Diakon Andreas Barth
Schweiz

«Gott ist inklusiv»: Spezielle Pfingstvesper in St.Gallen

Am kommenden Pfingstsonntag gestalten Menschen mit und ohne Behinderung die traditionelle Pfingstvesper in der Kathedrale St. Gallen. Gebärdensprache, aber auch Szenenspiel und lebendiger Ausdruck bringen inklusive Lebenskraft zum Ausdruck, sagt Diakon Andreas Barth. Anstoss dazu gaben die laufenden Nationalen Aktionstage für Behindertenrechte.

Wolfgang Holz

Herr Barth, warum findet in diesem Jahr an Pfingsten in St. Gallen eine inklusive Pfingstvesper statt – an der insbesondere Menschen mit Behinderungen teilnehmen?

Andreas Barth: Gestern wurden schweizweit die Nationalen Aktionstage für Behindertenrechte eröffnet, die einen Monat lang dauern. Währenddessen feiert die Schweiz das 20-Jahr-Jubiläum des Behindertengleichstellungsgesetzes sowie das 10-Jahr-Jubiläum der Gültigkeit der Uno-Behindertenrechtskonvention. Da unsere SeelsorgePlus an mehreren Aktionen in St. Gallen und im Thurgau beteiligt ist, fühlten wir uns inspiriert, eine inklusive Pfingstvesper zu gestalten. Bischof Markus Büchel wird ebenfalls daran teilnehmen ebenso wie Menschen mit und ohne Behinderungen.

Diakon Andreas Barth (53) ist auch sehr tierlieb - hier mit seinem Esel Beroi.
Diakon Andreas Barth (53) ist auch sehr tierlieb - hier mit seinem Esel Beroi.

Was ist das ganz Besondere an dieser inklusiven Pfingstvesper?

Barth: Etwas Eindrückliches wird sein, dass Menschen mit Beeinträchtigungen die Pfingstvesper aktiv mitgestalten. Eine gehörlose Person wird beispielsweise einen konkreten Psalm gebärden. Eine Blinde wird die Lesung in Braille-Schrift vortragen. Und der Pfingsttext im Neuen Testament wird von der Gruppe des Taubblinden Kulturforums aus dem Thurgau szenisch aufgeführt und dadurch auf ganz besondere Weise für uns alle erlebbar und spürbar gemacht.

Das hört sich sehr interessant an …

Barth: Das ist es auch. Es soll dabei gezeigt werden, dass Gott inklusiv ist. Sprich: Wir können durch das Hinhören und Zuschauen dieser Personen das Geheimnis des Glaubens mitbekommen, welches in den Menschen mit Behinderungen lebt. Wir wollen durch die inklusive Pfingstvesper auch die gesellschaftliche Separation aufheben.

Die Schweizer Fahne hängt zwischen den Türmen der Kathedrale St.Gallen
Die Schweizer Fahne hängt zwischen den Türmen der Kathedrale St.Gallen

Wie wichtig ist es denn, Menschen mit Behinderung für andere sichtbar zu machen?

Barth: Das ist sehr wichtig: Weil wir, wie gesagt, in einer Gesellschaft leben, in der wir es gewohnt sind, zu separieren. Dies ist jedoch kein organischer Zustand. Denn jeder Mensch hat seine ganz eigenen Begabungen. Und nicht behinderte Menschen können durchaus einiges von Menschen mit Behinderungen lernen.

Was zum Beispiel?

Barth: Wir können ganz Verschiedenes von Menschen mit Behinderungen lernen. Da ist zum Beispiel die Fähigkeit, auf sein Herz zu hören, ein Gespür fürs Leben von innen heraus zu entwickeln. Da ist die Fähigkeit, durch eine verlangsamte Lebensweise die Erfahrung zu machen, intensiver zu leben und auch kleine Dinge wahrzunehmen. Menschen mit Behinderungen haben auch die Begabung, infolge einer Beeinträchtigung andere Sinne stärker auszuprägen. Wir waren dieses Jahr auf einer Wallfahrt nach Lourdes. Dabei konnten wir miterleben, wie Menschen mit Behinderungen andere Kranke – die sich mit ihrem körperlichen Leiden noch nicht zurechtfinden konnten – getröstet haben. Dadurch ist eine teils grosse Verbundenheit untereinander entstanden.

Anzeige ↓ Anzeige ↑

*Die Pfingstvesper ist traditionell eine besonders festlich gestaltete Andacht mit Musik und Texten. Sie findet am kommenden Sonntag, 19. Mai, von 18 bis 18.50 Uhr in der Kathedrale St. Gallen statt.


Diakon Andreas Barth | © zVg
16. Mai 2024 | 16:30
Lesezeit: ca. 2 Min.
Teilen Sie diesen Artikel!