Bruder Benedikt Borer (links) und Bruder Paul Zahner.
Schweiz

Der Verräter Judas und Musik in Togo: Was Bruder Paul und Bruder Benedikt in der Karwoche bewegt

Kurz vor Ostern geht es im Franziskanerkloster Mariaburg in Näfels (GL) unaufgeregt zu. Doch wie bereitet sich die Ordensgemeinschaft auf das höchste christliche Fest vor? Ein Gespräch im Refektorium des Klosters mit Bruder Benedikt Borer (91) und Bruder Paul Zahner (58).

Sabine Zgraggen

Während der Oster-Kommerz in den Läden seinen Zenit schon überschritten hat, verweist in den Gängen der Mariaburg auf dem Hügel in Näfels GL nichts auf das bevorstehende höchste Fest der Christenheit. Im Gegenteil, die Räumlichkeiten erscheinen einem noch schlichter als sonst. Keine Frühlingssträucher mit Osterschmuck, keinerlei Dekoration. Einzig die lilafarben verhangenen Kreuze verweisen auf die bevorstehende Karfreitags-Dramaturgie.

Kloster Mariaburg
Kloster Mariaburg

91-Jähriger spielt am Ostersonntag Orgel

Im Refektorium sitzen Bruder Benedikt Borer und Bruder Paul Zahner bei einem Kaffee und Zvieri. Sie sind zwei von zehn franziskanischen Minderbrüdern, die zurzeit im Kloster Mariaburg leben.

«Doch, wir hatten schon eine Sitzung in der Gemeinschaft betreffend der Planungen zu Ostern,» sagt Bruder Benedikt. «Das Lesen der Passionen muss schliesslich vorbereitet sein.» Der 91-Jährige wird am frühen Ostersonntag um halb sechs Uhr in der Kirche Orgel spielen.

Im Eingangsbereich des Franziskanerklosters Mariaburg in Näfels GL.
Im Eingangsbereich des Franziskanerklosters Mariaburg in Näfels GL.

«Aber bitte erst ab dem Gloria», wirft Bruder Paul lachend ein, offenbar geht bei seinem Mitbruder die musikalische Begeisterung schon mal früher durch. Dass die Gemeinschaft erst am Sonntagmorgen die Auferstehung Jesu feiert und nicht wie vielerorts in der Nacht davor, ist für Glarus einmalig. Viele Menschen reisen jeweils dafür an.

Jesus rettet den Verräter

Bruder Paul trägt ein geistlich ernstes Thema in die Karwoche hinein. Seit einigen Jahren bewege ihn die Gestalt des Judas, des Apostels, der Jesus verraten hat. Im berühmten Wallfahrtsort Vézelay in Frankreich, einem kleinen Dorf in der Region Burgund, gebe es auf einer der Säulen ein eindrückliches Relief.

Paul Zahner, Franziskaner.
Paul Zahner, Franziskaner.

Der Franziskaner war selbst schon dort und beschreibt das Kunstwerk so: «Das Säulenkapitell stellt Judas dar. Auf der einen Seite sieht man ihn erhängt am Baum. Aus seinem Mund kommt eine übergrosse Zunge heraus. Auf der anderen Seite des Kapitells sieht man den vermutlich toten Judas, der von einem Mann auf den Schultern getragen wird. Dieser Mann muss mutmasslich Jesus als guter Hirte sein. Er trägt den, der ihn verraten hat, und führt den, der seinen Tod verursachte, zu einem neuen Leben. Judas ist gerettet, weil der barmherzige Jesus ihn rettet.» Dies sei die «unfassbar tiefe Aussage des Bildes», zeigt sich Bruder Paul ergriffen.

«Die Barmherzigkeit ist das Geheimnis Gottes»

Dass Papst Franziskus ebenfalls den Wallfahrtsort in Vézelay bereiste und in seinen Predigten mehrmals auf das Motiv «Judas und der gute Hirte» Bezug nahm, enthält durchaus Brisanz. In traditionalistischen Kreisen wird diese theologische Deutung als Häresie empfunden. Doch der Papst bleibt dabei: «Die Barmherzigkeit ist ein Geheimnis, sie ist das Geheimnis Gottes», wird er in der Kirchenzeitung der Diözese Linz zitiert.

Giotto: Der Judaskuss auf einer Freske in Padua.
Giotto: Der Judaskuss auf einer Freske in Padua.

Dass man die verzeihende Liebe Gottes gross und immer grösser denken dürfe, ist auch Bruder Paul ein grosses Anliegen: «Das vertiefte Nachdenken darüber, wie weit die göttliche Liebe bereit ist zu gehen, erfahren wir an jedem Karfreitag mit Blick auf Christus am Kreuz aufs Neue.»

Verbunden mit Menschen und Musik in Togo

Und welche Themen trägt Bruder Benedikt noch mit sich in dieser vorösterlichen Zeit? Er schaue sich YouTube-Videos an, um weiterhin die Entwicklung der Musik in Togo zu verfolgen, so der Franziskaner. Er war dort früher als Missionar tätig und fühlt sich immer noch den Menschen in dem westafrikanischen Land verbunden.

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Bruder Benedikt gerät regelrecht ins Schwärmen. Es sei wunderbar, was die Menschen dort machten. Ganz etwas Eigenes, nicht mehr kopiert von der europäischen Musik, sondern ganz aus ihrer eigenen Kultur heraus. «Da wächst ein neues musikalisches Kulturbewusstsein, das sowohl christlich als auch aus den eigenen kulturellen Wurzeln geprägt ist.» Tanz und Gesang seien dort miteinander verbunden, sagt der Schweizer Franziskaner. «Davon etwas mehr auch bei uns zu erleben, wäre schön.»

Mehr zur Darstellung des Judas-Kapitells: Christoph Wrembek SJ, «Judas, der Freund. Du, der du Judas trägst nach Hause, trage auch mich». Verlag Neue Stadt, 5. Auflage 2019, 158 Seiten.


Bruder Benedikt Borer (links) und Bruder Paul Zahner. | © Sabine Zgraggen
27. März 2024 | 16:35
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