Gottesdienst und Ökumene-Fest mit Papst Franziskus.
Schweiz

Die Reformation feiern und für die Einheit der Kirchen beten

Genf/St.Gallen/Rom, 18.1.17 (kath.ch) Die Gebetswoche für die Einheit der Christen wird weltweit abgehalten. Dieses Jahr kommen die Texte und Gottesdienstvorschläge aus Deutschland. Dem Land, von wo die Reformation und eine weitreichende Trennung der Kirche ausgegangen ist.

Die kurz Einheitswoche genannte Gebetswoche steht unter dem etwas schwerfälligen Titel «Versöhnung – die Liebe Christi drängt uns». Was mit der Versöhnung gemeint ist, liegt auf der Hand: Die Trennung der Christenheit in verschiedene Kirchen hat zu Gewalt und Kriegen geführt. – Die Vorsteher der Kirche von England haben sich am Mittwoch gar für solches Unrecht entschuldigt (siehe nebenstehenden Text).

Dem Religionsstifter zuwenden

Mit dem Bibeltextzitat «die Liebe Christi drängt uns» aus einem Brief des Apostels Paulus (2. Korintherbrief Kapitel 5) wird deutlich gemacht, dass weder Einheit noch Versöhnung allein eine Sache der Menschen sein könne. Darum soll daran erinnert werden, dass «Versöhnung ein Geschenk Gottes ist», wie es die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK) schreibt.

Wenn für die Einheit der Kirchen gebetet wird, so könnten sich die Angehörigen aller christlichen Kirchen Jesus Christus als Stifter der Religion zuwenden. Der christliche Glaube lebe aus dem Zeichen der Versöhnung, schreibt die ACK weiter. Und damit hätten alle Kirchen eine Grundlage, um miteinander von Gott zu sprechen. Versöhnung aber sei nicht ohne Opfer zu haben.

Zusammenarbeit kommt zuerst

Zu Beginn des 500-Jahr-Gedenkens der Reformation sprechen auch der Rat der Europäischen Bischofskonferenzen und die Konferenz Europäischer Kirchen von der Erinnerung an eine «schwierige Vergangenheit». Es gelte aber, sich der Geschichte zu stellen und die Gelegenheit «für Heilung von Wunden und Überwindung von Kluften» zu nutzen.

In einem gemeinsamen Schreiben der beiden europäischen Konferenzen wird denn auch das Verbindende unter den Kirchen betont. Dabei wird auf die seit 45 Jahren gepflegte Zusammenarbeit und den Dialog hingewiesen. Auf diese Weise könne auch das gegenseitige Verständnis vertieft werden.

Gemeinsamer Glaube – ein «Band der Hoffnung»

Auch Papst Franziskus hat Christen aufgerufen, sich für Einheit und Versöhnung stark zu machen. Der gemeinsame christliche Glaube sei ein «Band der Hoffnung» in Europa, sagte das Kirchenoberhaupt am Mittwoch bei seiner Generalaudienz im Vatikan. In den Grüssen an die deutschsprachigen Pilger sagte er zum Beginn der Gebetswoche für die Einheit der Christen, Gemeinschaft, Versöhnung und Einheit seien möglich. «Als Christen sind wir dieser Botschaft verpflichtet und müssen sie mit unserem Leben bezeugen», so der Papst.

Franziskus begrüsste auch eine Delegation des ökumenischen Europäischen Stationenwegs, die derzeit in Rom ist. Dies sei ein «bedeutsames ökumenisches Zeichen» für die durch den Dialog erreichte Gemeinschaft. Der Europäische Stationenweg macht in mehreren Städten halt, um lokale Beziehungen zur Geschichte der Reformation aufzuzeigen. In Rom ist ein ökumenischer Gottesdienst mit Kardinal Kurt Koch, dem Präsidenten des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen, geplant.

