Schwangerschaft
Schweiz

Embryotests Ja oder Nein? – Die Schweiz stimmt am Sonntag über Verfassungsänderung ab

Zürich, 8.6.15 (kath.ch) Am kommenden Sonntag, 14. Juni, kommt eine umstrittene Vorlage an die Urne: Die Schweizer Stimmbürger entscheiden, ob künftig Embryotests in grossem Umfang erlaubt sind. Bundesrat und Parlament wollen das derzeit geltende Verbot der Präimplantationsdiagnostik (PID) abschaffen. Die Kirchen lehnen dies ab, während die politischen Parteien ebenso wie die Behindertenorganisationen unterschiedliche Positionen vertreten.

Barbara Ludwig

Genetische Untersuchungen an Embryonen, die im Reagenzglas erzeugt wurden, sollen künftig in grossem Umfang erlaubt werden. Alle Paare, die eine künstliche Befruchtung vornehmen lassen, sollen die PID nutzen können – nicht nur Paare mit einer genetischen Vorbelastung. Nicht angewendet werden darf das Verfahren aber, «um beim Kind bestimmte Eigenschaften herbeizuführen oder um Forschung zu betreiben», wie es in der Vorlage heisst.

Mehr Embryonen herstellen

Umstritten war in den Parlamentsberatungen die Anzahl der Embryonen, die in einem Behandlungszyklus hergestellt werden dürfen. Im vorgeschlagenen Verfassungstext heisst es dazu, es dürften nur so viele menschliche Eizellen ausserhalb des Körpers der Frau entwickelt werden, «als für die medizinisch unterstützte Fortpflanzung notwendig sind». Die Räte einigten sich schliesslich bei der Beratung des Fortpflanzungsmedizingesetzes auf eine Obergrenze von zwölf; heute dürfen maximal drei entwickelt werden. Über dieses Gesetz wird am 14. Juni aber nicht abgestimmt. Falls die Verfassungsänderung vom Volk angenommen wird und in Kraft tritt, wird es veröffentlicht und kann per Referendum bekämpft werden.

Befürworter: Bessere Behandlung bei unerfülltem Kinderwunsch

Befürworter der PID argumentieren, die Verfassungsänderung würde Paaren mit unerfülltem Kinderwunsch eine bessere Behandlung ermöglichen. Die gleichen Tests, die heute während der Schwangerschaft erlaubt seien, sollte man auch vor der Übertragung in die Gebärmutter zulassen. Aus Sicht der Gegner ist die PID ein «Instrument der Selektion zur Unterscheidung zwischen ‘lebenswerten’ und ‘lebensunwerten’ Menschen». Mit der Verfassungsänderung gebe es praktisch keinen Embryonenschutz mehr.

Bischöfe gegen «Sortieren und Eliminieren menschlicher Wesen»

Auch die Schweizer Bischöfe warnen vor einer Zulassung der PID. Eine Gesellschaft sei dann «im echten Sinn human», wenn sie jedem Menschen volle Würde und vollen Schutz zubillige, hielt die Schweizer Bischofskonferenz (SBK) bereits im November 2014 fest. Die katholische Kirche werde es stets ablehnen, «das Sortieren, Selektionieren und Eliminieren menschlicher Wesen als Fortschritt zu betrachten». Im Mai erklärte sie, die PID sei eine «Selektionstechnik, bei der man sich das Recht anmasst zu entscheiden, wer es verdient zu leben und wer nicht».

Der Schweizerische Evangelische Kirchenbund (SEK) lehnt die PID zwar nicht ebenso kategorisch ab, jedoch die Vorlage, über die nun abgestimmt wird. Das Verfahren soll aus der Sicht des SEK für Paare mit einer schweren Erbkrankheit erlaubt sein. Die genetisch begründete Selektion von Embryonen stosse jedoch in den «hoch sensiblen und problematischen Bereich der Eugenik» vor, teilte der SEK im Mai mit. Deshalb müsse eine klare und strikte rechtliche Regelung geschaffen werden. Die vorgelegte Revision genüge diesen Bedingungen nicht.

Parteien uneinig

Die politischen Parteien vertreten unterschiedliche Positionen. Allerdings ist die SVP die einzige grosse Partei, die die Zulassung der PID ablehnt. Auch die EVP lehnt die Vorlage ab. Zu den Befürwortern gehören unter anderem FDP, CVP, BDP, die Grünen, die Grünliberalen und die Mitte-Links CSP Schweiz, während die SP Stimmfreigabe beschlossen hat. Auch die Jungparteien sind uneinig; die Junge SVP und die Jungsozialisten befinden sich im Ja-Lager, die Junge CVP lehnt die Verfassungsänderung ab und die Jungen Grünen beschlossen Stimmfreigabe. Auch die Behindertenorganisationen treten nicht mit einer Stimme auf. (bal)

Schwangerschaft | © Gisela Peter / pixelio.de
8. Juni 2015 | 14:57
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