Die Kathedrale St. Gallen
Schweiz

«Für eine Wallfahrtskirche Eintritt zu verlangen, wäre Unsinn»

Einsiedeln/Luzern/St. Gallen, 18.8.16 (kath.ch) Eintritt für den Besuch einer Kirche zu verlangen, ist in bekannten katholischen Kirchen in der Schweiz bislang kein Thema. Eine Eintrittsgebühr, wie sie seit drei Monaten im Zürcher Fraumünster verlangt wird, ist in der Klosterkirche Einsiedeln, der Kathedrale St. Gallen, der Luzerner Hofkirche und in der Jesuitenkirche Luzern nicht vorgesehen.

Sylvia Stam

Gruppen, welche das Fraumünster in Zürich besichtigen möchten, müssen sich neuerdings voranmelden und eine Gebühr von zwei Franken bezahlen. Einzelne Touristen werden zum freiwilligen Kauf einer Informationsbroschüre aufgefordert, die gleichviel kostet. Wer zum Beten kommt, darf durch einen separaten Eingang gratis in das Gotteshaus. Hintergrund der Massnahme ist die Unruhe, die vor allem durch grosse Besuchergruppen entstanden sei. An Spitzentagen kämen bis zu 2000 Personen ins Fraumünster.

Mit ähnlichen, bisweilen sogar höheren Zahlen kann die Klosterkirche Einsiedeln aufwarten. Je nach Wetter kämen zwischen ein paar Hundert und mehreren Tausend Personen pro Tag in die Kirche, sagte Pater Lorenz Moser, Mediensprecher des Klosters, auf Anfrage. Entsprechend sei die Ruhe in der Kirche immer wieder ein Thema. Die Störungen blieben allerdings meist «in einem erträglichen Rahmen».

Kathedrale St. Gallen: Jährlich eine halbe Million für Unterhalt

«Einen Eintritt zu verlangen, ist bei uns überhaupt kein Thema», so Lorenz dezidiert. «Das wäre für eine Wallfahrtskirche geradezu ein Unsinn». Persönlich kann er sich vorstellen, dass man allenfalls einen freiwilligen Betrag verlangt und diesen für den Unterhalt der Kirche einsetzt.

Genau hierfür, nämlich für Pflege und Unterhalt der Barockkathedrale in St. Gallen, setzt der katholische Konfessionsteil des Kantons rund eine halbe Million Franken pro Jahr ein, ist aus dem Bistum St. Gallen zu erfahren. Ebenso viele Menschen –  Touristen, Gottesdienstbesucher und andere Gläubige – besuchten die Kathedrale pro Jahr, im Schnitt 1370 täglich. Auch Touristengruppen unterhielten sich in der Regel «ruhig und rücksichtsvoll». Wenn es dennoch Störungen gebe, so sei immer jemand in der Kathedrale, der die Leute darauf anspreche und um Ruhe bitte, teilt Bistumssprecherin Sabine Rüthemann mit.

Wie unterscheiden wir, wer beten möchte und wer nur besichtigen?

Solange der Unterhalt aus Kirchensteuern finanziert werden könne, wolle man auch keinen Eintritt verlangen. Denn «wie unterscheiden wir, wer beten möchte und wer nur besichtigen? Wer möchte beides?»  Von den 400 Kerzen, die täglich angezündet würden, stammten vermutlich viele von betenden Touristen. Es sei zudem ein «ungeschriebener Grundsatz», dass alle Kirchen öffentlich zugänglich sein sollen, so Rüthemann. Ausserdem seien unter den Besucherinnen und Besuchern auch viele, welche die Stiftsbibliothek besuchten und hierfür bereits einen Eintritt bezahlt hätten.

Touristen benehmen sich nicht immer passend

Auch in Luzern sieht man keine Notwendigkeit, für den Besuch der Hofkirche St. Leodegar oder für die barocke Jesuitenkirche Eintritt zu verlangen. Thomas Lang, Mitglied im Leitungsteam der Hofkirche, schätzt, dass an Spitzentagen mehrere hundert Personen die Hofkirche aufsuchen, in der Jesuitenkirche sind es laut deren Präfekt Hansruedi Kleiber ähnlich viele.

«Uns ist wichtig, dass die Hofkirche als Kirche wahrgenommen wird», so Lang gegenüber kath.ch. Entsprechend müsse man hier auch Ruhe und Einkehr finden. Die Störungen, sei es durch Touristen, aber auch durch eigene Wartungsarbeiten oder Musikproben, hielten sich bisher insgesamt in Grenzen.

Grundsätzlich freut sich das Team der Hofkirche über Besuche von Touristen. Für sie gebe es eigens ein Faltblatt in vier Sprachen sowie eine App fürs Smartphone. «Zudem bewirtschaften wir auf der Plattform Tripadvisor den Account der Hofkirche und erhalten so regelmässig Touristenfeedback.» Entsprechend ist es für die Kirchgemeinde «vorderhand kein Thema, Eintrittsgelder zu verlangen». Während Gottesdiensten weist eine mehrsprachige Stelltafel auf die Feiern hin. Und wer absolute Ruhe möchte, finde diese in der nahe gelegenen Leonhardskapelle, wo ewige Anbetung praktiziert wird, erklärt Lang.

In der Jesuitenkirche würden Touristen bisweilen zwar als störend empfunden, vor allem dann, «wenn sie nicht wissen, wie sie sich zu benehmen haben», sagt Kleiber. Dennoch ist ein Eintritt auch hier kein Thema: «Die Kirche soll allen und ohne Gebühren offenstehen. Es ist eine Kirche und nicht ein Museum oder bloss ein Kunstdenkmal.»

Kommentar zum Thema: Gastfreundschaft ist keine Frage der Eintrittsgelder

Die Kathedrale St. Gallen | © 2015 Roman Rieger
18. August 2016 | 10:46
Lesezeit: ca. 3 Min.
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