«Geschwätzige alte Frauen»: Katholikinnen sehen den Papst als Teil einer «Macho-Kultur»

Mal sind Frauen für Papst Franziskus die «Erdbeeren auf der Torte». Nun findet er, Priester sollten sich nicht wie «geschwätzige alte Frauen» verhalten. Solche Aussagen sorgen bei Katholikinnen für Empörung. Die Hoffnung auf eine geschwisterliche Kirche werde so mit Füssen getreten – und zeige, was Franziskus wirklich vom weiblichen Geschlecht denke.

Jacqueline Straub

Bei einem Gespräch mit Ausbildern und Rektoren lateinamerikanischer Priesterseminare kritisierte Papst Franziskus Klatsch und Tratsch untereinander und sagte: «Ihr seid Männer, verhaltet euch wie Männer, seid keine geschwätzigen alten Frauen, bitte.»

Renate Asal-Stegher: verletzende Aussage

Die Geschwätzigkeit von Priestern und Ordensleuten sei dem Papst schon länger ein Dorn im Auge, sagt Renata Asal-Steger, Präsidentin der Römisch-Katholischen Zentralkonferenz der Schweiz. Seine neuste Aussage sei jedoch diskriminierend und verletzend: «Die Hoffnung auf eine geschwisterliche Kirche wird einmal mehr mit Füssen getreten.»

Renata Asal-Steger, RKZ-Präsidentin.
Renata Asal-Steger, RKZ-Präsidentin.

Die Präsidentin des Schweizerischen Katholischen Frauenbundes, Simone Curau-Aepli, liest fast täglich die Aussagen, die Papst Franziskus bei Predigten und Begegnungen mit unterschiedlichen Menschen macht. Als sich der Papst kürzlich in Bahrain für Frauenrechte stark machte, freute sich Simone Curau-Aepli. «Sehr gut, wenn der Papst für gleiche Würde und gleiche Rechte aller Menschen, unabhängig des Geschlechts, einsteht. Dann erwarte ich, dass er dasselbe innerhalb seiner eigenen Organisation endlich umsetzt. Sonst ist er nicht legitimiert, dies von anderen zu erwarten.»

Zu der neusten Aussage des Papstes über die «geschwätzigen alten Frauen» möchte sich die SKF-Präsidentin nicht äussern. «Ich weigere mich, solch despektierliche Aussagen zu rezipieren.» Da dringe die Macho-Kultur eines Argentiniers durch, die er selbst eigentlich verabscheue.

Simone Curau-Aepli ist Präsidentin des Schweizerischen Katholischen Frauenbunds
Simone Curau-Aepli ist Präsidentin des Schweizerischen Katholischen Frauenbunds

Simone Curau-Aepli: Ist Jesu Auferstehung «Geschwätz»?

«Es ist für mich nicht nachvollziehbar und unerträglich, wie junge Männer mit solch konstruierten negativen Frauenbildern zu besseren Menschen werden sollten», sagt Simone Curau-Aepli. Sie fragt sich, ob die Botschaft von Maria von Magdala, dass Christus auferstanden ist, auch als «Geschwätz von Weibern» zu werten sei.

Die ehemalige Vize-Präsidentin der CVP, Rosmarie Zapfl-Helbing, ist über den Papst-Kommentar nicht verwundert: «Diese Aussagen über Frauen zeigt seine Meinung gegenüber dem weiblichen Geschlecht. Traurig, aber wahr», sagt die frühere Nationalrätin.

Chantal Götz
Chantal Götz

Chantal Götz: Papstaussage ist «sehr sexistisch»

Für Chantal Götz ist die Aussage «sehr sexistisch, nicht auszuhalten und inakzeptabel». Die Gründerin der Initiative «Voices of Faith» fragt sich, warum katholische Frauen nicht auf die Barrikaden gehen: «Warum akzeptieren Katholikinnen auch heute noch im 21. Jahrhundert diese sexistische Haltung seitens der Männer? Das Schweigen der Frauen zur misogynen Haltung des Papstes ist ein trauriges Spiegelbild einer tiefen Apathie, wenn es darum geht, die Kirchenführung einschliesslich des Papstes herauszufordern.» Die Kirche dürfe Frauen nicht weiterhin als Bürgerinnen zweiter Klasse behandeln.

Auch in Deutschland sorgt der Papst-Kommentar für Empörung. Die Benediktinerin Philippa Rath wertet ihn als «respektlos, patriarchal, misogyn, ja sogar sexistisch, auf jeden Fall aber als des Papstamtes unwürdig». Die Worte des Papstes beunruhigen sie – zumal er Theologinnen auch schon als «Erdbeeren auf der Torte» betitelte.

Philippa Rath, deutsche Benediktinerin
Philippa Rath, deutsche Benediktinerin

Philippa Rath: Hat der Papst ein Frauenproblem?

«Spontane Äusserungen und Hinzufügungen offenbaren nur allzu oft die Geisteshaltung, die einen Redner prägt.» Die Ordensschwester fragt sich, ob der argentinische Papst ein Frauenproblem oder zumindest ein schräges Frauenbild habe. «Wir würden es uns zu einfach machen, wenn wir dies allein auf sein hohes Alter und seine südamerikanische Herkunft zurückführen würden.»

Sie befürchtet, dass dieses Denken in der klerikalen Männerkirche weit verbreitet ist. «Für die berechtigten Anliegen der Frauen in der Kirche und ihr Engagement für Geschlechtergerechtigkeit ist das wenig verheissungsvoll.» Philippa Rath wünscht sich mehr Achtung, Wertschätzung und ein «deutliches Umdenken».

Monika Wyss wurde 2006 auf dem Bodensee zur katholischen Priesterin geweiht.
Monika Wyss wurde 2006 auf dem Bodensee zur katholischen Priesterin geweiht.

Monika Wyss, die sich 2006 auf einem Donau-Schiff zur Priesterin weihen liess, kann die katholische Kirche nicht mehr ernst nehmen: «Ich finde, die ganze katholische Kirche macht sich im Moment lächerlich.»


Imbegriff des Machismo: die Comicfigur Hulk | © Pixabay/ed_davad, Pixabay License
18. November 2022 | 10:11
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