Der Schweizer Jesuit Christian Rutishauser im Garten der Hochschule für Philosophie in München.
Rauchzeichen

Christian Rutishauser, Prozess in Winterthur, Locarno: Was diese Woche wichtig wird

Der Jesuit Christian Rutishauer referiert heute Abend in Luzern zum christlich-jüdischen Dialog. In Winterthur steht eine ehemalige Kirchenpflegerin wegen Amtsanmassung vor Gericht. Und Locarno feiert auf der Piazza Grande das 75. Filmfestival. Mit dabei: die Ökumenische Jury.

Raphael Rauch

«Seelisberg als Meilenstein des christlich-jüdischen Dialogs»: Zu diesem Titel wird heute Abend der Jesuit Christian Rutishauser in der Luzerner Hofkirche referieren. Christian Rutishauser zählt zu den besten Kennern des christlich-jüdischen Dialogs in der Schweiz.

Jesus glaubte nicht an die Kirche

«Am ersten Tag habe ich gemerkt, dass Jesus kein Christ war. Weder konnte Jesus an den dreieinigen Gott glauben, noch an die Kirche.» So beschrieb Christian Rutishauser vor kurzem gegenüber kath.ch seinen ersten Studientag in Freiburg i.Ü. Jesus habe ihn aus dem Christentum herausgeführt hin zur jüdischen Religion.

Christian Rutishauser überreicht Papst Franziskus das Anliegen für die Wiedereinführung des Fest der Beschneidung Jesu 2013.
Christian Rutishauser überreicht Papst Franziskus das Anliegen für die Wiedereinführung des Fest der Beschneidung Jesu 2013.

Seit 2004 ist Christian Rutishauser Mitglied der jüdisch-römisch-katholischen Gesprächskommission der Schweizer Bischofskonferenz und des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebundes. 

Christian Rutishauser versus Benedikt XVI.

Seit 2011 würdigt die katholische Kirche in der Schweiz den «Tag des Judentums» – ein Verdienst von Christian Rutishauser. Seit 2014 gehört er auch derselben Kommission der Deutschen Bischofskonferenz an und arbeitet als ständiger Berater des Papstes für die religiösen Beziehungen zum Judentum.

Christian Rutishauser mit Hildegard Aepli, Esther Rüthemann und Franz Mali kurz vor dem Ende der Pilgerreise nach Jerusalem 2011.
Christian Rutishauser mit Hildegard Aepli, Esther Rüthemann und Franz Mali kurz vor dem Ende der Pilgerreise nach Jerusalem 2011.

Mit Argusaugen beobachtet Christian Rutishauser, wie Benedikt XVI. und Kardinal Kurt Koch sich zum Thema Judentum äussern – konkret zur Frage, in welchem Verhältnis Alter und Neuer Bund zueinander stehen.

Niederlage für Kurt Koch

«Benedikt XVI. ruft den Juden zu: An Christus führt kein Weg vorbei»: Mit diesen Worten eröffnete Rutishauser vor vier Jahren eine Debatte, die international Wellen schlug. Im Oktober 2018 doppelte er nach: «Viele problematische Denkfiguren unterlaufen Benedikt XVI., die leicht anti-jüdisch gelesen werden können.»

Kurienkardinal Kurt Koch mit Schweizergardisten in Sachseln.
Kurienkardinal Kurt Koch mit Schweizergardisten in Sachseln.

Das Ganze war auch ein Schweizer Politikum, weil Kurienkardinal Kurt Koch Benedikt XVI. dazu ermuntert hatte, seinen problematischen Aufsatz zu publizieren. Am Ende musste der Papa emeritus sich rechtfertigen und erklären; Rutishauser ging als Gewinner vom Platz; Kurt Koch und Benedikt XVI. sahen alt aus.

Gottesdienst in der Hofkirche

Der Abend beginnt um 18.30 Uhr in der Hofkirche Luzern mit einem Gottesdienst. Um 19.15 Uhr folgt dann das Impulsreferat von Christian Rutishauser.

Justitia – Symbol der Gerechtigkeit.
Justitia – Symbol der Gerechtigkeit.

Bereits heute Vormittag findet in Winterthur eine Gerichtsverhandlung statt. Eine ehemalige Kirchenpflegepräsidentin steht wegen Amtsanmassung vor Gericht. 

Sie stellte ihren Schwiegersohn als Katecheten an

Noch vor ihrem offiziellen Amtsbeginn hatte sie ihren Schwiegersohn als Katecheten angestellt – ohne sich mit den anderen Kirchenpflegemitgliedern oder dem Pfarrer abgesprochen zu haben. Dabei war die Stelle ausgeschrieben gewesen.

