Filmstill aus "Unser Vater": Anton Ebnöthers sechs heute erwachsene Kinder mit Bischof Joseph Maria Bonnemain
Zitat

Bischof Joseph Bonnemain: «Ich kann nur die Schuld der Kirche anerkennen und Betroffene um Verzeihung bitten»

Bischof Joseph Bonnemain hat im Film «Unser Vater» über das Schicksal von Priesterkindern in der Schweiz mitgewirkt. Er kennt den Fall des Priesters Anton Ebnöther aus seiner Zeit als Offizial des Bistums Chur. Auf Anfrage von kath.ch nimmt er zum Fall und zur Entstehungsgeschichte des Films Stellung.

«Der Film ‹Unser Vater› zeigt eindrücklich die schreckliche Geschichte von vier Müttern und ihren Kindern, die durch die Abgründe der Niederträchtigkeit eines Priesters unsägliches erleiden mussten. Es gibt nichts zu beschönigen. Ich kann nur – einmal mehr – die Schuld der Kirche anerkennen und die Betroffenen um Verzeihung bitten.

Filmstill aus "Unser Vater": Anton Ebnöthers Sohn Toni
Filmstill aus "Unser Vater": Anton Ebnöthers Sohn Toni

Im Folgenden kann ich schildern, wie ich mit den Kindern von Toni Ebnöther in Kontakt kam und von der schrecklichen Geschichte erfuhr: 2014 kam Frau Lisbeth Binder zu mir als damaliger Offizial des Bistums Chur. Sie stellte sich als Tochter von Toni Ebnöther vor und teilte mir ihren Wunsch mit, mehr über ihren Vater zu erfahren. In diesem Gespräch eröffnete sie mir, dass dieser ehemalige Priester des Bistums sechs Kinder mit vier verschiedenen Frauen gezeugt hatte. Seitdem ist es mir ein grosses Anliegen alles zu tun, um diese Menschen zu begleiten, ihnen nah zu stehen und sie zu unterstützen. Ich habe in unseren Archiven nach Akten gesucht. Ich habe alle beteiligten Pfarreien gebeten, ihrerseits zu suchen, ob in ihren Archiven etwas vorhanden sei. Das alles, um dem Wunsch der Betroffenen, mehr über ihre Geschichte zu erfahren, zu erfüllen.

Filmstill aus "Unser Vater": Der katholische Priester Anton Ebnöther in jungen Jahren.
Filmstill aus "Unser Vater": Der katholische Priester Anton Ebnöther in jungen Jahren.

Als 2016 Regisseur Miklós Gimes zu mir kam und sagte, dass er darüber einen Film drehen würde, war ich von Anfang an bereit, ihn bei seiner Arbeit zu unterstützen. Ich wurde selber während zwei Stunden, zusammen mit den sechs Kindern, aufgenommen. Für mich war es sehr wichtig, dass Frau Binder beim Gebetsanlass der Schweizer Bischöfe in der Basilika Valeria von Sion im Dezember 2016 aktiv teilnehmen konnte, als Vertreterin aller Opfer von sexuellem Missbrauch im kirchlichen Umfeld der Schweiz.

Bischof Joseph Bonnemain.
Bischof Joseph Bonnemain.

Nachdem ich im Jahre 2021 Bischof von Chur wurde, wünschte der Regisseur, nochmals neue Aufnahmen mit mir zu machen. Ich habe mich zur Verfügung gestellt und es wurde ein Gespräch von mir mit den sechs Betroffenen im bischöflichen Schloss während zwei Stunden aufgenommen. Es handelt sich um eine schreckliche Geschichte. Jedes Mal, wenn ich wieder davon höre, werde ich sehr traurig. Es ist die Geschichte eines Mannes, der unfähig war, jegliche Verantwortung für sein Handeln zu übernehmen – ohne jegliche Bindungsfähigkeit, bis zuletzt unreif und charakterlos. Wenn der Schmerz dieser Menschen etwas Positives bewirken kann, so hoffe ich, dass wir in der Kirche daraus lernen und nie mehr solche labilen Persönlichkeiten – weder in die Priesterseminare noch in die Noviziate der verschiedenen Orden – aufnehmen werden.»

Im Dokumentarfilm von Miklós Gimes wird aufgedeckt, wie der im Bistum Chur tätige katholische Priester Anton Ebnöther in den Fünfzigerjahren mehrere Frauen vergewaltigte und schwängerte, bis ihn der Bischof suspendierte. Die Geschwister aus diesen missbräuchlichen Verbindungen wussten jahrelang nichts voneinander und lernen sich erst nach dem Begräbnis des Priesters kennen. Der Film kommt am 6. April 2023 ins Kino. (cm)

Filmstill aus «Unser Vater»: Anton Ebnöthers sechs heute erwachsene Kinder mit Bischof Joseph Maria Bonnemain | © Filmbringer
28. März 2023 | 09:00
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