Flurina Cavegn-Tomaschett, Seelsorgerin in Ilanz.
Schweiz

Flurina Cavegn-Tomaschett: «Kirche sind nicht nur die Amtsträger, sondern alle Menschen»

Das Bistum Chur will die Partizipation in der Kirche fördern. Am Mittwoch hat Bernhard Willi die neue «Handreichung für eine synodale Kirche» präsentiert. Wie kommt sie bei den Seelsorgenden an? Kath.ch hat Flurina Cavegn-Tomaschett aus Ilanz gefragt. Bald gibt es eine Übersetzung in Italienisch, aber nicht auf Rätoromanisch.

Charles Martig

Sie waren am Mittwoch in Einsiedeln. Das Bistum Chur hat die «Handreichung für eine synodale Kirche» präsentiert. Was hat das bei Ihnen ausgelöst?

Flurina Cavegn-Tomaschett*: Ich schätze die Handreichung sehr, weil wir damit die Synodale Kirche umsetzen können. Wie bin ich unterwegs? Wie sind wir als Pfarrei und als Bistum verankert in der Synodalität? Das sind Fragen, die mich beschäftigen.

«Ein wichtiges Thema der Handreichung heisst uscire.»

Welches Thema hat Sie besonders angesprochen? 

Cavegn-Tomaschett: Ein wichtiges Thema der Handreichung heisst «uscire». Das bedeutet hinausgehen in die Welt. Jetzt stellt sich für uns die Frage: Welche Ideen hat der Pfarreirat, damit wir in der Welt präsent sein können? Das kann der Markt, der Bahnhof oder ein Einkaufszentrum sein.

Bernhard Willi präsentiert die Handreichung für eine synodale Kirche in Einsiedeln.
Bernhard Willi präsentiert die Handreichung für eine synodale Kirche in Einsiedeln.

An wen richtet sich das Dokument?

Cavegn-Tomaschett: Das Dokument richtet sich an alle Pfarreien und Kirchgemeinden im Bistum Chur. Sie sollen sich mit diesem neuen Stil von Kirche-Sein auseinandersetzen.

«Es gibt nicht nur ein einziges Rezept für Synodalität.»

Und wie sollen die Pfarreien und Kirchgemeinden die neue Form von Kirche umsetzen?

Cavegn-Tomaschett: Es gibt nicht nur ein einziges Rezept für Synodalität. Jede und jeder muss selber einen Weg finden. Es geht ja genau um die Partizipation. Bei der Suche nach diesem Weg soll das Papier ein Hilfe bieten. Die konkrete Methode überlassen wir den einzelnen Gremien.

Wie unterstützen Sie vom Bistum her die Umsetzung?

Cavegn-Tomaschett: Ich arbeite für die pastorale Entwicklung des Bistums. Aus dieser Sicht geht es darum, dass die neue Handreichung bekannt wird. Ich bin sicher, dass das Papier in die Dekanatsweiterbildung einfliessen wird. Dort erreichen wir die kirchlichen Mitarbeitenden.

Peter Camenzind ist Generalvikar des Kantons Graubünden.
Peter Camenzind ist Generalvikar des Kantons Graubünden.

Was tun Sie als Seelsorgerin in Ilanz?

Cavegn-Tomaschett: Als Seelsorgerin bin ich in vier verschiedenen Pfarreien engagiert. In Ilanz und Umgebung begleite und berate ich Menschen in ihren Lebens- und Glaubensfragen. Ich will die Handreichung vor allem bei mir selber einsetzen. In meinem Team kann ich vorschlagen, das Papier zur Hand zu nehmen. Im Pfarreirat wollen wir ebenso damit arbeiten.»

«Italienisch ist besonders wichtig im Graubünden wegen der Südtäler.»

Sie sind in Ilanz in der Surselva tätig, sind aber auch zuständig für die Seelsorge in Sagogn, Schluein, Sevgein. Wird die Handreichung auch auf Räteromanisch übersetzt?

Cavegn-Tomaschett: Die Handreichung des Bistums ist in deutscher Sprache erhältlich. Es wird zudem in Italienisch erscheinen. Italienisch ist besonders wichtig in Graubünden wegen der Südtäler. Wir wollen die Schwelle möglichst niedrig ansetzen. Aber auf die romanische Übersetzung verzichten wir. Es gibt zu wenig kirchliche Mitarbeitende, die Rätoromanisch sprechen.

«Das Miteinander-unterwegs-sein im Bistum Chur»

Was ist Ihnen bei dem Dokument besonders wichtig? Können Sie das auf eine Formel bringen?

Cavegn-Tomaschett: Ich würde folgenden Satz wählen: «Das Miteinander-unterwegs-sein im Bistum Chur».

Was heisst das konkret?

Cavegn-Tomaschett: Kirche wird aus den Menschen gebildet. Wir sind zusammen unterwegs. Kirche sind nicht nur die Amtsträger, sondern alle Menschen.»

Weltsynode: Die neue Sitzordnung und die erstmalige Teilnahme von Frauen sind für Michael Meier nicht mehr als «Kosmetik».
Weltsynode: Die neue Sitzordnung und die erstmalige Teilnahme von Frauen sind für Michael Meier nicht mehr als «Kosmetik».

Haben Sie die aktuelle Weltsynode im Vatikan verfolgt?

Cavegn-Tomaschett: Die Weltsynode habe ich intensiv verfolgt. Es gab erfreuliche Momente. Die Teilnehmenden haben nicht nur über Synodalität geredet, sondern diese auch praktiziert. Helena Jeppesen-Spuhler hat etwas Freudiges ausgestrahlt. Da ist einiges Gutes erreicht worden: Die Grundhaltung hat sich verändert.

*Flurina Cavegn-Tomaschett ist Seelsorgerin in der Pfarrei Ilanz und in den drei Nachbarorten Sagogn, Schluein, Sevgein. Sie ist in der pastoralen Entwicklung des Bistums Chur engagiert. Sie gibt in diesem Interview ihre ersten Eindrücke zur neuen Handreichung des Bistums.


Flurina Cavegn-Tomaschett, Seelsorgerin in Ilanz. | © Nicole Büchel
26. Oktober 2023 | 15:00
Lesezeit: ca. 3 Min.
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