Michaela Berger-Bühler, Generalsekretärin der Katholischen Landeskirche Thurgau.
Schweiz

Erste Generalsekretärin der Thurgauer Landeskirche: «Man sollte auf die Fähigkeit und nicht auf das Geschlecht schauen»

«Mir liegt das duale System sehr am Herzen», sagt Michaela Berger-Bühler, die zur neuen Generalsekretärin der Katholischen Landeskirche Thurgau gewählt wurde. Sie wird Nachfolgerin von Urs Brosi – und ist damit die erste Frau, die dieses Amt bekleidet. Doch sie zögerte, sich auf die Stelle zu bewerben.

Jacqueline Straub

Herzlichen Glückwunsch zur Wahl der neuen Generalsekretärin der Landeskirche Thurgau. Werden Sie heute feiern?

Michaela Berger-Bühler*: Ich habe bereits mit meiner Familie darauf angestossen.

Wie war der Moment, als Sie davon erfahren haben?

Berger-Bühler: Der Kirchenrat hat an einer Sitzung über die Bewerberinnen und Bewerber beraten. Der Kirchenratspräsident, Cyrill Bischof, hat mir im Anschluss mitgeteilt, dass sich der Kirchenrat einstimmig für meine Bewerbung ausgesprochen hat. Alle Mitglieder des Kirchenrats haben mir zu meiner Wahl gratuliert. Ich habe mich sehr über diesen Entscheid gefreut.

«Meine Familie hat mich stark bei meinem Entscheidungsprozess unterstützt.»

Nachdem Urs Brosi zum neuen Generalsekretär der Römisch-Katholischen Zentralkonferenz der Schweiz (RKZ) gewählt wurde, begann die Suche nach einer Nachfolge. Hätten Sie gedacht, dass Sie sich gegen die externen Bewerbenden durchsetzen können?

Berger-Bühler: Ich bin nicht davon ausgegangen, dass ich die Stelle bekomme, nur weil ich bereits seit November 2021 die stellvertretende Generalsekretärin der Landeskirche Thurgau bin. Ich muss auch zugeben: Ich habe einen Moment gebraucht, um mich auf die Stelle der Generalsekretärin zu bewerben. Meine Familie hat mich stark bei meinem Entscheidungsprozess unterstützt.

Was hat Sie schlussendlich bewogen, sich doch zu bewerben?

Berger-Bühler: Mir liegt das duale System sehr am Herzen. Mir ist es wichtig, dass die Menschen in der Kirchenverwaltung mit dem Herzen dabei sind und die Aufgaben nicht einfach nur als einen Job ansehen. Das war einer der Gründe, die mich dazu bewogen haben, mich zu bewerben.

«Man sollte auf die Fähigkeit einer Person schauen und nicht auf das Geschlecht.»

Es gab noch nie eine Frau als Generalsekretärin der Landeskirche Thurgau. Was bedeutet Ihnen das?

Berger-Bühler: Ich bin der Meinung, dass fähige Menschen an die richtigen Positionen gesetzt werden müssen – unabhängig ob Mann oder Frau. Man sollte auf die Fähigkeit einer Person schauen und nicht auf das Geschlecht.

Im Oktober treten Sie Ihr neues Amt an. Wie werden die nächsten Monate bei Ihnen aussehen?

Berger-Bühler: Es wird ein laufender Prozess sein. Ich werde Urs Brosi zu wichtigen Terminen begleiten, insbesondere bei Geschäften, die über seine Amtsdauer hinausgehen. Natürlich versuche ich noch, so viel es geht von Urs Brosi zu profitieren. Denn er ist ein grosser Wissensträger.

RKZ-Generalsekretär Urs Brosi ist Kirchenrechtler.
RKZ-Generalsekretär Urs Brosi ist Kirchenrechtler.

Was schätzen Sie an Ihrem Vorgänger?

Berger-Bühler: Er ist ein wertschätzender Chef, der mich immer gefordert und gefördert hat. Ich habe ihn immer als positiven und hochkompetenten Menschen erleben dürfen.

Was wird der Schwerpunkt Ihrer Arbeit sein?

Berger-Bühler: Das ist im Moment noch schwierig zu beantworten. Im November stehen eine Synode und die Neuwahlen des Kirchenrats an.

«Ich habe mir bislang nur Gedanken gemacht, was ich beibehalten will.»

Seit April 2020 arbeiten Sie in der Landeskirche. Was macht Ihnen besonders Freude?

Berger-Bühler: In der Landeskirche Thurgau gibt es eine ausserordentlich gute Stimmung unter den Mitarbeitenden, zudem ein sehr wertschätzender Umgang. Das habe ich bislang noch nie an einem Arbeitsplatz erlebt. Das ist ein besonderer «Schatz».

Die frisch gewählte Generalsekretärin Michaela Berger-Bühler zusammen mit dem neuen stellvertretenden Generalsekretär Hermann Herburger.
Die frisch gewählte Generalsekretärin Michaela Berger-Bühler zusammen mit dem neuen stellvertretenden Generalsekretär Hermann Herburger.

Was wollen Sie als Generalsekretärin verändern?

Berger-Bühler: Das kann ich im Moment noch nicht sagen. Ich habe mir bislang nur Gedanken gemacht, was ich beibehalten will.

Und das wäre?

Berger-Bühler: Ich möchte die Wertschätzung der hochqualifizierten und motivierten Mitarbeitenden beibehalten. Es wird mit der Zeit sicher Veränderungen geben. Wie das dann aussehen mag, wird sich zeigen.

* Michaela Berger-Bühler (50) lebt in Frauenfeld. Sie war viele Jahre für die Geschäftsleitung und den Verwaltungsrat in einem Thurgauer KMU tätig. Sie absolvierte den Studiengang Theologie am Theologisch Pastoralen Bildungsinstitut der Deutschschweizer Bistümer. Seit April 2020 arbeitet sie bei der Landeskirche. Im November 2021 wurde sie stellvertretende Generalsekretärin. Ab Oktober 2022 tritt sie die Nachfolge von Urs Brosi an, der Generalsekretär der RKZ wird. Neuer stellvertretender Generalsekretär wird der 33-jährige Theologe Hermann Herburger.


Michaela Berger-Bühler, Generalsekretärin der Katholischen Landeskirche Thurgau. | © zVg
19. April 2022 | 16:21
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