Hildegard Aepli, Gottesdienst in der St. Galler Kathedrale, 2. Mai 2017
Schweiz

«Das Projekt 'Für eine Kirche mit* den Frauen' zeigt erst jetzt seine volle Wirkung»

St. Gallen, 3.5.17 (kath.ch) Vor einem Jahr begann der Marsch einer Gruppe von Frauen und Männern unter dem Motto «Für eine Kirche mit* den Frauen» von St. Gallen nach Rom. Anlässlich des Screenings zum Film «Habemus Feminas» am 2. Mai in der Lockremise in St. Gallen zog Hildegard Aepli, Initiantin des Pilgerprojekts, Bilanz.

Vera Rüttimann

Das Screening zum Film «Habemus Feminas» löste bei den beteiligten Pilgerinnen und Pilgern viele Erinnerungen aus und gab Gelegenheit, Bilanz zu ziehen. Welche Früchte sind für Sie aus dem Projekt entstanden?

Hildegard Aepli: Ganz zuerst einmal der Wiboradatag. Im Bistum St. Gallen wird es fortan in Anlehnung an unser Projekt «Für eine Kirche mit* den Frauen» immer am 2. Mai einen offiziellen Pilgertag geben. Ich freue mich sehr, dass schon bei der ersten Ausgabe genau ein Jahr nach dem Start unseres Pilgerprojektes 120 Personen aus der ganzen Schweiz mitgelaufen sind. Ich bin überzeugt, dass sich dieser Tag bei vielen fest in der Jahresagenda verankern wird.

Das Projekt «Für eine Kirche mit* den Frauen» endete also nicht in Rom. 

Aepli: Nein. Die vergangenen zwölf Monate haben mir klar gezeigt: Das Projekt zeigt erst jetzt seine volle Wirkung. Zum einen entstanden viele tiefe Freundschaften, – auch über die Schweiz hinaus-, weil viele auf dem Marsch nach Rom durch Nähe und Intensität des Pilgerns mit wildfremden Menschen in Kontakt kamen und sich dabei ihre Leben erzählten. Sie erlebten gemeinsam viele Momente der Glaubensfreude– und Gemeinschaft und erlebten Kirche auf eine völlig neue und andere Art und Weise. Ich bin überzeugt: Da ist im Innern von vielen Menschen viel passiert. Sie haben nun eine neue Ahnung, was Kirche-sein heute bedeuten kann und wie sich das konkret anfühlt.

Sie erlebten Kirche auf eine völlig neue und andere Art und Weise.

Zudem ist ein Netzwerk von engagierten Frauen entstanden, die unsere Anliegen weiter tragen. Nicht nur in ihren Herzen, sondern auch ganz konkret. Im Kloster Fahr findet beispielsweise vom 20. bis am 22. Oktober die Veranstaltung «Singen für eine geschwisterliche Kirche» statt. Ich gehe davon aus, dass es in Pfarreien viele Frauen und Männer gibt, die sich von diesem Pilgerprojekt inspirieren lassen und eigene Projekte starten wollen.

Während des Film-Screenings wurden viele Orte, wo die Pilgergruppe Station gemacht hat, gezeigt. Welche Momente sind Ihnen besonders nachhaltig in Erinnerung geblieben?

Aepli: Schon der Gottesdienst am 2. Mai mit Bischof Markus Büchel in der Klosterkirche St. Gallen kam vielen wie ein Pfingstereignis vor, wie ich nachträglich aus Gesprächen erfuhr. Ich nahm das selber so nicht wahr, weil ich an diesem Tag die Hauptverantwortung hatte für den Ablauf des Tages. Natürlich spürte ich jedoch schon an diesem Tag, dass da gerade etwas Besonderes passiert und etwas aufbricht.

Frauen Pilgern nach Rom – Startgottesdienst in St. Gallen | © 2016 Sylvia Stam Frauen Pilgern nach Rom – Startgottesdienst in St. Gallen | © 2016 Sylvia Stam

Ich spürte schon an diesem Tag, dass da gerade etwas Besonderes passiert.

