Ein Sternsinger mit Stern wartet auf den Einlass zum Kölner Dom.
International

Für die Sternsinger ist Kölns Wahrzeichen keine Sperrzone

Kölns Wahrzeichen ist wegen einer Terrorwarnung bis auf Weiteres gesperrt und unter Polizeischutz. Nur für Gottesdienste gibt es Ausnahmen, zum Beispiel für den Auftakt der Sternsingeraktion. Kirchgänger, Kölner und Touristen lassen sich den Dom nicht nehmen.

Raphael Schlimbach

Zwischen Absperrgittern und Polizeibeamten vor dem Eingang zum Kölner Dom tummeln sich am Donnerstag Kinder mit Kronen auf dem Kopf. Sie tragen bunte orientalische Gewänder und haben Sterne aus Holz dabei. Ein Junge hebt die Arme in seinem langen braunen Mantel und wird mit dem Metalldetektor abgescannt.

Polizisten kontrollieren einen als König verkleideten Sternsinger.
Polizisten kontrollieren einen als König verkleideten Sternsinger.

Ein kleiner König in der Polizeikontrolle – kein alltäglicher Anblick. Wegen Terrorhinweisen kontrolliert die Polizei aktuell jeden, der in einen Gottesdienst möchte. Zu anderen Zeiten ist der Dom ganz geschlossen.

Nicht so vorgestellt

Die Kinder kommen aus dem ganzen Erzbistum Köln. In einem Gottesdienst werden sie von Kardinal Rainer Maria Woelki offiziell ausgeschickt, um als Sternsinger Spenden für Bedürftige zu sammeln. An der Sicherheitsschleuse wartet eine Gruppe aus Wuppertal. Deren Betreuerin hat gemischte Gefühle: «Uns wurde zwar gesagt, dass wir kontrolliert werden, aber ich hatte mir das nicht so vorgestellt.»

Einlasskontrolle vor dem Hauptportal des Kölner Doms am 28. Dezember 2023 in Köln.
Einlasskontrolle vor dem Hauptportal des Kölner Doms am 28. Dezember 2023 in Köln.

Für die Kinder kam die Schutzmassnahme am Eingang vor der Kathedrale überraschend und war «irgendwie komisch». Trotzdem sei ihre Gruppe nach Köln gekommen, wie jedes Jahr. Von Terrorwarnungen wolle man sich nicht einschüchtern lassen.

Beichten erlaubt

Die Sicherheitsschleuse steht, von der Polizei mit einem Grossaufgebot errichtet, vor dem Eingang an der Kölner Domplatte. Jeder Kirchgänger wird gezählt, durchsucht und mit einem Metalldetektor abgescannt.

Dichtgedrängte Sternsingerinnen und Sternsinger vor der Einlasskontrolle.
Dichtgedrängte Sternsingerinnen und Sternsinger vor der Einlasskontrolle.

Touristinnen und Touristen müssen draussen bleiben, Besuche im Dom sind nur im Rahmen von Gottesdiensten und zur Beichte erlaubt. Nach Angaben der Kölner Polizei zeigen die Gäste Verständnis für die Massnahmen, Zwischenfälle mit wütenden Touristen seien ausgeblieben. Die Vorsichtsmassnahmen sollen noch bis Neujahr gelten.

Eine komische Situation

Trotzdem: Trauer um den gewohnten Alltag am geliebten Dom bleibe, wie eine Mitarbeiterin der Kölner Domschatzkammer kommentiert. «Das ist für uns alle eine komische Situation. Wir sind hier alle traurig. Gestern hat eine Frau angefangen zu weinen.» Die Mitarbeiterin bewacht eine provisorische Weihnachtsmarktbude neben dem Petersportal, an der Gäste kleine Kerzchen anzünden können. Ein bisschen Normalität.

Die Weihnachtsmarktbude wurde vorübergehend umfunktioniert.
Die Weihnachtsmarktbude wurde vorübergehend umfunktioniert.

Der Kölner Dompropst Guido Assmann lud die Menschen dazu ein, mit einem Licht ein Zeichen des Friedens zu setzen. «Möge dieses Friedenszeichen wachsen und sich ausbreiten und als Zeichen der Versöhnung in die ganze Welt hineinstrahlen.»

Lieber vor dem Dom als drinnen

Ein solches Zeichen setzen, das möchte auch die australische Deutschlehrerin Kyley aus Melbourne, die ihren Nachnamen nicht in der Zeitung lesen möchte. Sie zündet eine Kerze in der Bude an, in der bis vor wenigen Tagen noch Fruchtgummis verkauft worden waren. In einen Gottesdienst habe sie sich aber nicht gewagt: «Man ist am Dom sicher, mit all der Polizei. Aber in einer Messe fühle ich mich doch nicht zu 100 Prozent wohl.»

Eine Frau zündet eine Kerze an in der Weihnachtsmarktbude vor dem Kölner Dom.
Eine Frau zündet eine Kerze an in der Weihnachtsmarktbude vor dem Kölner Dom.

Man wisse am Ende eben doch nie, was passieren könne. Bei ihrer aktuellen Deutschlandreise wollte sie auf einen Besuch am Dom trotzdem nicht verzichten. Zuhause erzählt sie davon nichts, um Familie und Freunde nicht zu beunruhigen: «Die haben mich vor meiner Reise schon gewarnt, dass es hier Terrorwarnungen in Europa gibt.»

Dankbar für die Geduld

Trotz Warnungen und Kontrollen sei die Zahl der Gottesdienstbesucherinnen und -besucher an den Weihnachtstagen nicht geringer gewesen als im letzten Jahr, eher höher, schätzt ein Sprecher des Doms.

Auch Touristinnen und Touristen lassen sich vom Polizeiaufgebot nicht abschrecken.
Auch Touristinnen und Touristen lassen sich vom Polizeiaufgebot nicht abschrecken.

Im Jahresschnitt besuchten rund 20’000 Menschen täglich den Dom. Zwischen Weihnachten und Silvester kämen sonst rund 100’000 Besucher. «Wir sind froh und dankbar, dass alle so geduldig und gelassen bleiben und freuen uns über jeden, der auch in diesen Tag die Liturgien im Dom besucht», so der Domsprecher.

Kein Sprengstoff gefunden

Die Polizei hatte seit Samstagabend die Sicherheitsmassnahmen rund um den Dom massiv verstärkt. In der Nacht zu Sonntag durchsuchten Einsatzkräfte die Kathedrale, fanden aber keinen Sprengstoff. In die Ermittlungen einbezogen wurde der Staatsschutz, der auf politisch motivierte Kriminalität spezialisiert ist.

Gruppenfoto mit Engel, den heiligen drei Königen und einem Polizisten.
Gruppenfoto mit Engel, den heiligen drei Königen und einem Polizisten.

Die Polizei nahm in diesem Zusammenhang an Heiligabend in Wesel einen 30-jährigen Mann in Gewahrsam. Wie die Polizei am Mittwochabend mitteilte, lägen zu ihm staatsschutzrelevante Erkenntnisse vor. Ein Gericht ordnete Polizeigewahrsam zur Gefahrenabwehr bis zum 7. Januar an. (kna)

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Ein Sternsinger mit Stern wartet auf den Einlass zum Kölner Dom. | © KNA
29. Dezember 2023 | 12:00
Lesezeit: ca. 3 Min.
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