Alain de Raemy im Quartier der Schweizergarde
Schweiz

«Die Kirche der Zukunft muss eine jugendkompatible Kirche sein»

Zürich/Rom, 10.10.18 (kath.ch) Seit knapp einer Woche läuft in Rom die Jugendsynode. kath.ch hat den Schweizer Delegierten, Weihbischof Alain de Raemy*, nach seinen ersten Erkenntnissen aus den Vorträgen im Plenum und den Diskussionen in der Sprachgruppe befragt.

Martin Spilker

Herr Weihbischof, gibt es aus Ihrer Sicht bereits einen gemeinsamen Nenner der Synodenteilnehmer zum Thema Jugend?

Alain de Raemy: Ja, der lautet «youth-friendly», jugendfreundlich.

Eine Antwort wie aus der Kanone geschossen! Hat Sie diese Einmütigkeit überrascht?

De Raemy: Eigentlich nicht. Denn es ist hier allen klar, dass die Kirche der Zukunft eine jugendkompatible Kirche sein muss. Und so zeigt sich immer wieder neu, dass es der Wille jedes Einzelnen und auch der gemeinsame Wille der Teilnehmer ist: Die Kirche will mit der Jugend Kirche sein. Einfach youth-friendly! Diese Haltung zeigt sich in den Voten von Teilnehmern quer durch alle Länder und Kulturen.

Erste Eindrücke von Weihbischof Alain de Raemy an der Jugendsynode in Rom.

Wo legen Sie persönlich den Schwerpunkt an dieser Synode?

De Raemy: Im Zuhören. Ich habe im Vorfeld der Synode in der Schweiz viel zugehört, in der Westschweiz und der deutschen Schweiz und auch, vielleicht etwas weniger, im Tessin. Jetzt bin ich hier an der Synode immer noch in der Phase des Zuhörens: den anderen Synodenteilnehmern, aber auch den 36 Jugendlichen, die hier vertreten sind.

«Mir geht es darum herauszuhören, was noch nicht gesagt worden ist.»

Mir geht es dabei auch darum herauszuhören, was noch nicht gesagt worden ist, was ich dann in meinem Beitrag zu gegebener Zeit auch sagen möchte. Aber bis Ende dieser Woche werde ich mich anmelden und meinen Text abgeben müssen.

A propos zuhören und sich beteiligen: Sie arbeiten in der deutschen Sprachgruppe mit. Warum haben Sie diese Gruppe gewählt?

De Raemy: Das war nicht direkt eine Wahl. Ich wurde erst in eine der drei französischsprachigen Gruppen eingeteilt, hatte aber die Möglichkeit, einen Änderungswunsch anzubringen. Als Vertreter der ganzen Schweiz und als Welscher schien es mir wichtig, ein Zeichen zu setzen und die grössere Bevölkerungsgruppe zu vertreten. Die deutschsprachige Gruppe an der Synode ist zudem auch die kleinste. Wir sind nur neun Mitglieder. So kann man sich auch mehr einbringen.

In der katholischen Kirche sorgen weltweit Missbrauchsthemen für Schlagzeilen. Wie stark beeinflusst dies den Verlauf der Synode?

De Raemy: Sehr stark! Es geht hier zentral um das Thema Vertrauen, das Jugendliche in der Kirche in Erwachsene haben können oder nicht. Missbrauch stellt jegliches Vertrauen in Frage. Aber ohne Vertrauen lässt sich keine tragfähige Jugendpastoral machen!

«Es wird sich zeigen, ob es eine weitere Synode erfordert.»

In der Debatte wurde und wird auch deutlich, dass wir in der Kirche das Thema Sexualität klarer benennen müssen. Die Kirche muss festlegen, wie und in welchem Rahmen sie zu Sexualität Stellung bezieht. Es wird sich zeigen, ob dies eine weitere Synode oder andere Form der Stellungnahme erfordert.

*Alain de Raemy ist der einzige Schweizer Delegierte an der Jugendsynode. Er beantwortet auf kath.ch einmal pro Woche Fragen zum aktuellen Verlauf der Versammlung.  De Raemy ist Weihbischof der Diözese Lausanne, Genf und Freiburg und verantwortet innerhalb der Schweizer Bischofskonferenz das Ressort Jugend. Als weiterer Schweizer nimmt Kardinal Kurt Koch, der frühere Bischof von Basel, als Mitglied der päpstlichen Kurie an der Synode teil.

Dossier «Jugendsynode 2018» von kath.ch

Alain de Raemy im Quartier der Schweizergarde | © Oliver Sittel
10. Oktober 2018 | 13:19
Lesezeit: ca. 2 Min.
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