Es ist schwer, besondere Momente dieser Pilgertour herauszuheben. Es gab so viele! Seien es die Gebete in Kapellen der jeweiligen Pilgerherbergen. Das Glas Wein nach einem 23-Kilometer-Marsch mit anderen am Abend oder einzelne Begegnungen mit Menschen am Wegrand. So etwa mit einer Frau, die uns in Italien mit einem silbernen Paillettenkleid entgegenkam. Es stellte sich heraus, dass sie in einem Sex-Lokal arbeitet. Im Gespräch erfuhren wir, in welch auswegloser Situation sie sich befindet. Sie war so berührt, als wir ihr sagten, dass wir für sie beten wollen.

Mit welchen Problemen auf der Reise nach Rom hatten Sie besonders zu kämpfen?

Aepli: Ich lebe ansonsten allein und so war es für mich zu Beginn eine grosse Herausforderung, von morgens bis abends mit Leuten so eng zusammen zu sein. In diesen zwei Monaten nahm ich zusammen mit den Anderen enorme Strapazen auf mich. Ich erlebte mit ihnen Hunger, Durst und kämpfte immer wieder mit körperlichen Blessuren. Einmal mussten wir in einer Herberge übernachten, wo es weder Strom noch fliessendes Wasser gab. Und wir mussten uns immer wieder extremen Wetterverhältnissen stellen. Wir hatten viele Regentage.

Dieses Pilgerprojekt ist eine Schatzkiste voller Erinnerungen.

Das schlechte Wetter kam uns aber auch zugute, denn andauernde Hitze hätte unsere Körper viel mehr belastet. Ich habe nun die Erfahrung gemacht, dass man auch mit nassen Füssen tagelang laufen kann. Tief beeindruckten mich die vielen Frauen, die trotz fortgeschrittenem Alter von St. Gallen bis nach Rom liefen und teils schwierigstes Gelände wie schroffe Steinlandschaften und wilde Flüsse meistern mussten. Einige davon waren noch nie pilgern gegangen und noch nie so weit marschiert. Sie liefen mit, weil ihnen unsere Anliegen persönlich etwas bedeuten.

Unterwegs schlossen sich etwa 1000 Frauen und Männer an, die mitpilgerten. Für viele war die tägliche Schweigestunde wohl eine ungewöhnliche Erfahrung.

Aepli: Ja, absolut. Viele, die auf einer unserer Etappe nach Rom hinzu stiessen, waren am meisten überrascht, dass sie am Tag nun eine Stunde mit uns schweigen sollten. Manche haben sie zu Beginn gefürchtet, danach konnten sie sie während dieser Reise jedoch nicht mehr missen. Die Schweigestunde wurde zu einem wichtigen Bestandteil auf dem Weg nach Rom. Viele entdeckten, was für eine reine Kraft das ist, wenn man mit einer grossen Gruppe gehend schweigt und dabei ganz bei sich ankommt.

Wie geht die Arbeit im Kernteam nun weiter?

Aepli: Neben dem Streaming des Filmes «Habemus Feminas» wird es auch ein Buch über das Pilgerprojekt «Für eine Kirche mit* den Frauen» geben, in dem viele persönliche Erlebnisse und Erkenntnisse von uns einfliessen werden. Dieses Pilgerprojekt ist eine Schatzkiste voller Erinnerungen.

 


 

 

 

 

 

 

Hildegard Aepli, Gottesdienst in der St. Galler Kathedrale, 2. Mai 2017 | © Vera Rüttimann
3. Mai 2017 | 17:19
Lesezeit: ca. 3 Min.
Teilen Sie diesen Artikel!

 2. Mai 2017 – Wiboradatag im Bistum St.Gallen

120 Personen marschierten am 2. Mai zuerst von der Lockremise in St. Gallen nach St. Georgen. In der Wiboradakapelle gab es einen Impuls durch Petra Oehninger. Anschliessend pilgerte die Gruppe zum Kapuzinerinnenkloster Notkersegg, wo sie von Schwester M. Domenica empfangen wurden. Am Schluss des Wiboradatages trafen sich alle zum Gottesdienst in der Kathedrale von St. Gallen.

Der Film zum Pilgerprojekt

Am 26. August 2017 kommt es um 11 Uhr im Kino «Arthouse Le Paris» in Zürich zur Première des Films «Habemus Feminas» von Silvan Maximilian Hohl.

Anmeldung bis Ende Juni bei Hildegard Aepli: h.aepli@sunrise.ch

Eintritt: 30 CHF.