Melanie Wolfers
International

«Feminismus und Christentum gehören zusammen»

Feminismus und Christin-Sein oder Christ-Sein gehören integral zusammen: «Frau und Mann sind von Gott gleich geschaffen, darum ist der Einsatz für Geschlechtergerechtigkeit ein genuin christliches Anliegen», argumentierte die Wiener Theologin, Bestseller-Autorin und Ordensfrau Melanie Wolfers gegenüber der österreichischen Nachrichtenagentur «Kathpress».

Feminismus bedeute, die Menschenrechte – die Grundlage für Demokratie – ernst zu nehmen, sagte die Salvatorianerin im Hinblick auf den internationalen Weltfrauentags, der am 8. März begangen wird.

«Eine Frauenquote wäre ein wichtiger Schritt.»

Sie fordert eine Frauenquote in der Kirche, denn noch würden in der Kirche Frauen in fast allen Entscheidungsstrukturen fehlen.

Auch im Kardinalskollegium

«Eine Frauenquote bei kirchlichen Entscheidungsprozessen in den Gemeinden und Diözesen wäre ein wichtiger Schritt», unterstrich die Ordensfrau. Ebenso brauche es aber auch bei globalen kirchlichen Entscheidungsprozessen, wie etwa Synoden und dem Kardinalskollegium, ein Stimmrecht von Frauen. Wolfers: «Das ist schon heute rechtlich möglich, denn ein Kardinal muss nicht geweiht sein.»

Die Reformen seien dringend notwendig, denn für junge Gläubige sei klar, dass Männer und Frauen gleichberechtigt miteinander leben und arbeiten können und sich Frauen etwa auch zu Priesterinnen berufen fühlen könnten. «Für diese Generation ist die Nichtzulassung von Frauen zur Ordination in keinster Weise rechtfertigbar», so Wolfers.

«Männlich dominierten Bild von Gott und Kirche»

Das Frau- oder Mannsein hätte nicht nur einen Einfluss auf gesellschaftliche Rollenzuschreibungen oder das Gehalt, sondern auch auf den Zugang zu Gott und Spiritualität. Als Seelsorgerin bemerke sie dabei, dass immer mehr Frauen Probleme hätten mit dem «männlich dominierten Bild von Gott und Kirche». Die Lebens- und Glaubenserfahrungen von Frauen tauchen kaum auf.

«Weisse, zölibatär lebende Männer prägten die Theologie.»

«Weisse, zölibatär lebende Männer prägten durch die Geschichte hindurch bis heute die Theologie, Liturgie und Verkündigung. Und dies zum Schaden der Kirche! Denn dadurch geht der Verkündigung des Evangeliums – und das ist der genuine Auftrag der Kirche – der Schatz verloren, der in den Erfahrungswelten von Frauen liegt. Immerhin die Hälfte der Weltbevölkerung!» Wolfers weiter: «Was für ein Verlust für die Glaubwürdigkeit des Glaubens.»

Christentum Motor der Emanzipation

Fast vergessen sei, dass der christliche Glaube von der gleichen Würde von Frau und Mann ein entscheidender Motor in der Emanzipation von Frauen gewesen sei.

«Der Karren der Kirche ist im Sand steckengeblieben.»

«Doch der Karren der Kirche ist im Sand steckengeblieben und inzwischen von säkularen Emanzipationsbewegungen längst abgehängt worden», meinte die Seelsorgerin im Gespräch mit «Kathpress» kritisch.

Als eines der ersten Beispiele für die Emanzipation von Frauen in der Kirche nannte Wolfers die Gründung von Frauenklöstern, in denen es zur «ersten geschichtlichen Selbstorganisation von Frauen» kam.

Beispielhaftes Eheverständnis

Auch die europäische Rechtsgeschichte zeige, dass ein entscheidender Durchbruch zur Gleichberechtigung auf das kirchliche Eheverständnis zurückgehe, so die Ratgeber-Autorin: Zu einer gültigen Eheschliessung sei die freie Zustimmung der Frau notwendig.

Damit stemmte sich die Kirche gegen die interkulturell gängige Praxis, dass eine Frau vom Vater oder Bruder verheiratet wird. (kap)

Melanie Wolfers | © Heidrun Bauer sds
4. März 2020 | 16:48
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