Erzbischof Wolfgang Haas sagt Messe am Staatsfeiertag ab

Liechtenstein: Erzbistum äussert Kritik am Vorschlag zur Trennung von Kirche und Staat

Vaduz, 16.6.11 (Kipa) Erzbischof Wolfgang Haas lässt gemäss einer Erklärung auf der Website des Erzbistums am kommenden 15. August, dem Liechtensteiner Staatsfeiertag, die Messe auf der Schlosswiese ausfallen. Dies als Reaktion auf den Vorschlag der Regierung zur Trennung von Kirche und Staat sowie jüngste Entscheidungen zu Abtreibung und Homosexuellen. In Sachen Trennung von Kirche und Staat sähe das Erzbistum lieber ein Konkordat als eine «einseitige staatliche Gesetzgebung».

Die Begründung des Erzbischofs zum Ausfall der Messe auf der Schlosswiese: «Die seit geraumer Zeit anhaltende Diskussion um das Verhältnis von Kirche und Staat sowie die laufenden Auseinandersetzungen betreffend das vom Landtag verabschiedete Partnerschaftsgesetz als auch betreffend die Initiative `Hilfe statt Strafe` (Fristenlösung) veranlassen mich, die Verbindung von Heiliger Messe und Staatsakt auf der Vaduzer Schlosswiese nicht nur in Frage zu stellen, sondern auch als falsches bzw. unehrliches Zeichen gegenüber der Öffentlichkeit zu betrachten.» Er wolle mit der Entkoppelung von Messfeier zu Mariä Himmelfahrt und offiziellem Staatsakt «deutlich machen, dass es unserer Kirche weder um eine Privilegienposition noch um einen Sonderstatus geht.»

Trennung von Kirche und Staat: Erzbistum nicht zufrieden

Einen Tag danach wurde zudem eine Stellungnahme des Erzbistums zum Vernehmlassungsbericht über die Neuregelung des Verhältnisses von Glaubensgemeinschaften und Staat ins Internet gestellt. Das Erzbistum ist mit dem Vorschlag nicht zufrieden und erklärt, «dass der vorliegende Entwurf eines GlGG (Glaubensgemeinschaftsgesetz, Anm. d. Red.) das Erzbistum Vaduz keineswegs überzeugen kann, weil er dem Wunsch der katholischen Kirche nach einer wirklichen institutionellen Entflechtung bzw. Trennung von Staat und Kirche nicht dient und keine grössere Selbständigkeit der katholischen Kirche, insbesondere der Pfarrei gegenüber der Gemeinde bringt.»

Auch sonst spricht aus der Stellungnahme, die von Generalvikar Markus Walser gezeichnet ist, eine gewisse Verstimmung. So wird gleich in der Einleitung festgehalten: «Zum gegenständlichen Gesetzesentwurf gab es keinen vorgängigen Meinungsaustausch und keine Gespräche zwischen dem Erzbistum Vaduz und der Regierung.»

«Glaubensgemeinschaft» oder «Religionsgesellschaft»?

Und zum GlGG: «Es erstaunt nicht wenig, dass sich die Regierung der Frage nicht stellen will, ob die katholische Kirche den Status einer `öffentlich-rechtlich anerkannten` Religionsgesellschaft im Sinne des jetzt vorgeschlagenen GlGG überhaupt anstrebt.» Der Entwurf sieht vor, dass die katholische Kirche als einzige Glaubensgemeinschaft schon anerkannt ist und also gar nicht auf diese Anerkennung verzichten kann. Doch damit die Kirche den Begriff «öffentlich-rechtlich anerkannte Glaubensgemeinschaft» überhaupt akzeptieren könne, brauche es Präzisierungen. Die Stellungnahme spricht sich gegen den Begriff «Glaubensgemeinschaft» und für die Beibehaltung von «Religionsgesellschaft» aus – «Glauben» habe unterschiedliche Bedeutungen. Und: «Angesichts des konkreten Gesetzesvorschlags wäre es für die katholische Kirche durchaus überprüfenswert, auf die öffentlich-rechtliche Anerkennung zu verzichten».

Die Stellungnahme befürchtet zudem, der Staat wolle in Zukunft Bildungsveranstaltungen von Religionsgesellschaften beaufsichtigen. Denn im bisherigen Artikel 16 der Verfassung soll der Einschub über die Unantastbarkeit der kirchlichen Lehre aus folgendem Satz gestrichen werden: «Das gesamte Erziehungs- und Unterrichtswesen steht, unbeschadet der Unantastbarkeit der kirchlichen Lehre, unter staatlicher Aufsicht.» Zudem soll der Absatz gestrichen werden, wonach der Religionsunterricht durch die kirchlichen Organe erteilt wird.

«Ceterum censeo»: lieber ein Konkordat

Zur Streichung der Bezeichnung der katholischen Kirche als Landeskirche wird direkt nicht Stellung genommen, jedoch die weitgehende Organisationsfreiheit der Religionsgesellschaften begrüsst. Aber: «Von Seiten der katholischen Kirche bleibt nach wie vor die Überzeugung bestehen, dass die einseitige Regelung des Verhältnisses zwischen Staat und Religionsgesellschaften aufgrund einseitiger staatlicher Gesetzgebung nicht sachgerecht ist.» Das Erzbistum schlägt stattdessen ein Konkordat mit dem Heiligen Stuhl (sowie Verträge mit weiteren Religionsgesellschaften) vor und erinnert daran, «dass der Apostolische Stuhl das Fürstenhaus und die Regierung schon vor geraumer Zeit um die Aufnahme von Konkordatsverhandlungen ersucht hat». Immer wieder kommt die Stellungnahme als «Ceterum censeo» auf diese Forderung zurück. Als Beispiel für mangels Absprache nicht geklärte Punkte nennt die Stellungnahme etwa die juristische Stellung von kirchlichen Stiftungen sowie diverse «Fehldarstellungen» im Entwurf.

Insgesamt wirft die Stellungnahme der Regierung vor, dass der Entwurf «das Ziel einer Entflechtung von Staat und katholischer Kirche, insbesondere von Gemeinde und Pfarrei, nicht wirklich erreichen kann und will.» Wenn man diese Trennung konsequent durchführen wollte, seien alle Staatsleistungen an die Religionsgesellschaften abzulösen. Es führe kein Weg vorbei an einer vorgängigen güterrechtlichen Entflechtung von Gemeinde und Pfarrei. «Hier versucht sich die Regierung bzw. das Land mit dem vorgelegten Gesetzesentwurf zu Lasten der Gemeinden aus der Verantwortung zu ziehen», so die Stellungnahme des Erzbistums.

Hinweis: www.erzbistum-vaduz.li

(kipa/pem/gs)

16. Juni 2011 | 16:27
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