Judith Bischof, Cathrin Legler, Hansruedi Felix, Judith Hosennen, Gabriel Imhof werden im April und Mai in der Wiborada-Zelle wohnen.
Schweiz

Eingeschlossen in Wiborada-Zelle: Fünf Menschen stellen sich der Herausforderung

Das St. Galler Wiborada-Projekt geht in die vierte Runde. Im Frühling werden sich drei Frauen und zwei Männer in eine nachgebaute Zelle einschliessen lassen und so an die Erfahrung der Heiligen aus dem 10. Jahrhundert anknüpfen. Gabriel Imhof (32) fasziniert, dass Wiborada «in der Reduktion und im Verzicht Freiheit und sicherlich auch Liebe gefunden hat».

Barbara Ludwig

2021 nahmen erstmals Menschen am Wiborada-Projekt teil. Auch dieses Jahr hat es nicht an Interessentinnen und Interessenten gefehlt. Aus 13 Personen hat das ökumenische Team des St. Galler Wiborada-Projekts fünf ausgewählt, die sich im Frühling eine Woche lang in eine Klause bei der Kirche St. Mangen einschliessen lassen werden – wie einst Wiborada. Das teilte die Cityseelsorge der katholischen Kirche im Lebensraum St. Gallen am Montag in einer Medienmitteilung mit.

Die nachgebaute Wiborada-Zelle mit einer Infostele.
Die nachgebaute Wiborada-Zelle mit einer Infostele.

Eingemauerte Ratgeberin

Die Heilige lebte im 10. Jahrhundert im Gebiet der heutigen Schweiz. Ihre letzten zehn Lebensjahre verbrachte sie als sogenannte Inklusin – als Eingemauerte – in einer Zelle an der Kirche St. Mangen in St. Gallen. Dort wurde Wiborada von Menschen um Rat gefragt – auch von hohen politischen und geistlichen Würdenträgern ihrer Zeit.

Gabriel Imhof.
Gabriel Imhof.

Gabriel Imhof ist der jüngste, der sich auf die Erfahrung einlässt. Ihn fasziniere der Lebensstil der St. Galler Stadtheiligen, die sich dazu berufen fühlte, in einer aussergewöhnlichen Form ihr Leben zu gestalten und darin offenbar Gott gefunden habe. Und: «Mich fasziniert, dass sie in der Reduktion und ihm Verzicht Freiheit und sicherlich auch Liebe gefunden hat», sagt der 32-jährige Student der Religionspädagogik in einem Interview auf der Webseite des Projekts.

Anzeige ↓ Anzeige ↑

Die Angst vor dem Tod überwinden

«Die Heiligen ermutigen mich dazu, meinen je eigenen Weg zu gehen und die Angst vor dem Tod zu überwinden. Sie sind also auch heute noch relevant und sprechen in unsere Zeit hinein.» Der Student findet es zudem wichtig, die weiblichen Heiligen hervorzuheben.

Respekt vor der ersten Nacht

Die reformierte Pfarrerin Cathrin Legler (49) hat «grossen Respekt» vor der ersten Nacht in der Zelle. Sie habe Angst davor, dass «die Zeit in der Zelle lang werden könnte», wird die Pfarrerin aus Kreuzlingen TG auf der Projektwebseite zitiert.

Cathrin Legler.
Cathrin Legler.

Der frühere evangelisch-reformierte St. Galler Pfarrer Hansruedi Felix (67) findet, Wiborada habe in dieser besonderen und sicher auch extremen Position einen Ausgleich gefunden zwischen einem kontemplativen Leben und einem weltzugewandten Leben.

«Ein Teil vom grossen Ganzen sein»

Damit weist Hansruedi Felix auf die beiden Fenster von Wiboradas Zelle hin, von denen eines zur Kirche ging und das andere zur Stadt hin. Er und die anderen Inklusinnen und Inklusen werden ebenfalls am Fenster zur Stadt hin für Gespräche mit Passantinnen und Passanten zur Verfügung stehen. Und zwar täglich von 13.30 bis 14.30 Uhr und von 17.30 bis 18.30 Uhr, wie aus der Mitteilung hervorgeht.

Hansruedi Felix.
Hansruedi Felix.

Judith Bischof (62) aus St. Gallen erhofft sich, «aufs Wesentliche reduziert, in der Tiefe mit mir in Kontakt zu kommen und spürbar ein Teil vom grossen Ganzen zu sein». Dadurch könne sie ihrem ureigenen Wesen und ihrer innersten Berufung einen Schritt näher kommen, sagt sie im Interview.

Die Zelle wird vom 26. April bis 31. Mai je eine Woche lang von den fünf Personen bewohnt sein.


Judith Bischof, Cathrin Legler, Hansruedi Felix, Judith Hosennen, Gabriel Imhof werden im April und Mai in der Wiborada-Zelle wohnen. | © Urs Bucher/ubupix.com
5. Februar 2024 | 15:04
Lesezeit: ca. 2 Min.
Teilen Sie diesen Artikel!