Bruder Edmund
Porträt

Der Gärtner von Schwyz: Zu Besuch in Bruder Edmunds Paradies auf Erden

Bruder Edmund Furrer (82) ist seit fast 60 Jahren für den grossen Garten im Kapuzinerkloster Schwyz verantwortlich. Seine Mitbrüder werden immer älter. In voller Blüte stehen vor allem Bruder Edmunds Blumen. Gerne würde er eines Tages im Garten tot umfallen: «Das ist mein Ort, hier gehöre ich hin.»

Jacqueline Straub

«Bruder Edmunds feine Äpfel und Birnen aus dem Klostergarten sind reif», steht auf einem Schild am Eingang des Kapuzinerklosters Schwyz. Hinter den dicken Klostermauern befindet sich ein grosser, alter Garten. Seit über 400 Jahren werden hier Gemüse und Früchte angebaut. Zwischen den letzten blühenden Blumen sitzt Bruder Edmund Furrer auf einem Stuhl im Schatten. Er macht ein paar Minuten Pause.

Hinweis auf Bruder Edmunds Klostergarten am Eingang zum Kapuzinerkloster in Schwyz.
Hinweis auf Bruder Edmunds Klostergarten am Eingang zum Kapuzinerkloster in Schwyz.

Seit 1966 lebt Bruder Edmund im Kapuzinerkloster Schwyz. Seitdem ist er für die Pflege des Gartens zuständig. «Es hat sich im Kloster in den letzten 56 Jahren viel verändert», sagt Bruder Edmund (82). «Nur die Arbeit im Garten ist immer dieselbe geblieben.» Jedes Jahr stehen dieselben Aufgaben an. Bruder Edmund findet das nicht langweilig: «Das ist eine gute Struktur, eine Konstante im Leben.»

«Ich habe meine Entscheidung nie bereut.»

Bruder Edmund ist in Gunzwil LU auf einem Bauernhof aufgewachsen. «Einmal im Jahr besuchten die Kapuziner unseren Bauernhof und sammelten Almosen ein», erzählt er. Nach einem Assisi-Besuch wollte er Kapuziner werden. Verzicht auf Sex und Familie? «Ich habe meine Entscheidung nie bereut», sagt Bruder Edmund. Er macht einen zufriedenen Eindruck.

Klostergarten Schwyz
Klostergarten Schwyz

«Früher war es im Kloster wesentlich strenger», erzählt der Kapuziner. Heute sei das Klosterleben lockerer und menschlicher. «Wir sind nun alle Brüder.» Das war nicht immer so: Früher gab es bei den Kapuzinern eine klare Hackordnung. Die Priester, die Patres bestimmten über die Fratres, die Laienbrüder.

«Im Garten habe ich meine Ruhe.»

«Die Patres haben auf Latein gebetet, wir Laienbrüder auf Deutsch. Dadurch entstand das Gefühl, dass die Patres besser sind», sagt Bruder Edmund und lacht. «Schon lange beten wir zusammen auf Deutsch. Das schafft Gemeinschaft und ist schön.» Bruder Edmund findet, dass die Brüder ruhiger seien als die Priester. Er selbst zählt sich zu denen, die sich nach Ruhe sehnen. «Das hat sicher auch mit meiner Arbeit zu tun. Im Garten habe ich meine Ruhe.»

Bruder Edmund vor seinen Webereien am Eingang zum Kapuzinerkloster.
Bruder Edmund vor seinen Webereien am Eingang zum Kapuzinerkloster.

Als er noch jünger war, war Bruder Edmund auch noch Sakristan und fertigte Webereien im Winter an. «Heute mache ich nur noch den Garten», sagt er. Der Klostergarten umfasst 1700 Quadratmeter. Bis vor wenigen Jahren betreute der 82-Jährige auch noch andere Gärten in den umliegenden Dörfern.

«Unsere Klostergemeinschaft ist älter geworden.»

Viele seine Mitbrüder sind bereits verstorben. Erst vor wenigen Wochen wurde ein Mitbruder im Alter von 102 Jahren beerdigt. «Unsere Klostergemeinschaft ist älter geworden.» Seit gut 40 Jahren hat das Kloster eine Pflegestation mit zwölf Betten, auf der momentan acht Mitbrüder untergebracht sind. «Eine Zeitlang haben wir auch Externe betreut.»

Die letzten Blumen blühen noch im Klostergarten.
Die letzten Blumen blühen noch im Klostergarten.

Zu Beginn haben Mitbrüder die Pflegestation geleitet und betrieben. Doch weil die Kapuziner immer älter und gebrechlicher werden, mussten sie Pflegefachleute einstellen. «Hätten wir die Pflegestation nicht, gäbe es unser Kloster nicht mehr», sagt Bruder Edmund nachdenklich. «Es schmerzt, dass Klöster aufgehoben werden. Ich wünsche mir junge Brüder, aber das kann ich mir nicht wünschen, weil es ja keine mehr gibt.»

Bruder Edmund begutachtet die Apfelernte.
Bruder Edmund begutachtet die Apfelernte.

In den letzten 50 Jahren hat sich auch Einiges im Garten verändert. Viele der einst 500 Bäume sind längst gefällt. «Der Arbeitsaufwand wurde zu gross und der Ertrag zu klein», sagt Bruder Edmund, während er den Hang zur Apfelbaumplantage herunterschaut.

«Es müssen immer 100 Prozent sein – oder mehr.»

Bruder Edmund hätte nie gedacht, dass er bis ins hohe Alter die Arbeit im Garten stemmen kann. «Wie lange ich das noch machen werde, hängt von meiner Gesundheit ab.» Noch fühle er sich fit. Nur Rückenschmerzen plagen ihn.

Bruder Edmund sagt, er sei ein Perfektionist. Er könne den Garten noch nicht übergeben – es gebe noch zu viel zu tun. Auch in seiner Lehre als Geflügelfachmann habe er sich nicht mit 99 Prozent zufriedengegeben. «Es müssen immer 100 Prozent sein – oder mehr.»

In Bruder Edmunds Garten gibt es allerlei Gemüse- und Früchtesorten.
In Bruder Edmunds Garten gibt es allerlei Gemüse- und Früchtesorten.

Der Kapuziner erzählt von einem Gespräch mit einer Pflegefachfrau. Sie wollte wissen, wie er reagieren würde, wenn er plötzlich im Garten einen Herzinfarkt bekäme. «Ich möchte nicht wiederbelebt werden. Sie sollen mich in meinem Garten sterben lassen. Das ist mein Ort, hier gehöre ich hin.»

Im Klosterladen gibt es neben der Ernte aus dem Garten auch Milch- und Fleischprodukten, Kerzen und Handgemachtes.
Im Klosterladen gibt es neben der Ernte aus dem Garten auch Milch- und Fleischprodukten, Kerzen und Handgemachtes.

Die Mittagspause ist vorbei. Bevor Bruder Edmund sich wieder der Apfelernte widmet, zeigt er noch den kleinen Klosterladen, den es dank seiner Initiative gibt. Ausser der Ernte aus dem Klostergarten können Milch- und Fleischprodukte von umliegenden Bauerhöfen erworben werden.

«Bis 17.30 Uhr arbeite ich nun. Nach dem Gebet und Abendessen gehe ich dann nochmals in den Garten. Jetzt im Alter brauche ich da manchmal etwas Überwindung, weil ich dann schon müde bin», sagt er und verschwindet zwischen den Salatbeeten.


Bruder Edmund | © Jacqueline Straub
22. November 2022 | 07:51
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