Frieda Mathis, Religionspädagogin und Pfarrei-Koordinatorin
Schweiz

«Das war eine eindrückliche Abendveranstaltung»

Zürich, 29.12.18 (kath.ch) Gleich zwei Höhepunkte nennt Frieda Mathis in ihrem Rückblick auf das nun zu Ende gehende Jahr: ein Pfarreiforum über Visionen zum Kirche-Sein und einen neuen Vorbereitungsweg hin zur Erstkommunion. Doch es gab und gibt auch Schwieriges zu bewältigen im Berufsleben der Religionspädagogin und Pfarreikoordinatorin von St. Gallus in Zürich. Ein Beitrag zur kath.ch-Serie zum Jahreswechsel.

Regula Pfeifer

«Das war eine eindrückliche Abendveranstaltung», erinnert sich Frieda Mathis an das Pfarreiforum vom 23. Mai. Sie sitzt auf einem Schülerstuhl im Klassenzimmer des Pfarreizentrums und hat eben ihre Schülerinnen und Schüler aus dem Religionsunterricht verabschiedet.

Viele Interessierte seien an jenem denkwürdigen Abend gekommen, um Visionen für ein neues Kirche-Sein zu entwickeln. «Das war sehr spannend», sagt Mathis in ihrem Nidwaldner Dialekt. Strahlend fügt sie hinzu: «Diese Leute sind auch bereit, die Visionen mit uns weiter zu gestalten und umzusetzen.» Den Anlass hatte die Pfarrei St. Gallus in Zürich-Schwamendingen zusammen mit ihrem Pfarreirat organisiert. Das war Mathis’ erster Höhepunkt im Jahr 2018 als Pfarrei-Koordinatorin.

Die Familie unterwegs zur Erstkommunion

Die ausgebildete Religionspädagogin und Leiterin der Pfarrei-Katechese kann über ein weiteres Erfolgserlebnis berichten. Im Mai hatte sie über Wege hin zur Erstkommunion informiert. Es gebe neuerdings auch einen Familien-Vorbereitungsweg, erfuhren die Eltern der Kinder, die im nächsten Jahr die Erstkommunion feiern. Dabei würden die Kinder an fünf Sonntagen gemeinsam mit ihren Eltern, Grosseltern, ihrer Gotte oder ihrem Götti teilnehmen. Mehr als die Hälfte der Familien entschied sich dafür. «Das war sehr erfüllend», sagt Mathis und erzählt von vielen positiven Rückmeldungen.

Weihnachtsgeschichte im Unterricht

Während sie erzählt, wandert der Blick ab und an zu den drei Bildern an der Wandtafel. Sie stellen Szenen aus der Weihnachtsgeschichte dar. Frieda Mathis hat dazu eben den Religionsunterricht gestaltet. Die Kinder mussten auf einen Zettel schreiben, was sie darauf sehen und welche Frage sie dazu haben.

«Jesus ist geboren», sagte ein Schüler und hängte seinen Zettel ans Bild mit der Krippenszene. Und er fragte: «Hat Jesus in einem Schloss oder in einem Tempel gelebt?» Darüber gab es eine kleine Diskussion. Später erhielten die Kinder eine Kopie mit der Bibelgeschichte zur Geburt Jesu und Bildern dazu. Sie sollten diese auszuschneiden und in der richtigen Reihenfolge anordnen.

Austritte stimmen nachdenklich

Die Pfarrei-Koordinatorin von St. Gallus hat 2018 aber auch Tiefpunkte erlebt. Etwa wenn Leute aus der Pfarrei ihren Austritt aus der Kirche bekannt gaben und erklärten, sie würden dies aufgrund von Nachrichten aus Rom tun. «Hinter einer solchen Kirche kann ich nicht stehen», heisse es dann oft, so Mathis. Auch Homosexuelle kämen auf sie zu und sagten, nach all dem Gehörten fragten sie sich ernsthaft, weshalb sie überhaupt noch in der Kirche seien.

«Das sind Tiefpunkte», erklärt Mathis. «Und es sind Verluste, gegen die ich in meiner Funktion nicht viel machen kann.» Das berühre sie und stimme sie nachdenklich.

Unsicherheit bezüglich Anstellung

Hat sich die engagierte Kirchenfrau in diesem Jahr von der Kirche unterstützt gefühlt, ist eine weitere Frage. «Von der Kirchenleitung weniger», antwortet Mathis und kommt auf ihren Titel Pfarrei-Koordinatorin zu sprechen. Ihre Rolle sei in ihrer Pfarrei klar und akzeptiert. Doch sie sei mit der Anwesenheit das aktuellen Pfarrers verknüpft. Deshalb beschäftigen Frieda Mathis Fragen wie: Was, wenn Pfarrer Alfred Böni etwas zustossen würde? Würde das Generalvikariat sie weiter als Pfarreikoordinatorin arbeiten lassen? Oder würde sie ihre Mitverantwortung für die Pfarreileitung verlieren?

Grosse Sanierung vor Augen

Das kommende Jahr stellt Frieda Mathis vor eine besondere Herausforderung. Das Pfarreizentrum und das Pfarrhaus von St. Gallus sollen nach über fünfzig Jahren saniert werden. Dadurch entsteht ein Raumproblem. Mathis befürchtet, das Pfarreiteam und das Pfarreileben könnten wegen der provisorisch verlegten Büros und Räumlichkeiten auseinanderdriften. Als Personalzuständige macht sie sich nun Gedanken, wie sie den Zusammenhalt unter den Mitarbeitenden bewahren könnte.

Das Pfarreileben will sie, wo immer möglich, vor Ort behalten. «Nicht dass die Leute heimatlos werden und nicht mehr wissen, wohin sie gehören», so Mathis. Deshalb schwebt ihr vor, die Kirche selbst vorübergehend teilweise als Begegnungsort einzurichten, ihre Funktion also über die Liturgie hinaus auszuweiten.

Die Leute sollen nicht heimatlos werden

Von der reformierten Kirche Schwamendingen hat die Pfarrei die Zusage erhalten, den katholischen Religionsunterricht in deren Kirchgemeindezentrum abhalten zu dürfen. «Dafür sind wir dankbar», sagt Mathis.

Und was wünscht sich Frieda Mathis von der katholischen Kirche fürs Neue Jahr? «Es wäre schön, wenn Priester und Laien die Erfahrung von St. Gallus teilen könnten: Wir sind als Kirche miteinander auf dem Weg – und nicht in Konkurrenz zueinander. Es geht ja darum, gemeinsam eine Botschaft zu verkünden und zu leben – und damit Kinder, Jugendliche und Erwachsene zu erreichen versuchen».

 

Frieda Mathis, Religionspädagogin und Pfarrei-Koordinatorin | © Regula Pfeifer
29. Dezember 2018 | 14:29
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