Pater Gabriel Baumann
Schweiz

Erst Bischof Lefebvre, dann Bischof Gmür: Pater Gabriel Baumann feiert in St. Pelagiberg die Alte Messe

Papst Franziskus zieht bei der Alten Messe die Daumenschrauben an. Pater Gabriel Baumann hält das jüngste Vatikan-Papier für «nicht gerechtfertigt». Ein Ortsbesuch am Aschermittwoch zeigt: Die Asche gibt’s nur kniend. Obwohl St. Pelagiberg eine Pfarrkirche ist, will das Bistum Basel vorerst nichts unternehmen.

Jacqueline Straub

Die Glocken der Pfarr- und Wallfahrtskirche St. Pelagiberg läuten. Viele Jugendliche, junge Männer und Frauen sitzen bereits in den Kirchenbänken. Die Kirche ist gut besucht am Abend von Aschermittwoch. Die Petrusbrüder laden zur Messe ein.

Pfarr- und Wallfahrtskirche St. Pelagiberg
Pfarr- und Wallfahrtskirche St. Pelagiberg

Kurz vor Gottesdienstbeginn tragen zwei Ministranten den kleinen, freistehenden Holzaltar zur Seite. Auf den Hochaltar stellen sie ein Messbuch und das Evangeliar. Ein Diakon kniet auf dem Boden und betet mit gefalteten Händen. Dann schellt die Sakristeiglocke. Pater Gabriel Baumann betritt den Altarraum und wendet sich dem Hochaltar zu. Er beginnt die Alte Messe auf Latein.

Pater Gabriel Baumann wurde von Bischof Marcel Lefebvre geweiht. Der Gründer der Piusbruderschaft lehnte wesentliche Reformen des Zweiten Vatikanischen Konzils ab. Etwa die Liturgiereform. Als Lefebvre ohne Zustimmung Roms vier Priester zu Bischöfen weihte, verliess Gabriel Baumann die Piusbruderschaft: «Ich wollte katholisch bleiben.» Zusammen mit anderen Piusbrüdern gründete er die Petrusbruderschaft.

Dass Pater Gabriel Baumann in St. Pelagiberg die Alte Messe feiern kann, hat er dem Basler Bischof Felix Gmür zu verdanken: «Durch ihn und unter ihm arbeite ich.»

Bischof Felix Gmür bei einer Predigt.
Bischof Felix Gmür bei einer Predigt.

Papst Franziskus hat mit dem Papier «Rescriptum ex audientia» am Fasnachtsdienstag die Bedingungen für die Alte Messe verschärft und den Spielraum der Bischöfe eingeschränkt. Künftig müssen sie öfter in Rom nachfragen.

Pater Gabriel Baumann hält das Dokument für «nicht gerechtfertigt». Dennoch zeigt er sich entspannt: «Die Priester der Petrusbruderschaft sind davon nicht betroffen. Wir können weiterhin die Alte Messe feiern.» Denn die Petrusbruderschaft ist eine Gemeinschaft päpstlichen Rechts.

Laut Kirchenrecht eine Pfarrkirche

Allerdings würden nun die Priester in den Diözesen «Probleme» bekommen. Denn Ausnahmegenehmigungen für Messfeiern im alten Ritus in Pfarrkirchen oder für die Errichtung von entsprechenden Personalpfarreien müssen künftig von Rom kommen.

Dies gilt auch für die Pfarr- und Wallfahrtskirche St. Pelagiberg. So malerisch die Wallfahrtskirche im Thurgau auch aussieht: Laut Kirchenrecht ist sie nicht nur eine Wallfahrtskirche, sondern auch eine Pfarrkirche. Bei der Fusion der Kirchgemeinden Bischofszell und St. Pelagiberg und später Sitterdorf fusionierten nur die Kirchgemeinden, nicht aber die Pfarreien.

Der Basler Generalvikar Markus Thürig.
Der Basler Generalvikar Markus Thürig.

Das bedeutet: Bischof Felix Gmür müsste für die Petrusbrüder einen anderen Ort finden, zum Beispiel eine Kapelle, die keine Pfarrkirche ist. Oder er müsste in Rom einen Dispens beantragen. Doch in Solothurn hat man es nicht eilig, wie eine Antwort von Generalvikar Markus Thürig zeigt: «Die heiligen Messen unter Verwendung des Missale Romanum 1962 finden wie bisher im eingeschränkten Rahmen statt. Wir beobachten die Entwicklung an den beiden Standorten, weil die Krypta in Bern eine Kapelle getrennt von der Pfarrkirche und die Pfarrkirche in St. Pelagiberg auch eine Wallfahrtskirche ist.»

