Im Caritas Markt in Luzern kaufen auch sehr viele ukrainische Flüchtlinge ein.
Schweiz

«Der Laden ist sehr wichtig»: Caritas-Markt in Luzern boomt

Seit Beginn des Ukraine-Kriegs ist die Nachfrage nach günstigen Produkten im Caritas-Markt in Luzern gestiegen. Um das Angebot für Menschen mit kleinem Budget weiter zu verbessern, hat die Caritas Luzern den Markt an der Bleicherstrasse jüngst umgebaut.

Wolfgang Holz

Olga Nikolajewna steht vor dem Gemüseregal im Caritas Markt in Luzern. «Ich komme aus Luhansk. Ich bin seit eineinhalb Monaten hier. In meinem Haus in der Ukraine, in dem ich zuletzt alleine wohnte und mein ganzes Leben verbracht habe, sind die Fenster zerschossen», erzählt die 60-Jährige.

Wischt sich Tränen aus den Augen

Zuhause könnte sie sich aus dem eigenen Garten ernähren. Jetzt ist sie froh über das günstige Angebot bei der Caritas. Ihre Tochter und deren Sohn aus Donezk seien schon seit März in Luzern und wollten nicht mehr zurückkehren. «Ich würde aber gerne wieder in meine Heimat fahren – aber das geht jetzt leider nicht mehr. Wahrscheinlich muss ich nun auch bleiben», sagt Olga Nikolajewna. Und wischt sich Tränen aus den Augen.

Jeden Morgen von Dienstag bis Samstag öffnet der Caritas Markt in der Bleicherstrasse 10 in Luzern seine Pforten.
Jeden Morgen von Dienstag bis Samstag öffnet der Caritas Markt in der Bleicherstrasse 10 in Luzern seine Pforten.

Die Ukrainerin aus dem Donbass, dort wo im Augenblick heftige Kämpfe zwischen der ukrainischen und der russische Armee toben, ist nicht die Einzige an diesem Morgen im Caritas-Markt Luzern.

Gerade erst hat der Laden seine Pforten geöffnet. Rund 30 Personen haben draussen Schlange gestanden und drängen sich jetzt in den engen Regalen des umgebauten Markts. Menschen aus aller Welt. Vor allem zahlreiche ukrainische Flüchtlinge.

Zwei Packungen Fischstäbchen

Farchab aus Kiew ist auch vor dem Krieg geflüchtet. Er nimmt sich aus den neuen Tiefkühlregalen im Caritas-Markt zwei Packungen Fischstäbchen. «Ich bin schon seit vier Monaten mit meiner Familie in Luzern.» Der 59-Jährige ist dankbar für das günstige Lebensmittelangebot. Allerdings bedauert er, dass es im Bus keine Preisreduzierungen gibt. Nicht wenige wie er fahren nämlich aus der «Agglo» Luzern mit dem Bus hierher in die Stadt.  

Farchab aus Kiew ist schon vier Monate in Luzern.
Farchab aus Kiew ist schon vier Monate in Luzern.

«Durch diese Hilfsmassnahmen hat die Kundschaft im Caritas-Markt in Luzern in den letzten zwei Monaten um rund 30 Prozent zugenommen.»

Daniel von Holzen, Leiter der Caritas Läden und Märkte in Luzern

Die Caritas Luzern hat bisher über 3000 Einkaufskarten für den Caritas-Markt über Pfarreien, die Dienststelle Asyl- und Flüchtlingswesen des Kantons Luzern und den Sozialdienst Asyl in Zug an Geflüchtete aus der Ukraine und ihre Gastfamilien abgegeben. Weiter hat das Hilfswerk Lebensmittelgutscheine im Wert von 23’000 Franken verteilt. «Durch diese Hilfsmassnahmen hat die Kundschaft im Caritas-Markt in Luzern in den letzten zwei Monaten um rund 30 Prozent zugenommen», gibt Daniel von Holzen, Leiter der Caritas Läden und Märkte in Luzern Auskunft.

Daniel von Holzen (rechts), Leiter der Caritas Läden und Märkte in Luzern, holt Nachschub. Links: Zivildienstleistender Josip Tadic.
Daniel von Holzen (rechts), Leiter der Caritas Läden und Märkte in Luzern, holt Nachschub. Links: Zivildienstleistender Josip Tadic.

Um die erhöhte Nachfrage zu bewältigen und der Kundschaft ein noch besseres Angebot zu bieten, hat die Caritas Luzern den Caritas-Markt an der Bleicherstrasse umgebaut. Unter anderem wurde eine weitere Kasse in Betrieb genommen, um Warteschlangen zu vermeiden. Zudem wurden zusätzliche Verkaufsregale und Tiefkühlgeräte installiert. Durch die Corona-Pandemie sei der Bedarf an Tiefkühlartikeln, die sich durch Frische, Geschmack und lange Haltbarkeit auszeichnen, merklich gestiegen.

Rund 1200 Artikel hat es im Angebot im Caritas Markt in Luzern.
Rund 1200 Artikel hat es im Angebot im Caritas Markt in Luzern.

Wer an oder unter der Armutsgrenze lebt, sprich: wer Sozialhilfe oder Ergänzungsleistungen bezieht und armutsbetroffen ist, kann im Caritas-Markt vergünstigt Lebensmittel und Haushaltsartikel einkaufen.

