Bruder Klaus
Schweiz

Bruder Klaus ins Bewusstsein der Bevölkerung zurückholen

Zürich, 1.12.16 (kath.ch) Im kommenden Jahr jährt sich der Geburtstag von Niklaus von Flüe zum 600. Mal. Unter dem offen gehaltenen Motto «Mehr Ranft» wird an diesem Jubiläum zur Begegnung mit dem tiefen Glauben und der Mystik dieses Mannes eingeladen. Eine wesentliche Rolle spielt dabei die Person, die «Bruder Klaus» in all dem unterstützt hat: seine Ehefrau Dorothee Wyss.

Martin Spilker

Das Gedenkjahr hat noch nicht einmal begonnen, doch die vielfältigen Projekte und Veranstaltungen zum 600. Geburtstag des Nationalheiligen nehmen schon ihren Lauf. – Doch halt! Nationalheiliger? Niklaus von Flüe ist ein Mensch, der Politik und Öffentlichkeit in der Eidgenossenschaft im 15. Jahrhundert geprägt hat. Und er ist eine Gestalt, die für ganz viele Menschen in diesem Land wohl einmalige Ausstrahlung hatte.

Katholischer Heiliger, überkonfessioneller Seeliger

Aus katholischer Sicht darf Niklaus von Flüe seit 1947 als Heiliger verehrt werden. Ein Umstand, der den reformierten Pfarrer Bernhard Rothen an der Vernissage des Gedenkbandes «Mystiker.Mittler.Mensch» anfänglich verwirrt, wenn nicht gar verärgert hatte. Denn Bruder Klaus galt und gilt heute erst recht als eine Leitfigur, die keine Konfession für sich vereinnahmen kann.

Das wird bei einem Blick in das offizielle Jubiläumsbuch «Mystiker.Mittler.Mensch» schnell deutlich. Unter den sechzig (!) Beiträgen im sehr ansprechend gestalteten Band finden sich Beiträge mit den unterschiedlichsten Zugängen zu dieser Figur: Politik und Geschichte, Religionen und Mystik, Kunst und Wissenschaft. Ein wahrer Fundus bietet sich hier an, der überraschende Zugänge zur dieser nationalen Mittlerfigur erschliesst.

Ohne Dorothee geht es nicht

Und eine zweite Figur taucht dabei auch immer wieder auf: Dorothee Wyss, Ehefrau von Niklaus von Flüe und Mutter der zehn gemeinsamen Kinder. «Die Geschichte des Niklaus von Flüe war ein Skandal. Und sie ist es heute noch», sagte die Publizistin Klara Obermüller an der Buchvernissage. Der Skandal: Ein angesehener Bürger und Bauer will Frau, Kinder und Hof verlassen, weil Gott ihm dies gesagt habe.

Schon damals hätten sich die Menschen in Obwalden wohl «das Maul darüber zerrissen», was diesem von Flüe einfalle, sagte Klara Obermüller schelmisch. Denn: «Damals war er ja noch kein Heiliger.» Im Gedenkbuch, wie überhaupt im ganzen Programm des kommenden Jahres wird der Ehefrau von Bruder Klaus deshalb ein weiter Raum geöffnet. Klara Obermüller, die zu Dorothee Wyss ein Hörspiel verfasst hat, wies zudem darauf hin, dass diese Dorothee gerade in der Gegenwart Frauen in familiären Krisensituationen eine Orientierungshilfe bieten könne.

Politik mit wenigen, aber gehaltvollen Worten

Für die Weiterentwicklung der jungen Eidgenossenschaft war Niklaus von Flüe, unterdessen Eremit im Ranft, von zentraler Bedeutung. So enthalte die Botschaft des Mystikers an die Tagsatzung in Stans 1481 Werte, die bis heute in der politischen Diskussion von Bedeutung sind, wie in der von Heidi Kronenberg geleiteten Podiumsdiskussion deutlich wurde.