Statt der vorgesehenen 40 Prozent erhielt ihr Schwiegersohn eine 70-Prozent-Stelle. Und statt der üblichen Lohnklasse 13/14 gruppierte sie ihren Schwiegersohn in die Lohnklasse 16/17 ein. Nach öffentlichem Druck trat die Beschuldigte im Frühling 2019 zurück. Doch nun gibt es ein strafrechtliches Nachspiel. Wir werden berichten.

Altötting statt Ingenbohl

Heute beginnt das Generalkapitel der Ingenbohler Schwestern. Es dauert bis zum 24. August und bringt 55 Barmherzige Schwestern vom heiligen Kreuz aus Afrika, Nord- und Südamerika, Asien und Europa zusammen.

Altötting
Altötting

«Es ist eine Besonderheit, dass das Generalkapitel nicht wie gewohnt in der Schweiz stattfinden wird», teilen die Ingenbohler Schwestern mit. «Grosse Baumassnahmen im Mutterhaus in Ingenbohl haben einen Ortswechsel erforderlich gemacht.» Statt in Ingenbohl tagen die Schwestern im bayerischen Wallfahrtsort Altötting.

«Der Rote Diamant» von Thomas Hürlimann

Am Mittwoch erscheint Thomas Hürlimanns neues Buch «Der Rote Diamant». Der Autor kehrt in seine Schulzeit zurück – in die Klosterschule von Einsiedeln. Dort versucht ein Schüler im Klosterinternat einen Diamanten zu stehlen.

Thomas Hürlimann
Thomas Hürlimann

«’Pass dich an, dann überlebst du’, bekommt der elfjährige Arthur Goldau zu hören, als ihn seine Mutter im Herbst 1963 im Klosterinternat hoch in den Schweizer Bergen abliefert. Hier, wo schon im September der Schnee fällt und einmal im Jahr die österreichische Exkaiserin Zita zu Besuch kommt, wird er zum ‘Zögling 230’ und lernt, was schon Generationen vor ihm lernten.»

Mit diesen Worten kündigt der Verlag Hürlimanns neues Buch an. Und fährt fort: «Doch das riesige Gemäuer, in dem die Zeit nicht zu vergehen, sondern ewig zu kreisen scheint, birgt ein Geheimnis: Ein immens wertvoller Diamant aus der Krone der Habsburger soll seit dem Zusammenbruch der österreichischen Monarchie im Jahr 1918 hier versteckt sein. Während Arthur mit seinen Freunden der Spur des Diamanten folgt, die tief in die Katakomben des Klosters und der Geschichte reicht, bricht um ihn herum die alte Welt zusammen. Rose, das Dorfmädchen mit der Zahnlücke, führt Arthur in die Liebe ein, und durch die Flure weht Bob Dylans ‘The Times They Are a-Changin’.»

Ökumenische Jury in Locarno

Ebenfalls am Mittwoch wird das 75. Filmfestival von Locarno eröffnet. Mit dabei ist auch dieses Jahr die Ökumenische Jury. Deren Anliegen könnte mit Blick auf den Ukraine-Krieg aktueller nicht sein.

Die Piazza Grande in Locarno beim Filmfestival.
Die Piazza Grande in Locarno beim Filmfestival.

Die Ökumenische Jury verleiht einen Preis mit 20’000 Franken «an Filmschaffende, denen es gelingt, ihr Publikum für religiöse, menschliche oder soziale Werte zu sensibilisieren. Sie befragt die Visionen der Filmschaffenden nach einem Sinn für Gerechtigkeit, Frieden und Respekt sowie nach spirituellen Dimensionen», heisst es in einer Medienmitteilung. Das Preisgeld bezahlen die katholische und die reformierte Kirche.

Ein bisschen Frieden: der Ilanzer Sommer

Am Sonntag beginnt der Ilanzer Sommer – nach eigenen Angaben ein «Ort für Begegnung und Dialog». Das Programm wird mit einem interkulturellen Oratorium in der Klosterkirche eröffnet, an dem über 40 Menschen mitwirken. 

Kloster der Dominikanerinnen in Ilanz
Kloster der Dominikanerinnen in Ilanz

Beim Ilanzer Sommer geht es um Friedenspolitik, aber auch um «Mediatives Handeln im Arbeitsumfeld», «Umgehen mit Macht und Asymmetrien» oder «Achtsamkeit im Alltag – Eine Meditation». Das vollständige Programm finden Sie hier.

Was wird nächste Woche wichtig? Ich freue mich über Ihren Input an rauchzeichen@kath.ch.

Nach dem Feiertag am 1. August wünscht einen guten Start in die Arbeitswoche

Ihr

Raphael Rauch


Der Schweizer Jesuit Christian Rutishauser im Garten der Hochschule für Philosophie in München. | © Eva Meienberg
2. August 2022 | 05:34
Lesezeit: ca. 4 Min.
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