Der Papst erinnerte nochmals an das ökumenische Gebet im schwedischen Lund, an dem er im Oktober mit Spitzenvertretern des Lutherischen Weltbundes teilgenommen hatte. Im Geist des gemeinsamen Reformationsgedächtnisses müsse «mehr auf das, was uns verbindet, als auf das, was uns trennt» geschaut werden.

Herausforderungen meistern, Brücken bauen

Von der ACK, wie auch von den beiden europäischen Konferenzen wird festgestellt, dass die Krisen und Kriege in der Welt die Kirchen immer mehr verbinden sollten. Im gemeinsamen Handeln für notleidende Menschen, die Umwelt und die «Würde des ganzen Volkes Gottes» würden auch Brücken zwischen den Kirchen gebaut, so die europäischen Konferenzen. «Die Welt braucht Botschafter der Versöhnung, die Mauern abtragen, Brücken bauen, Frieden stiften und Lebensräume öffnen.» Das heisst es auch auf der Seite der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen in der Schweiz, wo alle Unterlagen zur Einheitswoche zu finden sind.

Sicher ist, dass das Ringen um und das Gebet für die Einheit der Kirchen nach dieser Woche nach wie vor nötig sein dürften. Der Schweizer Kardinal Kurt Koch sieht eine rasche Einheit von katholischer und lutherischer Kirche als nicht realistisch (siehe Beitrag unten). Er hält aber auch fest, dass die Gebetswoche für die Einheit der Christen als «Motor der Ökumene» bezeichnet werden könne. Die ganze ökumenische Bewegung habe mit der Einführung der Gebetswoche begonnen, sagte der Schweizer Kardinal Radio Vatikan am Mittwoch. «Ich denke, das ökumenische Schiff wäre nie wirklich ausgelaufen, wenn es nicht von dieser Gebetsströmung getragen worden wäre», so der Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen.

Damit dürfte das Bemühen um die Überwindung der Konfessionsgrenzen – oder «Der längste Skandal der Kirchengeschichte», wie es das Liturgische Institut  der deutschsprachigen Schweiz nennt – weitergehen. (ms/cic)

Gottesdienst und Ökumene-Fest mit Papst Franziskus. | © kna
18. Januar 2017 | 15:19
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Anglikanische Kirche bereut Gewalt bei Reformation

Die anglikanische Kirche von England hat sich für die Gewalt während der Entstehungsjahre der anglikanischen Glaubensrichtung im Zuge der Reformation vor 500 Jahren entschuldigt. In einer gemeinsamen Erklärung erinnerten die Erzbischöfe von Canterbury und York, Justin Welby und John Sentamu, laut britischen Medienberichten von Mittwoch an die «bleibenden Schäden» durch die Reformation für die Einheit der Kirche.

Die Reformation habe zwar einen «Erneuerungsprozess eingeleitet, aber auch für Spaltung gesorgt», so die beiden hochrangigsten Vertreter der anglikanischen Kirche von England. Christen hätten gegeneinander gekämpft, sich verfolgt und getötet. Jahre des Misstrauens und des Wettbewerbs gegeneinander seien die Folge gewesen, so Welby und Sentamu weiter. In ihrer gemeinsamen Erklärung forderten sie eine «stärkere Verbundenheit» und mehr Zusammenhalt unter Christen aller Glaubensrichtungen. Es gelte, Busse zu tun – für die Untaten der Vergangenheit, aber auch für «unseren Anteil daran, dass diese Trennung noch andauert».

Im Zuge der Reformation wurden den Angaben zufolge allein in England mehr als 800 Klöster und Abteien beschlagnahmt, Bibliotheken zerstört und Kunstwerke enteignet. Tausende Menschen wurden für ihren Glauben gehängt, gevierteilt oder verbrannt. In England nahm die Reformation ihren Ausgang, als sich Heinrich VIII. im Jahr 1534 aus Wut über die Ablehnung seines Scheidungsgesuches durch den Papst mit Rom überwarf und sich selbst zum Kopf der anglikanischen Kirche ernannte. (kna)