Geri Dillier
Schweiz

Bruder-Klaus-Vision: «Ein solcher Text kann mehr öffnen, als man erfassen kann»

Sachseln OW, 16.8.17 (kath.ch) Geri Dillier ist sozusagen mit Bruder Klaus aufgewachsen. Der Ranft-Heilige war und ist im Heimatkanton Obwalden des Theaterschaffenden stets präsent. Aber als Regisseur des Visionsgedenkspiels «Vo innä uisä»  ist Dillier der Welt und der Person Niklaus von Flüe so nahe gekommen, wie noch nie zuvor.

Martin Spilker

«Bei so einem Vorhaben muss man sich auf etwas einlassen, bei dem man nicht weiss, wie es herauskommt», sagt der 67-jährige Theaterregisseur. Dieses «Sich-auf-etwas-Einlassen» hat bei Dillier im Fall des Visionsgedenkspiels vor drei Jahren begonnen. Damals erhielt er die Anfrage, ob er bereit sei, die Spielleitung für ein von Paul Steinmann verfasstes Theaterstück zu übernehmen.

Etwas in Bewegung bringen

Seither drehten sich Dilliers Gedanken wohl so ziemlich jeden Tag um Bruder Klaus. In engem Kontakt mit dem Autor Paul Steinmann hat er am Theatertext mitgewirkt. Und zusammen mit der Künstlerin Judith Albert und seinem Sohn und Musiker Jul Dillier hat er nach einer Möglichkeit gesucht, eine Vision von Bruder Klaus ins Bild und in Ton zu setzen. Und mit einer Vielzahl voll und ganz motivierter Laien hat er seit Januar an Szenen, Texten, Monologen und Liedern gearbeitet, die den Lebensraum von Niklaus von Flüe zur Sprache und auf die Bühne bringen. Sie alle fiebern auf die Premiere am Samstag hin.

Der Abschluss der langen, intensiven Auseinandersetzung.

«Ich will mit diesem Stück etwas in Bewegung bringen», sagt Dillier kurz vor Abschluss der langen, intensiven Auseinandersetzung. Die Biografie des Bruder Klaus, eine geschichtliche Abhandlung auf die Bühne zu bringen, das hätte ihn nicht interessiert. Beim Stück «Vo innä uisä» aber, sagt Dillier, geht es darum, sich mit einer Persönlichkeit auseinanderzusetzen, «die eigentlich nicht erklärbar ist».

Die Vision eröffnet eine innere Welt

Im Zentrum des Stücks steht eine der Visionen des Heiligen. Paul Steinmann hat die sogenannte Pilgervision gewählt. Ein Text, der nicht so bekannt ist wie anderes aus dem mystischen Erbe des Bruder Klaus. «Das ist unser Glück», sagt Dillier schmunzelnd und fügt an: «Das gab uns mehr Spielraum. Dieser Text ist noch nicht von vorne bis hinter zerredet.»

Herausgefordert hat ihn, dass die Pilgervision (siehe Artikel rechts) voller sich ständig verändernder Bilder und Klänge ist und eine innere Welt eröffnet, die voller Rätsel bleibt. «Die Inhalte dieser Vision sind aber auch sehr konkret, sehr körperlich, ja fast schon erotisch», sagt Dillier und fügt sinnierend bei: «Vielleicht hat sie in der katholischen Kirche auch deshalb weniger Beachtung gefunden.»

Raum für den Blick in die Tiefe geschaffen

Beim Theatermann Dillier aber ist die Faszination für die Pilgervision fast greifbar. Ihm hat sich damit – wohl einmal mehr – ein Zugang zur Mystik des Bruder Klaus eröffnet, die ihn nicht mehr losgelassen hat. «Ein solcher Text kann mehr öffnen, als man sehen und erfassen kann», sagt Dillier dazu.

Ein Stück, das zur weiteren Auseinandersetzung einlädt.

Mit seiner Inszenierung, mit der langen Arbeit an «Vo innä uisä» möchte der Obwaldner anderen Menschen Fenster öffnen, um sich selber ein Bild vom Gehalt und der Tiefe machen zu können, die hinter solchen Texten stehen. Dazu wurde auf der Sachsler Allmend ein Raum geschaffen, der einen Blick in diese Tiefe der Welt des Heiligen zulässt. Und der zur weiteren Auseinandersetzung einlädt.

Noch einmal neu auf den Heiligen eingelassen

Geri Dillier hat sich lange Jahre mit Bruder Klaus beschäftigt. «Vo innä uisä» ist die dritte Inszenierung eines Theaterstücks zu Niklaus von Flüe. Für dieses Projekt konnte er sich aber dennoch ganz neu auf den Heiligen einlassen. Und man merkt ihm an: Er hat diese Arbeit genossen, auch wenn sie ihn oft stark gefordert hat.

Die Uraufführung am Samstag dürfte für ihn, der das Stück kennt wie kein anderer, ein bedeutender Moment werden. Als Theaterschaffender aber ist die Premiere für Dillier eine Sequenz im ganzen Geschehen. Danach wird er die Verantwortung weitergeben und es wird Aufgabe des Ensembles sein, das Publikum während den kommenden 40 Aufführungen in die innere und äussere Welt dieses grossen Innerschweizer Menschen und Mystikers Niklaus von Flüe zu führen. Dillier hat den Weg dorthin vorgezeichnet. Auch wenn er zu Beginn nicht genau wusste, wohin er führt.

https://www.kath.ch/bruder-klaus-jubilaeum/

Geri Dillier | © Romano Cuonz
16. August 2017 | 12:30
Lesezeit: ca. 3 Min.
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Die Pilgervision in wunderbarer Aufmachung

Der Text zur Pilgervision des Bruder Klaus wird im Stück «Vo innä uisä» von Schauspieler Hanspeter Müller-Drossart zu den Projektionen der Videokünstlerin Judith Albert gelesen. Allerdings in einer mittelhochdeutschen Fassung, die vielleicht nicht auf Anhieb ganz verständlich ist.

Die Organisatoren des Visionsgedenkspiels wollten aber den Grundlagentext des Theaterstücks ebenfalls zugänglich machen. So ist die Pilgervision des Bruder Klaus – in zeitgnössischem Deutsch –  im Rahmen des Gedenkjahres «600 Jahre Niklaus von Flüe» in einem Band der Reihe der Obwaldner Kunsthefte (Nummer 2017-2) erschienen.

Der auf Bilder von Judith Albert gesetzt Text kann in dem Heft ganz langsam, Seite um Seite beinahe meditativ gelesen oder wie ein Daumenkino bloss geschaut werden. Anmerkungen des Bruder-Klaus-Biografen Roland Gröbli im Heft erschliessen den Text in gut verständlicher Weise. (ms)

Das Kunstheft ist bei der Geschäftsstelle des Vereins «Mehr Ranft», beim Wallfahrtsbüro oder im Museum Bruder Klaus in Sachseln zu einem Preis von 10 Franken erhältlich.