Patriarch Louis Raphael I. Sako
International

Heilige Pforte in Bagdad eröffnet

Rom/Bagdad, 21.12.15 (kath.ch) Mit etwas Verspätung hat sich am Abend vor dem 4. Adventsonntag auch in Bagdad eine Heilige Pforte geöffnet. Patriarch Louis Sako wünscht sich, dass auch die Christen im Irak am weltweiten Jubeljahr der Barmherzigkeit teilnehmen können. Die Heilige Pforte führt in die Mariä-Schmerzen-Basilika in der irakischen Hauptstadt, wie Radio Vatikan am Montag, 21. Dezember, berichtete.

«Eine Heilige Pforte zu öffnen, ist etwas Symbolisches», erklärte Erzbischof Sako, und ergänzte: «Es bedeutet, wegzukommen von dem, was wir hier durchmachen, und auf Erbarmen, Versöhnung und Vergebung zuzugehen.» Die jetzige Lage sei furchtbar, aber «nicht das Ende der Welt». Denn auch hinter diesem starken Leiden «nehmen wir die Hand Gottes wahr, die uns rettet». Ohne die Schwierigkeiten zu leugnen würden die Christen bekennen: «Gott ist stärker als der Tod», sagte das irakische Kirchenoberhaupt im Interview mit Radio Vatikan.

Mehr erhofft von muslimischen Führern

Angesichts der Christenverfolgung in Teilen des Irak sei dieser Mutzuspruch wichtig. «Ich hatte so gehofft, dass auch muslimische Führer eine Erklärung abgeben würden, damit das ein Jahr der Barmherzigkeit für alle sein könnte. Denn auch für sie ist Gott ja der Barmherzige. Einige haben diese Botschaft verstanden. Aber ich hatte mir viel von den schiitischen und sunnitischen Führern erwartet: dass sie, wie der Papst, ein Jahr der Barmherzigkeit und der Versöhnung ausrufen würden, angesichts dieses Krebsgeschwürs von Fundamentalismus und Terrorismus», so Sako.

Die Christen im Irak müssten sich auch heuer «unter bedauernswerten Umständen» auf das grosse Fest vorbereiten. Dabei denke er in erster Linie an die mehr als 120’000 christlichen Flüchtlinge aus Mossul und den Städten der Ninive-Ebene, die dieses Jahr zum zweiten Mal das Weihnachtsfest in der Verbannung begehen müssten, zitierte «AsiaNews» am Wochenende aus Sakos Botschaft zum Heiligen Jahr und Weihnachten. Es bestehe wenig Hoffnung, dass sie in kurzer Frist in ihre Häuser zurückkehren können, aus denen sie von den IS-Terroristen vertrieben wurden.

«Fragile Hoffnung»

100’000 der 120’000 Flüchtlinge leben jetzt im Kurdengebiet. Der chaldäisch-katholische Erzbischof von Erbil, der Hauptstadt der kurdischen Region des Irak, Bashar Warda, sagte im Gespräch mit «AsiaNews», die Christen in diesem Gebiet würden in einem Klima «fragiler Hoffnung» den Advent und die Weihnachtszeit erleben. Auch wenn die meisten Flüchtlinge nicht mehr in Zelten leben müssten, hätten sie grosse Schwierigkeiten bei der Suche nach Arbeit. Der grösste Wunsch der Flüchtlinge sei es aber, in ihre Städte und Dörfer zurückkehren zu können, um dort ihr Leben wieder aufzubauen. Er hoffe sehr, dass die Christen im Westen diesen Wunsch «im Gebet und in Solidarität unterstützen», so Erzbischof Warda.

Die Eröffnung der neuen katholischen Universität in Erbil und die Öffnung der Heiligen Pforte des Jahres der Barmherzigkeit in der Josefskathedrale in Ankawa, einem Vorort von Erbil, und in zahlreichen anderen Kirchen der Diözese habe den Christen Hoffnung gegeben, unterstrich der chaldäisch-katholische Erzbischof. Das Heilige Jahr der Barmherzigkeit sei auch für die bedrängten Christen des Zweistromlandes eine Einladung, das Wort Gottes zu hören und sich an seiner Barmherzigkeit zu erfreuen, die «den Schmerzensschrei der Flüchtlinge» aufnimmt. In seinem Hirtenwort zum Jahr der Barmherzigkeit appelliert Erzbischof Warda an Priester, Ordensleute und Laien, «vor allem auf der spirituellen Ebene an diesem gesegneten Jahr Anteil zu haben».

Kritik an Zwangsislamisierung

In Bagdad will Patriarch Sako diese Woche ein Camp mit christlichen Flüchtlingen besuchen, um dort die Messe zu feiern. «Es gibt in Bagdad 1000 Flüchtlingsfamilien. Sie haben da ein Zelt, das als Kapelle eingerichtet ist; da werde ich auch für sie eine Heilige Pforte öffnen und sie alle zum Essen einladen, um ihnen etwas Mut zu geben. Wir haben nichts mehr, wir sind bedrängt, aber nicht erdrückt», berichtete Sako .

Er beklagte die weiterhin drohende gesetzliche Zwangsislamisierung von Minderjährigen, bei denen ein Elternteil zum Islam konvertiert. Das Problem sei noch nicht endgültig überwunden, bedauerte der Patriarch. Die vereinbarte Novellierung der entsprechenden Bestimmung im Gesetz über die Personalausweise habe noch keine Rechtskraft. Das Verhalten der Abgeordneten in diesem Zusammenhang habe den christlichen Familien und ihren Kindern eine «tiefe Wunde» zugefügt. Man habe das Gefühl, dass «die Grundfreiheiten und Grundrechte für die Christen nicht gelten». (kap)

Patriarch Louis Raphael I. Sako | © Kirche in Not
21. Dezember 2015 | 11:04
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