Bischof Charles Morerod an einem Anlass der Franziskaner in Freiburg
Schweiz

Der neue Präsident der Schweizer Bischofskonferenz, Charles Morerod, vertraut auf Selbstironie

Freiburg, 4.9.15 (kath.ch) «Meine nächsten Mitarbeiter sind mein Korrektiv», sagt der designierte Präsident der Schweizer Bischofskonferenz (SBK), Charles Morerod, von sich und ergänzt im Gespräch am Donnerstag, 3. September, mit kath.ch: Möglicherweise werde ab dem 1. Januar, wenn er sein zusätzliches Amt als SBK-Präsident antritt, auch das Schweizer Volk als Korrektiv auf ihn einwirken.

Georges Scherrer

Einen markanten Unterschied zwischen dem scheidenden Präsidenten der SBK und seinem Nachfolger gibt es: Der St. Galler Bischof Markus Büchler beruft sich gern darauf, dass er seine Entscheide auch als «Seelsorger» trifft. Morerod verweist sehr schnell auf die kirchliche Lehre, die er wortgewandt darlegt. Kein Wunder, führte seine Laufbahn doch über wichtige theologische Lehranstalten.

Morerod, 1961 in Riaz im freiburgischen Greyerzbezirk geboren, empfing nach dem Theologiestudium in Freiburg (Schweiz) 1988 in Genf die Priesterweihe. 1996 doktorierte er in Freiburg in Theologie, 2004 erwarb er im französischen Toulouse einen zweiten Doktortitel in Philosophie. An der Universität Freiburg nahm er seine Lehrtätigkeit auf und setzte sie in Rom fort, wo er 15 Jahre unterrichtete, bevor er 2011 zum Bischof des Bistums Lausanne-Genf-Freiburg ernannt wurde. Noch 2009 wurde er Rektor der Philosophischen Fakultät der Päpstlichen Universität San Tommaso d’Aquino (Angelicum) in Rom. Er war auch Sekretär der Internationalen Theologenkommission im Vatikan.

Der Dominikaner machte nie einen Hehl daraus, dass er äusserst ungern den Bischofssitz in der Schweiz übernahm und lieber seine akademische Laufbahn fortgesetzt hätte. So erstaunte es nicht, dass er als Bischof sehr schnell deutlich machte, das Bistum sei zu gross, um nur durch ihn und einen Weihbischof verwaltet zu werden. Der Ruf wurde in Rom gehört: Mit Alain de Raemy erhielt Morerod einen zweiten Weihbischof.

«Ich werde nicht mehr überlastet sein als bisher»

Und nun das präsidiale Amt! Ab dem 1. Januar ist Morerod Präsident der Schweizer Bischofskonferenz. Er winkt ab und lacht: «Ich werde nicht mehr überlastet sein als bisher. Denn ich kann dem, was ich bereits tue, praktisch nichts hinzufügen», sagt er gegenüber kath.ch. Er werde nicht darum herum kommen, einige diözesane Aufgaben abzugeben, «was ich bedaure». Andererseits müsse jemand der Bischofskonferenz vorstehen. «Wenn ich es nicht tue, dann fällt diese Last einem anderen zu.»

Als Bischof sei er immer wieder mit Problemen konfrontiert worden, welche die Menschen in seinem Bistum bewegten. Wird er sich in Zukunft die Probleme der ganzen Kirche Schweiz anhören müssen? «Als Bischof begegne ich den verschiedensten Menschen. Alle stellen Fragen.» Was die Frage des einen sei, sei jedoch nicht jene eines anderen Menschen, gibt der Bischof zu bedenken. «Auf die untereinander zum Teil widersprüchlichen Auffassungen der Fragenden einzugehen, gehört zur Aufgabe eines Bischofs», hält Morerod fest.

Der Präsident der Bischofskonferenz ist nicht ein Chef, der den anderen Bischöfen vorgeben kann, was zu tun ist, präzisiert Morerod. «Die Bischofskonferenz hat keine Befehlsgewalt über die Bistümer. In der Schweiz versteht man diese Struktur. Auch der Bundesrat hat einen Präsidenten, der im Turnus wechselt. Der Präsident ist jedoch nicht befugt, den anderen Bundesräten vorzugeben, was zu tun ist.» Als Präsident der Bischofskonferenz obliege es ihm, die Gespräche zu koordinieren und den internen Dialog zu fördern.

Glaubensbereinigung

Als Präsident werde er auch dafür einstehen müssen, was Kirche ist. «In der Schweiz glauben die meisten Menschen zu wissen, was christlicher Glaube ist. Im Grunde wissen sie aber sehr wenig.» Das führe zu nicht wenigen Missverständnissen. Als Präsident werde er sich bemühen, diese Missverständnisse auszuräumen. «Ich bin mir aber gewohnt, mit den Leuten zu diskutieren», meint Morerod und weist auf seine Ausbildung und seine lange Erfahrung als Universitätsprofessor hin.

Er geht davon aus, dass sich die Fragen, die im Lehrbetrieb gestellt werden, nicht wesentlich von jenen unterscheiden, welche die Menschen bewegen. Als Präsident der Bischofskonferenz werde er vermehrt auf gesellschaftspolitische Fragen stossen. «Ich verstehe mich nicht als eine politische Person», warnt der Bischof. Die Theologie befasse sich aber auch mit Fragen, die im gesellschaftspolitischen Kontext stehen. Es sei jedoch überhaupt nicht seine Absicht, sich am «Konzert der Politiker» zu beteiligen.

Mit Selbstironie in die Zukunft

Morerod geht davon aus, dass sein Amt eine grosse Belastung darstellen könnte. Er geht mit grossem Vertrauen ans Werk. «Manchmal gibt es Dinge, die nicht lustig sind. Wenn man diesen Entwicklungen mit einem Lächeln begegnet, dann hilft das.» Man müsse aber zuallererst über sich selber lachen können. Er selber bemühe sich, sein Tun mit einer gewissen Selbstironie zu hinterfragen. «Und ich muss gestehen, dass meine nächsten Mitarbeiter dabei sehr hilfreich sind. Sie stellen für mich mit ihrer Haltung eine grosse Hilfe dar. Sie sind mein Korrektiv.» In Zukunft werde vermutlich die ganzen Schweiz ein solches Korrektiv bilden – und Morerod ergänzt, nicht nachdenklich, sondern lächelnd: «In gewisser Weise wird das so sein.» (gs)

Bischof Charles Morerod an einem Anlass der Franziskaner in Freiburg | © Georges Scherrer
4. September 2015 | 10:52
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