Papst Franziskus
Vatikan

Der Knast-Papst: Das Engagement von Franziskus für Gefangene

Häftlinge liegen Papst Franziskus am Herzen. Derzeit richtet er den Fokus besonders auf Italiens Gefängnisse. Deren Zustände sind dramatisch …

Severina Bartonitschek

Triste Innenhöfe umgeben von hohen Mauern und Zäunen, Plastikstühle hinter Absperrgittern, Gesänge, die an Fussballfans auf einer Stadiontribüne erinnern: Kaum ungleicher könnte die Szenerie zu einer Messe im prunkvollen Petersdom sein. Dennoch oder gerade aus diesen Gründen gehören die Gefängnisbesuche des Papstes zu den emotionalsten Begegnungen ausserhalb des Vatikans.

Hausfassade des Frauengefängnisses Giudecca, in dem sich der Vatikan-Pavillon der Biennale in Venedig (Italien) befindet, am 16. April 2024.
Hausfassade des Frauengefängnisses Giudecca, in dem sich der Vatikan-Pavillon der Biennale in Venedig (Italien) befindet, am 16. April 2024.

Aufmerksamkeit für italienische Haftanstalten

Derzeit lenkt Franziskus wieder gezielt die gesellschaftliche wie mediale Aufmerksamkeit auf Italiens Haftanstalten. Während seines Verona-Besuchs am vergangenen Wochenende besuchte er das Gefängnis von Montorino. Nur drei Wochen zuvor traf er Insassinnen der Frauenhaftanstalt auf der Insel Giudecca in Venedig. Dort hatte der Vatikan gar seinen aktuellen Pavillon für die Kunstausstellung Biennale eingerichtet.

Regelmässige Fusswaschungen in Gefängnissen

An Gründonnerstag wusch er die Füsse weiblicher Inhaftierter im Gefängnis Rebibbia in Rom. Bereits vor seinem ersten Osterfest nach Amtsantritt 2013 hatte Franziskus mit der Tradition der Fusswaschung an Priestern in der römischen Lateranbasilika gebrochen und den Ritus in eine Jugendhaftanstalt verlegt. Seitdem vollzieht er die Zeremonie regelmässig in Gefängnissen.

Betreuerinnen im Frauengefängnis
Betreuerinnen im Frauengefängnis

Auch bei Franziskus’ Auslandsreisen stehen immer wieder Begegnungen mit Häftlingen auf dem Programm – Amnestien für Inhaftierte kommen ebenfalls vor. Credo des Pontifex: Gott vergibt alles und er vergibt immer. Strafgefangene und ihre gesellschaftliche Wiedereingliederung liegen ihm besonders am Herzen. Beispiele für deren prekäre Situation – und auch die des Wachpersonals – finden sich direkt vor den Toren des Vatikans.

Chronisch überbelegte Gefängnisse

Regelmässig untersucht der gemeinnützige Verein Antigone die Zustände in Italiens chronisch überbelegten Gefängnissen. Laut des aktuellen Reports mit Zahlen des Justizministeriums befanden sich am 31. März dieses Jahres 61’049 Personen in Haft; offiziell haben Italiens Haftanstalten aber nur Kapazität für 51’178 Personen.

Die landesweite Überbelegungsrate liegt bei gut 119 Prozent. Die höchste Überfüllungsquote verzeichnet die süditalienische Region Apulien mit 152 Prozent, gefolgt von der Lombardei (144 Prozent) und Venetien (134 Prozent). Insgesamt 39 Haftanstalten sind zu über 150 Prozent überbelegt.

Gemälde des russischen Künstlers Pavel Pepperstein: Mann in schwarzer Acrylfarbe an der Wand des Zuger Gefängnisses
Gemälde des russischen Künstlers Pavel Pepperstein: Mann in schwarzer Acrylfarbe an der Wand des Zuger Gefängnisses

Spitzenreiter ist das Gefängnis von Brescia, das mehr als doppelt so viele Häftlinge beherbergt wie vorgesehen. Auch die römische Haftanstalt Regina Coeli rangiert mit 181,8 Prozent auf den oberen Rängen.

Nur Drittel der Häftlinge gehen regelmässiger Arbeit nach

Bei diesen Belegungszahlen ist eine Beschäftigung aller Gefangener nicht möglich. Einer regelmässigen Arbeit gehen nur etwa ein Drittel der Häftlinge nach. Es mangelt an Personal für die Überwachung wie auch für die medizinische, psychologische und soziale Betreuung.

Dieser Ressourcenmangel bringt Spannungen und Gewalt – auf beiden Seiten der Gitterstäbe. Regelmässig prangert die Gewerkschaft der Gefängnispolizei die Zustände in Italiens Gefängnissen an, fordert umfangreiche ausserordentliche Einstellungen von Personal.

30 Gefängnisinsassen haben sich das Leben genommen

Von einem «Gemetzel» spricht deren Sekretär, wenn es um die Zahl der Suizide in Gefängnissen geht. Seit Jahresbeginn haben sich landesweit mindestens 30 Insassen das Leben genommen, ausserdem drei Justizvollzugsbeamte. Unter Italiens Polizeikräften haben sie die höchste Suizidrate.

Papst Franziskus
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Ein Phänomen, auf das Papst Franziskus bei seinem Gefängnisbesuch in Verona aufmerksam machen wollte. Traurige Bekanntheit erlangte die dortige Einrichtung durch fünf Selbsttötungen seit letztem November.

Mehr an Freiheit für Gefangene

«Ich erneuere meinen Appell, insbesondere an diejenigen, die in diesem Bereich handeln können, sich weiterhin für die Verbesserung des Lebens in den Gefängnissen einzusetzen», sagte das Kirchenoberhaupt in einer Ansprache.

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Wenigstens symbolisch möchte Franziskus für ein Mehr an Freiheit für Gefangene sorgen. Im anstehenden Heiligen Jahr 2025 wird der Papst eine Heilige Pforte in einem Gefängnis eröffnen. Dies soll laut Franziskus ein greifbares «Zeichen der Hoffnung» sein. Regierungen rief der Papst zu tatsächlichen Straferlassen im Heiligen Jahr auf. (kna)


Papst Franziskus | © Vatican News
25. Mai 2024 | 15:00
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