«Ermessensentscheid» der Verkehrsbetriebe

«Religiös neutrale Werbung» im öffentlichen Verkehr

Zürich, 25.9.09 (Kipa) Bereits lange vor der Diskussion um die Plakatierung der «Atheismus-Plakate» der Freidenker-Vereinigung haben die Mehrzahl der Verkehrsbetriebe nur «religiös neutrale Werbung» auf ihren Fahrzeugen zugelassen. Was darunter zu verstehen ist, sei «ein Ermessensentscheid», heisst es zum Beispiel bei den Verkehrsbetrieben Luzern.

«Religiöse und a-religiöse Werbung können wir uns aus betrieblichen und Imagegründen nicht leisten», sagt Norbert Schmassmann, Direktor der Verkehrsbetriebe in Luzern, gegenüber der Kipa. Anfang dieses Jahres wurde seinem Betrieb gedroht, Busse anzuzünden, sollte die damals bereits umstrittene Werbung der Freidenker-Vereinigung auf Fahrzeugen plakatiert werden.

Die Verkehrsbetriebe Luzern sind, wie über 120 Schweizer Verkehrsbetriebe, Kunden bei der Plakatwerbungsfirma apg traffic. «In den Verträgen mit unseren Partnern ist automatisch geregelt, dass wir ihnen kritische Sujets vorlegen. Wir vermarkten die Werbung, was aber tatsächlich aufgehängt wird, entscheidet der jeweilige Verkehrsbetrieb», sagt Andreas Steltzlen, Stellvertretender Geschäftsführer bei apg traffic.

Inhaltlich starke Meinungsäusserung abgelehnt

Die Grenzziehung, welche Anzeigen nun «religiös neutral» seien, sei «nie schwarz-weiss, sondern immer ein Ermessensentscheid», sagt Schmassmann. Klar sei, dass inhaltlich starke, konkret religiöse – oder a-religiöse – Meinungsäusserungen abgelehnt würden, genauso wie provozierende Botschaften. Auch Steltzlen ist davon überzeugt, dass die Ablehnung der aktuellen «Atheismus-Plakate» im öffentlichen Verkehr hauptsächlich mit ihrem provozierenden Charakter in Zusammenhang steht.

Doch nicht nur religiöse beziehungsweise atheistische Reklame darf auf Tram und Bussen nicht durch die Strassen fahren. «Wir sind zurückhaltend bei allem, was gegen die guten Sitten verstösst und Personen oder Institutionen in Ehre und Würde verletzt», sagt Ralf Eigenmann, Unternehmungsleiter der Verkehrsbetriebe St. Gallen. Darunter fallen rassistische und sexistische Werbungen, Sujets für Suchtmittel und gewaltfördernde Produkte, aber auch politische Statements wie Wahlwerbung.

Freie Meinungsäusserung ohne Zensur

Landesweite Einigkeit über die Frage nach Zulassung oder Ablehnung bestimmter Werbung gibt es keine. So sind politische Botschaften bei den Verkehrsbetrieben Luzern zugelassen, die Verkehrsbetriebe Zürich beispielsweise schliessen auch religiöse Werbung nicht aus. «Wir leben in einem neutralen Land ohne Zensur – solange ein Sujet nicht angriffig ist, herrscht freie Meinungsäusserung», sagt Phillip Saladin, Leiter der Zusatzgeschäfte wie Werbung bei den Verkehrsbetrieben Zürich.

(kipa/vek/job)

25. September 2009 | 15:30
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