Thomas Wallimann-Sasaki, katholischer Theologe und Sozialethiker, warnte im Gespräch allerdings davor, Niklaus von Flüe heute leichtfertig zu vereinnahmen. «Bruder Klaus war ein Realpolitiker. Er hatte das Gemeinwohl im Blick», so Wallimann-Sasaki. Er habe damals klargemacht, dass ein friedliches Zusammenleben möglich ist. Dafür mussten die Verantwortlichen bereit sein, Macht zu teilen. Eine Forderung, die bis heute gelte, wolle man Niklaus von Flüe nicht für eine Sache Instrumentalisieren.

Einladung zur Entdeckungsreise

Den Abend eröffnet hatte der Obwaldner Regierungsrat und Landammann Franz Enderli, der auch dem Trägerverein «Mehr Ranft» vorsteht. Der Ort der Buchvernissage – Zürich – mache deutlich, dass der Verein mit der Botschaft, der Spiritualität und den Geschichten von und zu Bruder Klaus aus Obwalden hinaustreten wolle. Er lud dazu ein, sich während dem kommenden Jahr auf eine Entdeckungsreise zur «wirkungsmächtigsten Persönlichkeit der Schweiz» zu machen: zu Niklaus von Flüe – und dessen Ehefrau Dorothee Wyss.

Das Gedenkbuch des Vereins «Mehr Ranft – 600 Jahre Niklaus von Flüe» trägt den Titel «Mystiker.Mittler.Mensch» und ist in der Edition NZN bei TVZ erschienen. Eine Kurzfassung der Publikation auf Französisch und Italienisch ist auf der Homepage des Trägervereins abrufbar.

Alle Informationen zum Gedenkjahr unter «Mehr Ranft»

Jubiläum soll Bruder Klaus nach Zürich, Basel und Paris bringen

Bruder Klaus | © Sylvia Stam
1. Dezember 2016 | 14:26
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Geschichte erlebbar machen

Mit nicht weniger als elf Projekten und Gedenkveranstaltungen sollen Leben und Wirken des Niklaus von Flüe bekannt gemacht werden. Das am Donnerstag präsentierte Gedenkbuch ist eines dieser Projekte, die weit über das Gedenkjahr hinausweisen wollen.

«Wir wollen mit unseren Vorhaben in das Land hinaus gehen und dabei auch Menschen erreichen, die keinen Zugang, oder keinen Zugang mehr zu Bruder Klaus haben», erklärte «Mehr Ranft»-Projektleiter Beat Hug vor der Buchvernissage an einem Mediengespräch. Dies geschieht beispielsweise mit einer quer durch die Schweiz ziehenden mobilen Installation zu Bruder Klaus. Oder mit dem Aufbau eines Netzwerkes zwischen Orten mit Kirchen und Kapellen, die Bruder Klaus gewidmet sind, das über die Landesgrenzen hinaus reicht. Ein Visionsgedenkspiel mit 41 Aufführungen in Obwalden soll weiter über tausend Menschen den neuen Zugang zu Botschaften des Niklaus von Flüe in heutiger Sprache vermitteln. Dazu kommen ein ökumenischer Feier- und Gedenktag am 1. April in Zug und ein Staatsakt mit Beteiligung von Bundesrätin Doris Leuthard am 30. April auf dem Landenberg bei Sarnen.

Nebst diesen «grossen Kisten» sind landauf, landab zudem bereits zahlreiche Veranstaltungen und Vorhaben bekannt, die unabhängig vom Trägerverein ausgerichtet werden. Für «mehr Ranft»-Präsident Franz Enderli, Regierungsrat von Obwalden, ist das genau das richtige Zeichen: «Wir wollen dieses Gedenken nicht als Jubel-Trubel-Anlass begehen.» Vielmehr gehe es darum, Leben und Wirken des Landespatrons ein Jahr lang zu würdigen. Und dabei, so Franz Enderli, das «kollektive Gedenken an Bruder Klaus neu verankern». (ms)