Daniel Bogner, Moraltheologe und Ethiker.
Kommentar

Daniel Bogner zum Abschluss des Synodalen Weges: Zuckungen des Lebens in einem versteinerten Korpus

Daniel Bogner sieht die Beschlüsse des Synodalen Weges – obschon sie nach vorne weisen – bloss als «kleine Trippelschritte». Denn gescheitert sei der «Ausstieg aus dem monarchistisch verstandenen Amt in der katholischen Kirche», schreibt der Moraltheologe in seinem Gastkommentar.

Daniel Bogner*

Die letzte, fünfte Vollversammlung des Synodalen Weges der Kirche in Deutschland vermittelt ein ziemlich realistisches Bild über die Katholische Kirche: Es gibt Zuckungen des Lebens in einer versteinerten Hülle der Kirche, die selbst nicht transformierbar erscheint. Beschämend war es zu erleben, wie man sich in Frankfurt wechselseitig «Erpressung» vorwarf. Ein Zeichen dafür, wie wenig man in der Katholischen Kirche aufgrund ihrer tief verankerten Machtasymmetrie zwischen Klerus und Laien geübt ist, auf Augenhöhe miteinander zu verfahren, Kompromisse zu schliessen und Dialog zu treiben.

Dringend überfällige Beschlüsse

Ja, der Synodale Weg hat auch einige Beschlüsse verabschiedet, die nach vorne weisen: Laienpredigt im Gottesdienst soll künftig möglich sein, homosexuelle Paare sollen gesegnet werden dürfen, die Vielfältigkeit geschlechtlicher Identitäten wird anerkannt. Das sind Impulse, die auch über den deutschen Raum hinaus Wirksamkeit entfalten werden. Manche davon sind in der Katholischen Kirche Schweiz längst etabliert. Sie waren dringend überfällig, wenn die Kirche mit ihrer Botschaft von der Liebe und Gleichwertigkeit aller Menschen glaubwürdig bleiben will.

Aber es bleiben aufs Ganze gesehen doch kleine Trippelschritte gegenüber der grundständigen Herausforderung. Denn die Versammlung ist vor dem Entscheidenden zurückgeschreckt, nämlich Mechanismen zu schaffen für eine verbindliche Beteiligung aller am gemeinsamen Auftrag.

Wesentlicher Antrag kam nicht zur Abstimmung

Gar nicht mehr zur Abstimmung kam der Antrag auf das, was ohnehin ein Minimalkonsens gewesen wäre: eine bloss freiwillige Selbstbindung der Bischöfe an die sie beratenden Gremien. Der Einstieg in den Ausstieg aus dem monarchistisch verstandenen Amt in der katholischen Kirche, das keinerlei Teilung der Gewalten und ihre Kontrolle vorsieht, ist gescheitert – und das mit Ansage.

Bischöfe sind ihrem Gewissen treu

Denn es zeigt sich: Der Papst kann zwar von Synodalität sprechen, aber sobald eine Ortskirche damit auch nur halbwegs ernst macht, wird diese von seinen Kurienbehörden zurückgepfiffen. Und der Irrtum der deutschen Laien besteht darin zu glauben, die blockierenden Bischöfe wollten in erster Linie Macht demonstrieren. Sie fühlen sich ihrem Gewissen treu, das eben den Massstäben einer zentralistischen Kirchenstruktur verpflichtet ist. Papstgehorsam und eine ganz bestimmte Traditionstreue nehmen darin den zentralen Platz ein.

Amt «aus monarchistischem Gehäuse befreien»

Was die reformwilligen Kräfte im deutschen Katholizismus, ob Laien oder Bischöfe, lernen können, ist: Man darf sich nicht darauf beschränken, die bestehenden Prinzipien der Kirchenverfassung ein Stück toleranter auszulegen, sondern man muss diese Prinzipien selbst überwinden: Gerade wer die auf Apostelnachfolge beruhende bischöfliche Kirchenverfassung retten will, muss den Zugang zum Amt öffnen. Und wer diesem Amt Autorität erhalten will, muss es aus seinem monarchistischen Gehäuse befreien.

* Daniel Bogner ist Moraltheologe und lehrt an der Theologischen Fakultät der Universität Freiburg (Schweiz).


Daniel Bogner, Moraltheologe und Ethiker. | © zVg
12. März 2023 | 17:30
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