Priester Dieter Hattrup in der Katholischen Kirche St. Peter und Paul in Zürich.
Schweiz

Frau ohne Maske in der Kirche: Sekretärin droht mit Polizei

Seit heute gilt eine Maskenpflicht in allen Kirchen der Schweiz. In der Zürcher Gemeinde Peter und Paul weigern sich manche Gläubige, eine Maske anzuziehen. Ein Priester rechnet mit einem Rückgang der Gottesdienstbesucher.

Alice Küng

«Hier gilt Maskenpflicht.» Nicht zu übersehen hängt das orangene Poster des BAG an der Eingangstür der Katholischen Kirche St. Peter und Paul in Zürich. Seit diesem Montag gilt eine schweizweite Maskenpflicht in allen öffentlich zugänglichen Innenräumen. So auch in den Kirchen.

Auch in der Kirche St. Peter und Paul in Zürich gilt die Maskenpflicht.
Auch in der Kirche St. Peter und Paul in Zürich gilt die Maskenpflicht.

Nicht alle Kirchenbesucher wollen die Anweisung befolgen. Eine ältere Frau sitzt ohne Maske in den hinteren Reihen der Kirche. «Bitte ziehen Sie eine Maske an», sagt die Pfarramtssekretärin und reicht ihr eine Hygienemaske.

Doch die Besucherin bleibt stur. Die Sekretärin weist sie auf die Vorschriften des Bundes hin. «Wer ist höher: Der Bund oder Gott?», entgegnet ihr die Kirchgängerin. Die Sekretärin bleibt standhaft und sagt: «Entweder Sie ziehen eine Maske an oder Sie verlassen die Kirche. Sonst rufe ich die Polizei.» Daraufhin zieht die Frau verärgert von dannen.

Der Priester Dieter Hattrup trägt am Altar keine Maske.
Der Priester Dieter Hattrup trägt am Altar keine Maske.

Das Atmen ist schwer 

Die Angestellten der Gemeinde müssen auch einige andere Kirchgänger auf die neuen Verordnungen hinweisen. Als der Gottesdienst um 9.15 Uhr beginnt, tragen die meisten der rund 40 Anwesenden eine Maske. Nur hie und da ragt eine Nasenspitze oder ein Mundansatz hinter einer Maske hervor. Für die laut gesprochenen Gebete ziehen sie einige Gläubige aber zum Kinn herunter.

Erika Stadler sieht den Sinn von Masken ein.
Erika Stadler sieht den Sinn von Masken ein.

«Mit Maske kann ich einfach nicht so gut atmen», sagt Erika Stadler. Dem pflichtet Silvia Imbach-Straumann bei: «Es ist ärgerlich, dass mit der Maske die Brille immer anläuft.» Auch das gegenseitige Grüssen ohne Mimik sei schwierig. Den Sinn dahinter sehen die beiden aber schon. «Nicht alle halten den Mindestabstand immer ein», sagt Imbach-Straumann.

Was schützt wirklich?

Mit offenen Armen heisst der Priester Dieter Hattrup seine Gemeinde willkommen. Eine Maske trägt er nicht. «Wenn ich vorne beim Altar stehe, dann bin ich von den anderen weit entfernt», sagt Hattrup. Der Gottesdienstbesucher Peter Katz dankt ihm für diese Entscheidung: «Wenn auch der Priester während der Messe eine Maske getragen hätte, wäre ich gegangen.»

Peter Katz: "Die Maske macht uns alle zu Zombies."
Peter Katz: "Die Maske macht uns alle zu Zombies."

Katz leuchtet die Maskenpflicht generell nicht ein. Er spricht von einer «grossen Katastrophe». «Wenn wir alle in der Kirche eine Maske tragen müssen, dann glauben wir ja nicht mehr, dass Gott uns schützt», sagt er. Die Maske sei «nutzlos und sogar schädlich». «Sie macht uns alle zu Zombies und schafft die Menschlichkeit ab», sagt Katz.

Keine Mundkommunion

Feierlich wandelt der Priester Brot und Wein zu Leib und Blut Christi. Zur Kommunionspende zieht Hattrup eine Maske an und desinfiziert sich die Hände. Eine Plexiglas-Stellwand mit einer viereckigen Öffnung wird aufgestellt. Die Gläubigen bekommen die Hostie durch ein Fenster gereicht. «Auf die Mundkommunion verzichten wir im Moment», sagt der Priester.

Durch die Maske fühle er sich eingeschränkt, sagt Hattrup. «Die Unmittelbarkeit zu den Leuten geht verloren», sagt er. Weil er aber ein vernünftiger Mensch sei, lasse er sich von Hygienemassnahmen nicht allzu sehr stören. «Ich vermute, dass wegen der verschärften Regeln weniger Gläubige in die Kirche kommen», sagt der 72-Jährige. Hattrup hofft aber auch auf einen positiven Effekt: «Ich wünsche mir, dass jetzt mehr Leute erkennen, dass die Wahrheit nicht im Aussen, sondern im Drinnen ist.»

Die Werktagsmesse ist schnell vorbei. Nach 30 Minuten ist der Segen gespendet, Orgelmusik ertönt zum Schlusslied. Leise singen die Gläubigen mit. «Corona hat den gemeinsamen Gesang gedämpft», sagt Hattrup. Silvia Imbach-Straumann bedauert das: «Ich vermisse das freie Singen.» Wie sie möchte auch Peter Hug künftig nicht auf den Kirchgang verzichten. «Für die Zusammenkunft lohnt es sich, auch mit Maske in die Kirche zu kommen», sagt der 99-Jährige. 


Priester Dieter Hattrup in der Katholischen Kirche St. Peter und Paul in Zürich. | © Alice Küng
19. Oktober 2020 | 16:27
Lesezeit: ca. 3 Min.
Teilen Sie diesen Artikel!

weitere Artikel der Serie «Coronavirus»