Martin Kopp während seiner Zeit als Generalvikar der Urschweiz.
Schweiz

«Es handelt sich um eine Intrige»

Der geschasste Generalvikar Martin Kopp spricht im Interview mit kath.ch von einer «gezielten Demütigung». Verantwortlich dafür macht er Generalvikar Martin Grichting und Bistumssprecher Giuseppe Gracia.

Raphael Rauch

Wie geht es Ihnen?

Martin Kopp: Mir geht es nicht schlecht. Aber es tut weh. Ich schaue jetzt nach vorne und bin froh, Chur entkommen zu sein. Es tut mir leid, aber seit gestern begleitet mich das Bild des Schlangennestes. Ich bin jetzt viele Sorgen los.

Schlangennest?

Kopp: Es handelt sich um eine Intrige. Dahinter stecken Generalvikar Martin Grichting und der Medienbeauftragte Giuseppe Gracia.

«Mich jetzt abzusägen, war eine gezielte Demütigung.»

Der Apostolische Administrator Peter Bürcher findet, Sie waren illoyal.

Kopp: Ich habe 17 Jahre meines Lebens eingesetzt als Generalvikar. Ich habe meine Gesundheit auf der Strecke gelassen, pausenlos gearbeitet. Ist das illoyal? Ich hatte im Vorfeld vage angekündigt, dass ich im Sommer aufhören will. Ich kann einfach nicht mehr. Mich jetzt abzusägen, war eine gezielte Demütigung.

Der Reihe nach. Am Sonntag wurden Sie in einem Artikel in der NZZ am Sonntag zitiert.

Kopp: Ja, mit Allgemeinplätzen zu einer Sache, die mir unbekannt war – einem Brief der Zürcher Religionsministerin Jacqueline Fehr. Ich habe gesagt, dass Martin Grichting das duale System nicht gut findet. Eine völlige Lappalie, das kann man überall nachlesen. Und dass eine staatliche Intervention auf Rom mehr Eindruck macht. Auch das ist kein Geheimnis. Doch an diesen zwei Äusserungen werde ich jetzt aufgehängt.

Wie hat Chur auf den Artikel reagiert?

Kopp: Am Montagvormittag kam eine E-Mail. Die Sekretärin hat mich im Namen des Bischofs gebeten, am nächsten Tag nach Chur zu kommen. Ich habe gesagt: Ich kann nicht am folgenden Tag. Ich komme am Mittwochvormittag.

Wegen Corona hätte doch jeder Verständnis gehabt, wenn der Termin zu einem späteren Zeitpunkt stattfindet. Warum haben Sie nicht um Aufschub gebeten?

Kopp: Als ich nach Chur fuhr, war ich völlig ahnungslos. 

Wer war beim Gespräch dabei?

Kopp: Der Bischof, seine Sekretärin und ich.

«Ich habe dem Bischof versucht zu sagen: In drei Monaten höre ich doch sowieso auf.»

Wie lief das Gespräch ab?

Kopp: Peter Bürcher war von Martin Grichting und Giuseppe Gracia so gebrieft, dass er den Harten markiert hat. Von seiner freundlichen Art war wenig zu spüren. Auf dem Tisch lagen zwei Papiere. Entweder ich unterschreibe meinen sofortigen Rücktritt. Oder ich werde entlassen. Ich habe dem Bischof versucht zu sagen: In drei Monaten höre ich doch sowieso auf. Doch das hat ihn überhaupt nicht interessiert.

Rücktritt war keine Option?

Kopp: Nein, wer mich kennt, weiss, dass ich einen aufrechten Gang habe. Ich will die Entlassung, damit meine Leute in der Urschweiz die volle Wahrheit hören. Am Ende wollte mir der Bischof noch für meine Tätigkeit danken und mich zum Essen einladen. Ich habe dann gesagt: «Danke sehr.» Und bin gegangen. Der Ton blieb anständig.

Was werfen Sie dem Apostolischen Administrator vor?

Kopp: Er lässt sich das Programm von Martin Grichting und Giuseppe Gracia diktieren. Im Grunde tut mir Peter Bürcher leid. Er hat vom Papst eine «Mission impossible» erhalten. Er wird nach Chur geschickt – in ein Bistum voller Konflikte als Übergangslösung.

Was werfen Sie Generalvikar Grichting vor?

Kopp: Dass er auf diese gezielte Demütigung hingewirkt hat. Er hat auch ständig in mein Arbeitsgebiet hineingefunkt und Fakten geschaffen.

«Anfangs war Martin Grichting als Generalvikar relativ jovial zu mir.»

Wann begann Ihr Zerwürfnis?

Kopp: Ich hatte immer versucht, konstruktiv zusammen zu arbeiten, obwohl ich ständig schlecht gemacht wurde. Anfangs war Martin Grichting als Generalvikar relativ jovial zu mir. Aber es wurde dann immer konfliktiver.

Was soll der Bistumssprecher Gracia gegen Sie haben?

Kopp: Giuseppe Gracia versteht sich als alleiniger Sprecher für ein ganzes Bistum von über 700’000 Menschen, was ich nicht verstehen kann. Er duldet nicht, wenn jemand seine Deutungshoheit in Gefahr bringt.

Spielt Ihr Kampf gegen den früheren Churer Bischof Wolfgang Haas noch eine Rolle?

Kopp: Peter Bürcher wollte von mir wissen, warum ich immer gegen die Bischöfe bin. Das stimmt überhaupt nicht. Ich habe mich im Übrigen nicht gegen einen Bischof, sondern immer für das Bistum eingesetzt. Mit Amédée Grab bin ich bestens ausgekommen. Mit Peter Bürcher eigentlich auch, er hat mich sogar in Erstfeld besucht – und gesehen, wie ich mit den Flüchtlingen lebe.

Wie geht es nun weiter?

Kopp: Ich bleibe in Erstfeld im Haus mit den Flüchtlingen und Jugendlichen am Rand. Einer der Flüchtlinge hat einen Bruder, der sitzt auf Lesbos. Ich habe mich in Bern für ihn eingesetzt, doch das Corona-Virus blockiert alles. Wir tun das Möglichste. Darauf kommt es nun an. Ich war immer für die Menschen da. Und das werde ich weiterhin sein.

Heute ist Josefstag. In Uri ist das sogar ein staatlicher Feiertag. Haben Sie ihn trotz allem gefeiert?

Kopp: Schon am Mittwochabend, in einer Vorabendmesse, privat, ganz alleine. Mit aller Überraschung und allem Schmerz des Tages. Ich fand: Der Heilige Josef ist ein guter Patron für so einen Moment.

Ihre Prognose für die Bischofswahl?

Kopp: Ich habe grosse Sorgen, dass der Wunsch des ganzen Bistums nach einem Brückenbauer nicht in Erfüllung geht.

Martin Kopp während seiner Zeit als Generalvikar der Urschweiz. | © Georges Scherrer
19. März 2020 | 19:03
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