Odo Camponovo, Präsident der Bau- und Kulturkommission des Bistums Basel
Schweiz

Bistumsvertreter: «Die Profanierung einer Kirche ist ein gemeinsamer Prozess»

Solothurn, 4.12.15 (kath.ch) Eine Kirche zu profanieren sei für ein Bistum organisatorisch und kirchenrechtlich eine einfache Sache, der Umgang mit den Gefühlen der Gläubigen hingegen schwieriger. Dies sagt Odo Camponovo-Weber. Er ist Präsident der Bau- und Kunstkommission des Bistums Basel. Über die Umnutzung der Basler Kirchen Don Bosco und St. Christophorus ist er auf dem Laufenden.

Regula Pfeifer

Hat das Bistum Basel schon mal eine Kirche entheiligt, also profaniert?

Odo Camponovo: Sicher, aber das ist länger her. Um 1900 herum sowie in den 1940er- und 1960er-Jahren ersetzten grössere Neubauten die kleineren alten Ortskirchen. Die alten Kirchen wurden für den Abbruch oder eine Umnutzung profaniert. Im aargauischen Boswil wurde die Kirche in einen Konzertsaal des Künstlerhauses umgewandelt. In Wohlenschwil entstand ein Kulturraum, in Olten und Würenlos je ein Pfarrsaal.

Profanierungen geschahen nur, weil grössere Kirchen gebaut wurden?

Camponovo: Ja, dass man Kirchen nicht mehr braucht, ist ein neueres Phänomen. Die reformierte und die katholische Kirche haben heute in Basel zu viele Gebäude im Vergleich zu ihrer Anzahl Gläubigen. Das Verhältnis der Anzahl Katholiken zur Anzahl Kirchen ist dort gar am extremsten.

Haben Sie schon einen Antrag auf Profanierung von Seiten der Basler Kirchen Don Bosco und St. Christophorus erhalten?

Camponovo: Nein, denn es liegt noch kein definitives Projekt vor. Aber wir sind auf dem Laufenden und teilweise bereits involviert. Bei Don Bosco haben sich ja mehrere Pfarreien zu einer vereint. Dafür musste der Bischof die Erlaubnis geben.

Wie läuft der Entscheidungsprozess im Bistum?

Camponovo: Es ist ein gemeinsamer Prozess in Zusammenarbeit mit dem regionalen Bistumsvikariat. Wir klären ab und fragen bei den Kirchgemeinden nach: Was habt ihr vor? Wie ist das Projekt vorbereitet worden? Am Schluss geht es noch um formelle Fragen.

Wie wird die Profanierung realisiert?

Camponovo: Soll eine Kirche nicht mehr für kultische Zwecke gebraucht werden, ist die Einwilligung des Bischofs notwendig. Einen eigentlichen Profanierungsritus gibt es nicht, einen Weiheritus der Kirche hingegen schon. Dennoch kann man sagen: Die Profanierung geschieht normalerweise mit Worten und Taten, ähnlich einem Begräbnis. Der Bischof oder sein Vertreter spricht im letzten Gottesdienst der betreffenden Kirche über die Profanierung. Nach einem Gebet werden die Hostien aus dem Tabernakel genommen und mit dem Kreuz und Heiligenfiguren in einer Prozession aus der Kirche getragen. So wird symbolisch klar: Die Kirche ist nun keine Kirche mehr.

Muss das Bistum auch rechtliche Bestimmungen berücksichtigen?

Camponovo: Im Kirchenrecht hat es nur wenige Paragrafen dazu. Der eine besagt, dass eine im Krieg zerstörte Kirche automatisch profaniert ist. Der andere, dass eine seit Jahrzehnten für nichtkultische Zwecke verwendete Kirche durch diesen Gebrauch bereits profaniert ist. Bei allen anderen muss der Bischof mit einem Dekret erklären, dass die Kirche profan ist. Rechtlich festgehalten ist auch, dass ein Kirchengebäude für andere Zwecke gebraucht werden darf, aber nur für würdige. Dies ist allerdings ein Ermessensentscheid. Im deutschen Sprachraum ist man da eher zurückhaltend. In Italien habe ich auch schon eine Bar oder eine Wohnung in einer Kirche gesehen. Klar darf die Nutzung nicht dem widersprechen, was die Kirche vertritt. Eine Kirche als Bordell wäre kaum vorstellbar.

Und dann gibt es die Richtlinien der Schweizer Bischofskonferenz…

Camponovo: Ja, die besagen, man solle Kirchen primär anderssprachigen katholischen Gemeinden zur Verfügung stellen oder anderen christlichen Konfessionen. Und man solle eine Kirche eher vermieten als verkaufen. Das hat den Vorteil: Der Besitzer kann die Nutzung steuern. Bei einem Verkauf wäre spätestens beim Zweitbesitzer die Anforderung einer würdigen Nutzung in Frage gestellt.

Was bedeutet die Profanierung aus Sicht der Kirche?

Camponovo: Eine katholische Kirche wird vor Gebrauch geweiht. Das bedeutet, die Kirche wird fortan für kultische Zwecke verwendet, besonders für die Feier des Abendmahls. Das Gebäude wird aus dem normalen Gebrauch herausgenommen und erhält einen besonderen Status. Die Profanierung hebt diesen besonderen Status auf, so dass aus der Kirche wieder ein normales, nicht religiös aufgeladenes Gebäude wird. Juristisch ist das klar. Doch wie man mit den Gefühlen der Gläubigen umgehen soll, wie man den Wechsel formell gut umsetzen kann, ist weniger klar. Denn die Kirche ist für sie etwas Besonderes, ein Ort des Gebets. Eine Profanierung hat auch einen psychologischen Anteil. Die Gläubigen sollten in den Prozess einbezogen werden. (rp)

Odo Camponovo, Präsident der Bau- und Kulturkommission des Bistums Basel | © 2015 Bistum Basel
5. Dezember 2015 | 14:19
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