Bischof Joseph Maria Bonnemain
Schweiz

Bonnemain: Noch immer keine Anlaufstelle für Missbrauchsopfer

Der Churer Bischof Joseph Maria Bonnemain hat am Samstag keinen Zeitpunkt nennen können, an dem eine Anlaufstelle für Missbrauchsbetroffene geschaffen wird. Er begreife die Ungeduld aber sehr gut, sagte er vor Betroffenen. «Mir geht es auch zu langsam.»

«Es ist nicht so, dass wir seit September untätig waren», betonte Bonnemain an einer Versammlung von Missbrauchsbetroffenen in Zürich, zu der er online zugeschaltet war. Fast wöchentlich treffe sich seitens der Kirche eine Arbeitsgruppe zu diesem Thema.

Es gebe aber ein Dilemma: Entweder die Anlaufstelle sei völlig unabhängig – oder sie sei von der Kirche initiiert. «Das ist nicht kompatibel.» Es sei vielleicht besser, auf erprobte Einrichtungen zu setzen, die in der Schweiz bereits bestehen würden.

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Im April wollen sich die Verantwortlichen seitens der Kirche deshalb mit der Konferenz der Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren treffen, also mit Vertretern der Kantone.

«Es dauert uns einfach zu lange»

Vreni Peterer, Präsidentin der IG Miku, der Interessengemeinschaft für Missbrauchsbetroffene im kirchlichen Umfeld, war nach Bonnemains Vertröstung nicht zufrieden. «Es dauert uns einfach zu lange. Viele Betroffene brauchen jetzt Unterstützung», sagte sie.

Vreni Peterer wirkt als Opfer-Vertreterin als Peer.
Vreni Peterer wirkt als Opfer-Vertreterin als Peer.

Sie kritisierte zudem, dass etwa ihre IG bei diesen Beratungen nie dabei sei. «Wir kennen die Bedürfnisse der Betroffenen genau. Aber uns fehlt der Austausch», sagte sie. Vertrauen sei schwierig.

Zweite Studie bereits in Arbeit

Auslöser für die Forderung nach einer unabhängigen Anlaufstelle war eine Studie vom September vergangenen Jahres. Diese zeigte, dass Priester und Ordensangehörige in der Schweiz seit 1950 über 1000 Fälle von sexuellem Missbrauch begangen hatten, wobei die Dunkelziffer hoch sein dürfte. Die meisten Fälle wurden von der Kirche verschwiegen, vertuscht oder bagatellisiert. Die Studie löste bei der Katholischen Kirche eine regelrechte Austrittswelle aus.

Die Forschenden der Universität Zürich, die das Ausmass der Missstände im September ans Licht brachten, haben Anfang dieses Jahres bereits mit einer zweiten Studie begonnen. Auch bei dieser soll sexueller Missbrauch in der römisch-katholischen Kirche untersucht werden. Die Resultate sollen im Jahr 2027 präsentiert werden. (sda)


Bischof Joseph Maria Bonnemain | © Youtube/Bistum Chur
2. März 2024 | 16:30
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