochen von kath.ch auf den homophoben Satz. Der 79-Jährige feiert Gottesdienste und ist Seelsorger in der St. Anna-Gemeinde.

«Fundamentalistische Einstellungen»

Laut eigenen Angaben ist Tak Kappes «sehr beliebt» für seine Predigten. «Ich finde diese Äusserung schrecklich – und kann mir nicht erklären, wie dieser Satz zustande gekommen ist oder wer dafür verantwortlich ist.» Er weist darauf hin, dass es bei den Reformierten auch pietistische, «fundamentalistische Einstellungen» gebe.

«Das ist nicht ok. Homosexualität ist eine Veranlagung.»

Walter Tanner, Präsident der St. Anna-Gemeinde

Auch der Präsident der reformierten Gemeinde St. Anna in Zürich, Walter Tanner, ist überrascht von dem homophoben Kommentar im Schaukasten.  «Das habe ich nicht gesehen. Das ist nicht Okay», sagt er. Er würde solche Aushänge nicht selbst verfassen. «Homosexualität ist eine Veranlagung», erklärt er.

Schön schmiedeisern: Die Verzierung an den Fenstern des Eingangsportals der St. Anna-Kapelle. Sie steht seit 2013 unter Denkmalschutz.
Schön schmiedeisern: Die Verzierung an den Fenstern des Eingangsportals der St. Anna-Kapelle. Sie steht seit 2013 unter Denkmalschutz.

Sagt’s und verspricht, das Skandal-Plakat sobald wie möglich aus dem Schaukasten entfernen zu lassen. Das Plakat ist hinter einem Glas – die homophoben Sprüche müssen also bereits beim Aufhängen draufgestanden sein. Wer das Plakat aufgehängt hat, ist unklar.

«Wir kennen diese Einstellung»

Die Kapelle befindet sich in der gleichnamigen Annagasse, ganz in der Nähe des Kaufleuten. Die St. Anna-Kapelle gehört der Stiftung der Evangelischen Gesellschaft des Kantons Zürich. Diese vermietet die Kirche an den St. Anna-Verein der Kirchgemeinde.

«Der Verein hat ein Recht, dort zu sein», gibt eine Mitarbeiterin der Stiftung gegenüber kath.ch Auskunft. Angesprochen auf die homophobe Äusserung auf dem Plakat im Schaukasten meint die Mitarbeiterin: «Wir kennen diese Einstellung, wir können aber nichts dagegen unternehmen.»

Reaktion der Zürcher Landeskirche

«Der betreffende Satz auf dem Plakat, «Homosexualität ist Sünde», steht in diametralem Gegensatz zur Position, zur Haltung und zum Engagement der reformierten Landeskirche. Wir haben uns 1999 für alle durch die Kirche erfolgten Diskriminierungen der Vergangenheit gegenüber homosexuellen Menschen entschuldigt und betont, dass die sexuelle Ausrichtung eines Menschen in keinem kirchlichen Zusammenhang ein Kriterium darstellen dürfe. Platz und Stellenwert der Homosexualität unterscheiden sich in der reformierten Landeskirche grundsätzlich in keiner Weise von anderen Formen der Sexualität.» 

Nicolas Mori ist Sprecher der Reformierten Kirche im Kanton Zürich. Er verurteilt gegenüber kath.ch das homophobe Plakat vor der Zürcher St. Anna-Kapelle. (rr)


Dieses homophobe Plakat hängt vor der reformierten St. Anna-Kapelle in Zürich. | © kath.ch
27. September 2022 | 17:15
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