Papst Franziskus steht am Fenster des Apostolischen Palastes beim Angelus-Gebet am 18. Juni 2023 im Vatikan.
Vatikan

Der Oktober wird heiss: Papst Franziskus lädt Konservative nach Rom

Am Freitag hat der Vatikan die Teilnehmerliste für die Weltsynode im Oktober veröffentlicht, Unter den Namen gibt es einige Überraschungen. Unter den berufenen Delegierten sind auch einige sehr konservative Bischöfe.

Ludwig Ring-Eifel

Als Papst Franziskus im Mai 2021 eine weltweite Synode zum Thema Synodalität ankündigte, konnten sich selbst Kirchen-Experten ein Gähnen nicht verkneifen. Schon der von Franziskus geprägte Begriff der «Synodalität» versprach eher eine Veranstaltung für Insider. Es schien ein Thema für Kirchenrechtler oder für Kenner der Ökumene – waren es doch protestantische und orthodoxe Kirchen, die schon immer auf Synoden diskutierten, abstimmten und ihr Führungspersonal wählten.

Synode als leeres Versprechen?

Wie aber sollte die katholische Kirche «synodal» werden, wo sie doch seit Jahrhunderten einer Pyramide gleicht: Der Papst entscheidet an der Spitze, in den einzelnen Bistümern hat ein Bischof das Sagen, und in der Pfarrei der Pfarrer. Dass diese Art der Hierarchie aber nicht der Weisheit letzter Schluss ist, beschäftigt die Päpste seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965).

Seit dem Zweiten Vatikanum sind Laiinnen und Laien in der katholischen Kirche auf dem Vormarsch.
Seit dem Zweiten Vatikanum sind Laiinnen und Laien in der katholischen Kirche auf dem Vormarsch.

Damals wurde die alleinige Entscheidungsgewalt des Papstes in Fragen der kirchlichen Lehre und des Rechts ergänzt um ein «kollegiales Prinzip». Von nun an sollte das Kollegium der Bischöfe «gemeinsam mit und unter dem Papst» wichtige Fragen der Zeit beraten, und so wurde 1965 das neue, den Papst beratende Organ der «Weltbischofssynode» geschaffen.

Unter Franziskus sind Diskussionen erwünscht

Freilich sorgte die vatikanische Regie dafür, dass diese etwa alle zwei Jahre tagende Versammlung von Bischöfen nie wirklich heftig diskutieren oder knapp abstimmen konnte. Das hat sich unter Franziskus bereits verändert, als die Synode 2014 und 2015 streckenweise kontrovers darüber diskutierte, wie die Kirche mit Katholiken umgehen soll, die nach einer Scheidung in zweiter Ehe leben. Auch das Abstimmungsergebnis zu diesem Punkt fiel knapp aus.

Wenn der Papst nun der katholischen Kirche eine synodale Verfassung verordnen will, in der ausser dem Papst und den Bischöfen auch das «Volk Gottes» mitberaten und mitbestimmen soll, kommt das in manchen Ländern und in einigen katholischen Denktraditionen einer Revolution gleich. Anderswo, etwa in Deutschland oder in der Schweiz, aber auch in den Ordensgemeinschaften oder in den mit Rom vereinten Ostkirchen, gibt es längst Erfahrung mit Mitbestimmung und synodalen Traditionen.

Teilnehmerliste gibt Einblicke in Konflikt- und Lösungs-Potenziale

Deshalb wurde mit Spannung erwartet, welche Teilnehmer sich am Ende auf der Liste der «Mitglieder» und der «sonstigen Teilnehmer» finden würden und für welche Denkweisen sie stehen. Das rund 370 Namen zählende Tableau der vor Ort gewählten, der von Amts wegen feststehenden sowie der vom Papst ernannten Teilnehmer wirkt auf den ersten Blick unüberschaubar.

Wachsamer Schweizergardist auf dem Petersplatz in Rom während einer Audienz von Papst Franziskus.
Wachsamer Schweizergardist auf dem Petersplatz in Rom während einer Audienz von Papst Franziskus.

Doch dann werden einige Strukturen und herausragende Einzelpersönlichkeiten sichtbar. Sie geben Aufschluss über das Konflikt- und auch das Lösungs-Potenzial der Versammlung, die im Oktober in Rom zusammenkommt.

Ernennung Konservativer soll Flügelkämpfen vorbeugen

Zu den überraschendsten Ernennungen gehört die der «drei Glaubens-Präfekten». Der oft als konservativer Papstkritiker auftretende Ex-Glaubens-Präfekt, Kardinal Gerhard Ludwig Müller, wurde ebenso berufen wie sein Nachfolger, Kardinal Luis Ladaria, und dessen eher fortschrittlicher Nachfolger Victor Fernandez.

Kardinal Gerhard Ludwig Müller gehört zu den einflussreichsten Kritikern von «Fiducia supplicans».
Kardinal Gerhard Ludwig Müller gehört zu den einflussreichsten Kritikern von «Fiducia supplicans».

Damit versucht der Papst offenbar, spätere Flügelkämpfe über die Deutung der Synode zu vermeiden, indem er Vorkämpfer beider Flügel gleich in die Synodendebatte einbezieht. Auch die Ernennung des Passauer Bischofs Stefan Oster dürfte so motiviert sein. Unter den insgesamt neun Deutschen (den «Berater» Thomas Söding und die in Erfurt lehrende Kirchenrechtlerin Myrjam Wijnens eingerechnet), sind jetzt Reformer, Bewahrer und «Mittige» gleich stark vertreten.

Versammlung solle alle Positionen abdecken

Ähnlich ging der Papst bei den bischöflichen Teilnehmern aus den USA vor: Die Auswahl der Bischofskonferenz war eher konservativ, nun stellte der Papst drei ihm nahe stehende Kardinäle hinzu: Wilton Gregory, Robert McElroy und Blase Cupich.

Zu den aus der Menge herausragenden Einzelpersönlichkeiten zählt der Synoden-Veteran schlechthin, der Wiener Kardinal Christoph Schönborn. Er hat schon bei der Familiensynode 2015 die entscheidenden Kompromisse mit geschmiedet. Auch diesmal wird er mit viel Synodenerfahrung und Verhandlungsgeschick gefordert sein.

Daneben gibt es weitere markante Figuren, wie den LGBTQ-Seelsorger James Martin aus den USA, den ehemaligen Dominikaner-Oberen Timothy Radcliffe und den Jesuiten-Chefideologen Antonio Spadaro. Er ist – wenn man den Papst mitzählt – einer von 20 Jesuiten bei der Synode. Sie stellen damit die stärkste Gruppe unter den Orden, gefolgt von den Dominikanern mit sechs Mitgliedern.(cic)


Papst Franziskus steht am Fenster des Apostolischen Palastes beim Angelus-Gebet am 18. Juni 2023 im Vatikan. | © Cristian Gennari/Romano Siciliani/KNA
8. Juli 2023 | 09:01
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