Ex-Polizistin sichtet für Bischof Morerod die Personaldossiers

Die ehemalige Polizistin Rita Menoud durchforstet im Auftrag des Westschweizer Bischofs Charles Morerod die diözesanen Personaldossiers. In einigen Fällen wurde sie in den Personalakten fündig.

Georges Scherrer

Menoud übernahm ihre neue Aufgabe im Frühling 2020. Vorher gehörte sie 17 Jahre der Freiburger Polizei an, davon 15 Jahre der Sittenpolizei.

Die 46-jährige «Beauftragte für Missbrauchsprävention», wie ihr Titel offiziell heisst, prüft die Personalakten, sowohl jene von Priestern als auch die von Laien. Gegenüber der Zeitung «La Liberté» von Donnerstag erklärte sie, dass aufgrund der Durchsicht der Dossiers in einigen Fällen keine Anstellung stattfand. Bezüglich zwei Priestern habe sie dem Bischof geraten, diesen aufgrund ihres problematischen Verhaltens in der Vergangenheit keine Aufgabe zuzuweisen.

Auch Alkoholismus

Rita Menoud interveniert nicht nur bei sexuellem Missbrauch: «Es kann sich auch um Beziehungsprobleme, unangemessenes Verhalten oder um Alkoholismus handeln. Wenn es Gerüchte gibt, befragen wir systematisch die Leute. Wir hören uns alle an. Das hat uns auch gezeigt, dass manchmal nichts Konkretes vorliegt».

Prävention stärken

«Ich bin mir bewusst geworden, dass ich kein Ermittler bin. Ich konnte den Opfern nicht aktiv zuhören und gleichzeitig Notizen machen», begründet in der Zeitung der Westschweizer Bischof Charles Morerod die Anstellung der geschulten Spezialistin aus der Sittenpolizei.

Bischof Charles Morerod
Bischof Charles Morerod

Es sei nicht einfach, im Bistum mit seinen 400 Seelsorgenden, Priester und Laien, dem sexuellen Missbrauch vorzubeugen. «Die Experten sagen, dass es in den meisten Fällen unmöglich ist, vorherzusagen, ob eine Person einen Missbrauch begehen wird. Wir nehmen Anzeichen und Gerüchte ernst, aber wir setzen vor allem auf Prävention und Information», so der Bischof.

Angst vorbeugen

Wenn sich jemand im Bistum anstellen lassen will, muss er einen Auszug aus dem Strafregister vorweisen und einen halbtägigen Schulungskurs beim Verein «ESPAS» besuchen, der sich um Betroffene von sexuellem Missbrauch kümmert.

«Wir denken darüber nach, mehr zu tun», sagt der Bischof weiter. Es gehe darum, Menschen zu helfen, die mit Minderjährigen arbeiten. Diese hätten zuweilen Angst, zu Unrecht beschuldigt zu werden.

Charta wird überarbeitet

Die bistumsinterne Charta für Angestellte soll überarbeitet werden. Es soll zudem eine Person mit besonderer Verantwortung für die Prävention eingestellt werden. Künftig soll sich eine «Task Force» um die Weiterverfolgung von Personalakten kümmern.

Er nehme die Worte von Papst Franziskus über den «Klerikalismus» sehr ernst, erklärt Morerod. Es beruhige ihn, wenn ihm der Leiter des Priesterseminars sage, er sei bei der Auswahl der Seminaristen sehr streng.

Warten auf gesamtschweizerische Studie

Morerod bedauert, dass es in der Schweiz noch keine umfassende Arbeit über sexuellen Missbrauch in der Kirche gebe, wie dies der Fall in Frankreich der Fall sei. Es gebe Teilstudien. «Diese sind nützlich, um einerseits klarzumachen, dass es Missbrauch gegeben hat, und um die Opfer anzuerkennen. Andererseits können diese Studien dazu beitragen, zu verstehen, wie es zu Missbrauch kommt, die Konsequenzen zu ziehen und solches in Zukunft zu verhindern.»

Die Diözesankommission «Sexueller Missbrauch im kirchlichen Kontext» hat seit 2016 rund vierzig Opfer angehört, von denen neunzehn mit Beträgen zwischen 5000 und 20’000 Franken entschädigt wurden. Gleichzeitig habe die von der Kirche unabhängige Kommission «Cecar», welche in der Westschweiz die Missbrauchsfälle untersucht, 34 Fälle an die Schweizer Bischofskonferenz weitergeleitet.


Die Kommission Genugtuung entscheidet nach Aktenlage. | © pixabay/shotput, Pixabay License
21. Oktober 2021 | 15:33
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