Seit Ausbruch der Corona-Pandemie sind noch mehr Menschen in der Zentralschweiz auf dieses Angebot angewiesen. Auch Geflüchtete aus der Ukraine und ihre Gastfamilien erhalten als Überbrückungshilfe unbürokratisch Zugang zu den günstigen Produkten. Aus rund 1200 Artikeln können die Kunden auswählen. Kurios: Auf einer Palette im Geschäft lockt jetzt im Juli eine Parade von günstigen Nobel-Osterhasen zum Kauf.

Schoggi-Hasen-Parade: Im Caritas Markt sind die Produkte im Schnitt um 30 Prozent günstiger.
Schoggi-Hasen-Parade: Im Caritas Markt sind die Produkte im Schnitt um 30 Prozent günstiger.

Die Produkte im Caritas-Markt sind generell rund 30 Prozent günstiger als im normalen Handel. Der Caritas-Markt bietet eine grosse Auswahl an Lebensmitteln, Körperpflegeprodukten, Hygieneartikeln und Reinigungsmitteln sowie täglich frisches, hochwertiges Gemüse und saisonale Früchte zu budgetgerechten Preisen.

«Der Markt ist sehr wichtig für die Caritas Luzern und für die Menschen hier.»

«Lediglich wenn Aldi und Lidl punktuell ein günstiges Wochenangebot machen, können wir nicht konkurrieren», räumt von Holzen ein. Was den durchschnittlichen Warenkorb angehe, sei die Caritas aber immer günstiger. Zehn Grundnahrungsmittel wie Mehl, Zucker, Salz, Öl und Milch sind stets günstig im Angebot.

Rund 300 Kunden pro Tag

«Der Markt ist sehr wichtig für die Caritas Luzern und für die Menschen hier», sagt der 60-Jährige. Rund 300 Personen kaufen täglich an der Bleicherstrasse 10 von Dienstag bis Samstag ein. Daniel von Holzen, der aus Nidwalden stammt und eine kaufmännische Ausbildung hat, arbeitet schon 20 Jahre für die karitative Organisation. «Die Märkte sind Leuchttürme, die zeigen, wie konkret Diakonie geleistet wird.»

Jeden Morgen wird im Caritas-Markt Brot von fünf lokalen Bäckereien angeboten, die ihr Brot vom Vortag abgeben.
Jeden Morgen wird im Caritas-Markt Brot von fünf lokalen Bäckereien angeboten, die ihr Brot vom Vortag abgeben.

Beliefert wird der Caritas-Markt in erster Linie von der Genossenschaft Caritas Markt. Die wiederum erhält ihre Ware unter anderem von Denner, Lidl und Migros zu günstigen Konditionen. «Abgelaufene Ware gibt es bei uns nicht in den Regalen», sagt Daniel von Holzen. Regionale Lieferanten verzeichne man nur wenige. «Bis auf die fünf Luzerner Bäckereien, bei denen wir jeden Morgen um sieben das Brot von gestern abholen dürfen.»

«Wir schreiben jedes Jahr Verlust.»

«Für die Märkte wird Geld ausgegeben», erklärt Daniel von Holzen. Mit den Verkäufen von Caritas Wohnen, dem gut sortierten Möbelgeschäft mit «Brocki-Ware» gleich nebenan, wird dagegen auf gut 1000 Quadratmeter Ladenfläche Geld generiert.

«Wir schreiben trotzdem jedes Jahr Verlust», sagt der Luzerner Leiter. Finanziert wird die Caritas durch Spenden von Privaten, Stiftungen oder vom Lotteriefonds. «Bei den Märkten kommt die Unterstützung zu rund 60 Prozent von der katholischen Kirche.»

Ein Kreuz für fünf Franken: Stephanie Kasch sortiert bei Caritas Wohnen Artikel für das Flohmarkt-Sortiment aus.
Ein Kreuz für fünf Franken: Stephanie Kasch sortiert bei Caritas Wohnen Artikel für das Flohmarkt-Sortiment aus.

Beschäftigungsprogramm

Neben den günstigen Einkaufsmöglichkeiten bietet der Caritas-Markt auch Arbeit für Menschen, die Schwierigkeiten haben, im ersten Arbeitsmarkt eine Stelle zu finden. Jugendliche mit Bildungsdefiziten, Stellensuchende mit geringen beruflichen Qualifikationen, Erwerbslose über 50 Jahren und Migranten aus Drittstaaten erhalten im Caritas-Markt einen sinnvollen und realitätsnahen Arbeitsplatz. Auch Zivildienstleistende helfen mit.

Daniel von Holzen: «So können sie ihren Erfahrungsschatz ausbauen und ihre fachlichen und sozialen Kompetenzen erweitern. Durch die Kombination von Arbeit und Bildung werden die Teilnehmenden der Arbeitsintegrationsprogramme individuell gefördert.»

«Dieses Holzkreuz sieht noch sehr gut aus.»

Stephanie Kasch

Stephanie Kasch ist eine von ihnen. Sie arbeitet seit wenigen Tagen bei Caritas Wohnen. Sie sortiert gerade angelieferte «Brocki-Ware» aus und überprüft ihre Tauglichkeit für das Flohmarktangebot im Geschäft. «Dieses Holzkreuz sieht noch sehr gut aus. Es wird wahrscheinlich für vier oder fünf Franken verkauft.»


Im Caritas Markt in Luzern kaufen auch sehr viele ukrainische Flüchtlinge ein. | © Wolfgang Holz
16. Juli 2022 | 12:00
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