Daniel Kosch, RKZ-Generalsekretär
Kommentar

Daniel Kosch kritisiert Rom: «Unnötige Stimmungsmache kurz vor der Sommerpause»

RKZ-Generalsekretär Daniel Kosch nimmt als Beobachter am Synodalen Weg in Deutschland teil. Er hat kein Verständnis für die jüngste Schelte aus Rom. Er sieht darin eine anti-synodale Intervention – und fragt sich, warum Rom nicht besser zuhört. Ein Gastkommentar.

Daniel Kosch* 

Entgegen der Behauptung der Erklärung des Heiligen Stuhls erachte ich diese keineswegs als «notwendige» Klarstellung, sondern als unnötige Stimmungsmache kurz vor der Sommerpause. Dies aus folgenden Gründen:

RKZ-Generalsekretär Daniel Kosch
RKZ-Generalsekretär Daniel Kosch

1. Was das Dokument als «unzulässig» bezeichnet, ist gemäss der Satzung des Synodalen Weges gar nicht möglich. Diese hält klipp und klar fest: «Beschlüsse der Synodalversammlung entfalten von sich aus keine Rechtswirkung. Die Vollmacht der Bischofskonferenz und der einzelnen Diözesanbischöfe, im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeit Rechtsnormen zu erlassen und ihr Lehramt auszuüben, bleibt durch die Beschlüsse unberührt» (Art. 11 Abs. 5). «Beschlüsse, deren Themen einer gesamtkirchlichen Regelung vorbehalten sind, werden dem Apostolischen Stuhl als Votum des Synodalen Weges übermittelt» (Art. 12 Abs. 2). Es gibt keinerlei Hinweise, dass diese Bestimmungen infrage gestellt würden.

Glaube, Hoffnung und Liebe zur Kirche

2. Unablässig wird betont, wie wichtig in synodalen Prozessen das «Hören» ist. Der Text lässt in keiner Weise erkennen, dass seine Verfasser sich bemüht hätten, sorgfältig darauf zu hören, was die katholische Kirche in Deutschland auf dem Synodalen Weg beschäftigt und was sie motiviert, diesen anstrengenden Prozess zu gehen – in Glaube, Hoffnung und Liebe zur Kirche, aber auch in berechtigter Sorge um die Glaubwürdigkeitskrise der Kirche, die durch solche Erklärungen unnötig verstärkt wird.

Ohne die Bischöfe geht’s nicht

3. Dokumente, die der Synodale Weg verabschiedet, bedürfen der Mehrheit von zwei Dritteln der Synodalversammlung und zwei Dritteln der Bischöfe. Offenbar hält man es in Rom also für «notwendig», einer qualifizierten Mehrheit der Mitglieder der Synodalversammlung und der deutschen Bischöfe die Einheit der mit der Weltkirche in Erinnerung rufen zu müssen. Ist das nicht ein ungeheuerliches Misstrauensvotum?

In der Synodenaula: Stephan Ackermann, Bischof von Trier, spricht zu den Anwesenden in Frankfurt.
In der Synodenaula: Stephan Ackermann, Bischof von Trier, spricht zu den Anwesenden in Frankfurt.

4. Das Dokument hat keinen konkreten Absender. Kein Dikasterium, erst recht kein Vertreter des Heiligen Stuhls übernimmt dafür persönlich Verantwortung. Diese Anonymität verunmöglicht den Dialog und ist mit der Synodalität der Kirche unvereinbar.

Synodaler Prozess: Papst Franziskus will zuhören.
Synodaler Prozess: Papst Franziskus will zuhören.

Dass die Ergebnisse des Synodalen Weges und synodaler Prozesse in anderen Teilen der Weltkirche in die Bischofssynode 2023 eingebracht werden, ist selbstverständlich und hätte keiner «Klarstellung» bedurft. Bei mir und wohl auch bei anderen verstärkt diese jedoch die besorgte Frage, ob sie eine Chance haben, wirklich gehört zu werden und konkrete Reformen anzustossen, die nicht zuletzt dieser Art von anti-synodalen Interventionen ein Ende setzen.

* Daniel Kosch ist promovierter Neutestamentler und Generalsekretär der Römisch-Katholischen Zentralkonferenz der Schweiz (RKZ). Er nimmt als Schweizer Beobachter am Synodalen Weg in Deutschland teil.


Daniel Kosch, RKZ-Generalsekretär | © Christian Merz
22. Juli 2022 | 07:03
Lesezeit: ca. 2 Min.
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