Nuntius Zurbriggen beim Neujahrsempfang von Bundespräsident van der Bellen.
Schweiz

Das Wallis und die Weltkirche trauern um Nuntius Peter Zurbriggen

Am Samstag feierte Peter Zurbriggen seinen 79. Geburtstag. Am Sonntag erschien der Ex-Nuntius nicht zum Mittagessen – und wurde später von seinem Bruder tot aufgefunden. Offenbar war der Erzbischof gestürzt. Das Wallis und die Weltkirche trauern um einen unkonventionellen Vatikan-Diplomaten.

Raphael Rauch

Vom Wallis in die weite Welt: So lässt sich das bewegte Leben des Vatikan-Diplomaten Peter Stephan Zurbriggen zusammenfassen. Am 27. August 1943 wurde er in Brig geboren – und am Sonntag starb er ebenfalls in Brig, wie Bistumssprecher Paul Martone kath.ch bestätigte.

Offenbar nach Unwohlsein gestürzt

«Er wurde von seinem Bruder tot aufgefunden. Offenbar wurde der Erzbischof von einem Unwohlsein getroffen und stürzte», sagt Paul Martone. 

Neujahrsempfang 2016 in Wien. Rechts: Nuntius Zurbriggen.
Neujahrsempfang 2016 in Wien. Rechts: Nuntius Zurbriggen.

Die Abdankung für den Erzbischof findet am kommenden Montag um 10.15 Uhr Uhr in der Pfarrkirche Brig statt. Der Sarg wird ab Sonntagnachmittag in der Kirche aufgebahrt. In den nächsten Tagen wird ein Kondolenz-Telegramm von Papst Franziskus erwartet. Noch ist unklar, welcher Würdenträger ins Wallis reist, um am Requiem für Peter Stephan Zurbriggen teilzunehmen.

Vom Wallis in die grosse, weite Welt

Peter Stephan Zurbriggen war Diözesanpriester des Bistums Sitten. Er hatte wie viele Walliser das Kollegium Spiritus Sanctus in Brig besucht. Nach dem Diözesanseminar in Sitten wurde er Germaniker in Rom. Er studierte an der Gregoriana und an der Päpstlichen Diplomatenakademie. Er schloss ein Lizenziat in Philosophie und ein Doktorat in Kirchenrecht ab.

Der Innsbrucker Bischof Hermann Glettler (links) und Nuntius Erzbischof Peter Stephan Zurbriggen 2017 in Wien.
Der Innsbrucker Bischof Hermann Glettler (links) und Nuntius Erzbischof Peter Stephan Zurbriggen 2017 in Wien.

Als Vatikan-Diplomat kam Peter Stephan Zurbriggen viel rum. Sein erster Posten führte ihn nach Bolivien. Später ging es nach Deutschland, Uruguay, Frankreich, Indien, Nepal und ins Baltikum. Er war in Südafrika, als sich das Apartheid-Regime in eine Demokratie wandelte, und in Mosambik, als das fragile Land Friedensverhandlungen beschlossen hatte.

Wien war für den Walliser eine Traumstelle

Der Vatikandiplomat sprach italienisch, französisch, spanisch, portugiesisch und englisch. Auf seinen Traumjob musste er bis zuletzt warten: Mit der prestigeträchtigen Nuntiatur in Wien endete Peter Zurbriggens Diplomaten-Laufbahn.

Erzbischof Peter Stephan Zurbriggen – früher ohne Bart.
Erzbischof Peter Stephan Zurbriggen – früher ohne Bart.

Auch wegen der «kulturellen und sprachlichen Nähe in einem katholisch sehr geprägten Land» habe er in Wien seine schönsten Jahre im diplomatischen Dienst verbracht, sagte Zurbriggen, als er 2018 in Wien verabschiedet wurde. 

Mit Sebastian Kurz per Du

Peter Zurbriggen – den zweiten Namen Stephan führte er seit seiner Bischofsweihe – war in Wien beliebt. Bundespräsident Alexander van der Bellen verlieh ihm zum Abschied das Grosse Goldene Ehrenzeichen am Bande für Verdienste um die Republik Österreich verliehen.