Aschermittwoch
Aschermittwoch

Rom wirkt in St. Pelagiberg weit weg. Die Gläubigen interessieren sich am Aschermittwoch weniger für Kirchenpolitik als für den Beginn der Fastenzeit. Während die Gläubigen kniend das Aschekreuz empfangen, singt ein kleiner Männerchor. Weihrauch durchströmt den Kirchenraum.

In der Predigt geht Petrusbruder Gabriel Baumann darauf ein, dass Aschermittwoch die Menschen aufrüttelt. Das eigene Verhalten solle reflektiert werden. Und in jeder Fastenzeit sollten die Gläubigen an sich arbeiten und eine konkrete Sache ändern.

Vaterunser ohne Gemeinde

Das Hochgebet spricht der Priester auf Latein und mit dem Rücken zum Volk. Die Gemeinde kniet. Auch kniet sie, um die Hostie per Mundkommunion zu empfangen.

Frau mit Schleier: Dieses Bild ist bei den Piusbrüdern entstanden. Doch auch bei den Petrusbrüdern erscheinen Gläubige mit Kopftuch.
Frau mit Schleier: Dieses Bild ist bei den Piusbrüdern entstanden. Doch auch bei den Petrusbrüdern erscheinen Gläubige mit Kopftuch.

Das Kirchengesangbuch wird an diesem Abend nicht gebraucht. Lieder werden aus einem dunkelblau gebundenen Buch gesungen, indem auch Gebete in deutscher und lateinischer Sprache für die Alte Messe enthalten sind. Das Vaterunser betet der Priester alleine. Einzig «Sondern erlöse uns von dem Bösen» singt die Gemeinde auf Latein.

«In der vorkonziliaren Messe war das Vaterunser kein Gemeindegebet, sondern der Priester hat es in der Stillmesse leise für sich gebetet. Im Hochamt hat er es normalerweise gesungen, so dass man es wohl hören konnte», sagt Liturgie-Experte Martin Klöckener.

Kirche St. Pelagiberg.
Kirche St. Pelagiberg.

In der Kirchenbank sitzt eine Frau aus Bichwil SG. Zusammen mit ihrem Sohn besucht sie jeden Sonntag die Alte Messe in St. Pelagiberg. Und eben an besonderen Tagen wie dem Aschermittwoch. Die Pfarr- und Wallfahrtskirche ist ihre religiöse Heimat. Umso mehr ist sie nun vom neuesten Papier aus Rom verunsichert: «Das wäre verrückt, wenn wir die Alte Messe nicht mehr feiern dürften.»

Die Weisung von Papst Franziskus bezeichnet sie als eine Zumutung. «Rom toleriert alles. Auch Homosexuelle werden akzeptiert. Man sollte auch uns machen lassen», sagt die Mutter.

Kardinal Walter Brandmüller (Mitte) zelebriert in Rom mit dem Rücken zur Gemeinde eine Messe nach dem alten Ritus, Mai 2011.
Kardinal Walter Brandmüller (Mitte) zelebriert in Rom mit dem Rücken zur Gemeinde eine Messe nach dem alten Ritus, Mai 2011.

Nach dem Gottesdienst stehen einige Gläubige zusammen vor der Kirche und tauschen sich aus. Das Schreiben aus Rom scheint kein Thema zu sein. «Ich habe davon gar nichts mitbekommen», sagt eine junge Frau.

«Die Weisung ist im ersten Moment schwierig zu verstehen. Es beinhalte eine Tragik. Denn schon beim Motu proprio Traditionis custodes hatten viele den Eindruck, dass die Alte Messe abgeschafft wird», sagt ein junger Mann.

Papst Franziskus.
Papst Franziskus.

Man solle nicht «vorschnell urteilen». Wer den Eindruck habe, dass Papst Franziskus mit seinem Schreiben falsch liege, solle für ihn beten, sagt der Mann, der seinen Namen nicht im Internet lesen möchte. «Wir sollten uns im eigenen Glauben jetzt nicht irritieren lassen.»

Auch Pater Gabriel Baumann lässt sich nicht beunruhigen und sagt lachend: «Papst Franziskus hat eine feste Meinung zu bestimmten Themen. Vielleicht ist er zu sehr jesuanisch.» Geduld sei nun von Nöten.


Pater Gabriel Baumann | © Detlef Kissner
23. Februar 2023 | 13:54
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