Ein unbequemer Theologe ist tot: Norbert Greinacher

Der Tübinger Theologieprofessor Norbert Greinacher ist am Samstagmittag im Alter von 90 Jahren gestorben. Der deutsche Priester erregte seit den 1970er-Jahren Aufsehen mit Kritik an Leitung, Lehre und Personen der katholischen Kirche.

Den Tod vermeldet berichtet der SWR und beruft sich dabei auf Greinachers anwaltlichen Betreuer.

Norbert Greiner lehrte von 1969 bis zur Emeritierung 1997 in Tübingen Praktische Theologie. In den vergangenen Jahren lebte Greinacher gesundheitlich stark beeinträchtigt und zurückgezogen in Tübingen.

Konflikt mit Kardinal Kasper

1993 kam es zum Konflikt mit dem damaligen Rottenburg-Stuttgarter Bischof und späteren Kardinal Walter Kasper: Greinacher hatte den von Kasper mitentwickelten Weltkatechismus der katholischen Kirche als Desaster bezeichnet.

Papst-Argumente gegen Frauenpriestertum als Unsinn bezeichnet

Zudem legte Greinacher Papst Johannes Paul II. wegen dessen Ablehnung des Frauenpriestertums den Rücktritt nahe. Die Argumentation des Papstes nannte er «theologischen Unsinn» und forderte die Frauen auf, in dieser Frage nicht auf Papst und Bischöfe zu hören. Wiederholt wurde Greinacher für seine Äusserungen öffentlich gemassregelt. Die kirchliche Lehrerlaubnis wurde ihm indes nie entzogen.

Das SPD-Mitglied gehörte zu den Gründern der Initiative «Kirche von unten». Er engagierte sich für die Revolution der Sandinisten in Nicaragua und für die Friedensbewegung. Mit anderen Prominenten erhielt Greinacher 1985 einen Strafbefehl wegen Nötigung, weil er an einer Blockade des US-Raketenstützpunktes in Mutlangen bei Schwäbisch Gmünd teilgenommen hatte.

Unbequem und provozierend

Der SPD-Ehrenvorsitzende Hans-Jochen Vogel würdigte Greinacher 1996 als Wissenschaftler, der «die Verbindung zwischen katholischem Christentum und demokratischem Sozialismus bezeugt hat». Greinacher habe oft in einer für Kirche und Partei «unbequemen und provozierenden Weise» gehandelt.

Greinacher studierte in Freiburg und Paris Theologie. 1955 promovierte er über die «Soziologie der Pfarrei». Von 1958 bis 1963 leitete er das Pastoralsoziologische Institut in Essen. 1966 wurde er in Wien habilitiert und erhielt ein Jahr später einen Ruf nach Münster. 1969 wechselte er nach Tübingen. (kna)

6. März 2022 | 09:33
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