Mit Bundeskanzler Sebastian Kurz duzte er sich gar: «Du bist mir immer mit Rat und Tat zur Seite gestanden», sagte der damalige Bundeskanzler bei einem Adventsempfang.

Im Jeep zu den Campesino-Gemeinschaften Boliviens

Doch Peter Stephan Zurbriggen erzählte nicht nur gerne über seine Erfahrungen in Österreich. Einige seiner schönsten Erinnerungen verband der Nuntius mit seiner ersten diplomatischen Tätigkeit in Bolivien. 

Erzbischof Peter Stephan Zurbriggen im Jahr 2012
Erzbischof Peter Stephan Zurbriggen im Jahr 2012

«Zum Glück konnte ich die bürokratische Arbeit an den diplomatischen Vertretungen des Heiligen Stuhls immer mit pastoraler Tätigkeit verbinden», sagte er vor Jahren. So hatte er Kontakt mit den armen Campesino-Gemeinschaften von Rio Abajo bei La Paz. «Diese Pastoralfahrten waren oft abenteuerlich», erinnerte sich der Erzbischof: «Einmal versagten die Bremsen und der Jeep überschlug sich, doch alle Insassen kamen mit dem Schrecken davon.»

Ein unkonventioneller Diplomat

In gewisser Weise war Peter Stephan Zurbriggen ein unkonventioneller Diplomat: 2012 kritisierte er ungewöhnlich direkt die bayerischen Bischöfe – und besonders Kardinal Reinhard Marx. Die Bayern bekamen ihr Fett weg, weil sie gegen den Erlass von Ministerpräsident Markus Söder protestiert hatten, in Regierungsgebäuden ein Kreuz aufzuhängen. 

Kardinal Reinhard Marx.
Kardinal Reinhard Marx.

Auch wollte Peter Stephan Zurbriggen nicht verstehen, warum Kardinal Marx bei einer Nahostreise sein bischöfliches Brustkreuz abgenommen hatte – Zurbriggen warf Marx «religiöse Correctness» vor.

Zurbriggen kritisiert Kardinal Marx

«Der Glaube schliesst das öffentliche Zeugnis und Engagement ein», sagte Zurbriggen bei einer Tagung an der theologischen Hochschule Heiligenkreuz bei Wien. Auszüge davon gingen später auf YouTube viral.

Er sei in der Sache «traurig und beschämt», schimpfte der Nuntius. Diese «religiöse Correctness» gehe ihm «langsam auf den Nerv». Er könne nicht nachvollziehen, dass sich katholische Bischöfe dafür schämten, ein Kreuz zu tragen. 

«Das heilige Kreuz ist mir Licht»

Er erinnerte an seinen Wahlspruch als Bischof: «Santa crux mihi lux», «Das heilige Kreuz ist mir Licht». Und er lobte seinen Studienfreund Kardinal Jean Louis Tauran. Dieser sei nach Saudi-Arabien mit einem Brustkreuz gereist, das doppelt so gross wie seines sei, sagte Peter Stephan Zurbriggen.

Mit grossem Brustkreuz: Kardinal Jean-Louis Pierre Tauran in Saudi-Arabien.
Mit grossem Brustkreuz: Kardinal Jean-Louis Pierre Tauran in Saudi-Arabien.

Seine Wutrede hatte ein kirchenpolitisches Nachspiel: Kardinal Reinhard Marx beschwerte sich über den undiplomatischen Diplomaten. Die Sympathien indes hatte Peter Stephan Zurbriggen längst gewonnen.

Abdankung am Montag

Nach den Walliser Bergen und seinem Geburtsort Brig verspürte Peter Stephan Zurbriggen oft Sehnsucht. Doch die eigentliche Heimat ist für einen Vatikandiplomaten die Weltkirche. Nun tritt er am Montag in den Walliser Bergen seine letzte Reise an.


Nuntius Zurbriggen beim Neujahrsempfang von Bundespräsident van der Bellen. | © Peter Lechner – Hofburg
29. August 2022 | 16:25
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